Erschienen in Ausgabe: No 46 (12/2009) | Letzte Änderung: 21.05.12 |
Hrsg. und übersetzt von Werner von Koppenfels. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 2007. 206 S., 24 Euro
von Stefan Groß
Viele
Garteninteressierte wird es freuen: Nun endlich liegt eine kleine
Literatur zur Gartenkunst des Barocks vor. Zwar sind barockes
Gartenideal, geometrische Ordnung und die großen Anlagen von
Versailles oder Wien in aller Munde, doch selten sind es die
literarischen Kleinode, die Theorien, das Amüsante und das Amouröse,
das sich mit der gängigen Vorstellung von der starren Gartenkunst
verbindet. Daß eine Kunst wie die des Barocks nicht mit Üppigkeit
geizt, davon geben nicht nur die prachtvollen Gartenanlagen ein
beredetes Zeugnis, sondern nun auch eine kleine Anthologie, die in
der Dietrich`schen Verlagsbuchhandlung erschienen ist.
Werner von
Koppenfels präsentiert in seinem Bestreben mit einer „reizvoll
fremdartigen Poetik vertraut zu machen“, ein wohl arrangiertes und
proportioniertes Bukett der Gartenliteratur, das sowohl Tassos
Liebesgärten, Robert Burtons Gärten gegen die Melancholie
als auch das berühmte Paradies lost von Milton in den Blick
des Lesers rückt. Darüber hinaus wird auch deutlich, daß das
Barockzeitalter nicht nur das des schwelgerischen Überflusses ist,
sondern auch eines, in dem sich die Ambivalenz zwischen Lebensgenuß
und asketischer Ein- und Umkehr findet, in dem das Leben mit dem Tod
ringt, wo vita activa und vita contemplativa eine merkwürdige
Wesensnähe zueinander aufbauen.
Auch wird ein
Geschichtsbild korrigiert, das die barocke Kunst als ein flaches oder
leichtes Medium behandelt, und dieser vorwirft, sich in bloßem
Spieltrieb und reiner Zweckfreiheit zu verlieren und zu gefallen.
Dagegen kommt ein barockes Naturverständnis zum Tragen, das den
Garten als eine künstlerisch gestaltete Natur zweiter Ordnung
hervortreten läßt, der nicht nur Spiegelbild einer göttlichen
Ordnung ist, die sich in ihm repräsentiert, sondern der auch zum Ort
wird, wo sich das Individuum als freiheitliches Subjekt entdeckt.
Dieser Trend zur aufbrechenden Individualität zeigte sich auch in
der Mode der damaligen Zeit, Grotten und Eremitagen anzulegen.
Mittels ihrer sollte es dem Ich möglich werden, der Welt zu
entfliehen, um sich in der abgezirkelten Natur selbst zu entdecken.
Gartenführer
kamen insbesondere mit der zunehmenden Verbreitung der englischen
Gartenkunst auf dem europäischen Kontinent in Mode, August Rodes
Beschreibung des Fürstlich Anhalt-Dessauischen Landhauses
und Englischen Gartens zu Wörlitz ist dafür sicherlich eines
der renommiertesten Beispiele.
Mit von
Koppenfels’ Anthologie Barocke Gärten der Literatur liegt
nun auch für den barockbegeisterten Gartenbesucher ein dienstbarer
literarischer Reiseführer vor, der einen guten Einblick in die
damalige Lyrik und Prosa gibt, und der darüber hinaus mit
lesefreundlichen Kommentaren versehen ist. Vieles hat der Herausgeber
behutsam modernisiert und ins Deutsche übersetzt.
Nicht nur die
innere Vielfalt der ausgewählten Texte beeindruckt und läßt das
Buch zum geschätzten Reisebegleiter werden, auch das Format
überzeugt, denn es ist handlich genug, um in jede Jackentasche zu
passen. Statt sperrigem Kunstband nun endlich auch ein Buch für den
rastlosen Gartenenthusiasten, der sich vom Gesehenen inspiriert, nun
den in Koppenfels’ Sammelband enthaltenden 53 Gedichten, Vers- und
Prosatexten in einer Eremitage oder Grotte zuwenden kann.
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