Erschienen in Ausgabe: No 47 (1/2010) | Letzte Änderung: 18.12.09 |
Alexandra Fischer-Hunold / Philipp von Ketteler: „Konrad, der Kanzler. Konrad Adenauer, sein Leben für Kinder erzählt“, Aschendorff-Verlag 2009, 47 Seiten, 12,80 Euro, ISBN: 978-3-402-12809-1
von Constantin Graf von Hoensbroech
„Mach ihn
nicht wach“, mahnt die Mutter ihren Sohn August, als er an der Wiege seines
Bruders Konrad steht. Viele Kinder werden solch eine sanfte Ermahnung sicherlich
aus eigenem Erleben nachempfinden können. Manch ungläubiges Staunen wird sich
wohl einstellen, wenn die jungen Leser ein paar Seiten später erfahren, dass
Konrad als Student seine Füße in eine Schüssel kaltes Wasser eintauchte, um
nicht müde zu werden. Höchst unterhaltsam, nicht nur für Kinder, ist es zu
lesen, dass Konrad der Erfinder des leuchtenden Stopfeis sowie eines Toasters
mit Spiegel ist. Und welche Kinderseele wird nicht angerührt sein bei der
liebevollen Beschreibung der Szene, als Konrad stundenlang am Bett seiner
todkranken Frau Emma wachte, bis diese starb.
Bücher über Konrad Adenauer gibt es viele, doch keines für Kinder.
Mit dem Buch „Konrad, der Kanzler“ wird diese Lücke nun geschlossen und das
Leben des ersten Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland altersgerecht der
jungen Generation nahegebracht. Dabei stehen nicht die politischen Leistungen
Adenauers im Vordergrund. Vielmehr will das Buch von Alexandra Fischer-Hunold –
wunderbar und farbenfroh illustriert von Philipp von Ketteler - den Menschen
sowie den Lebensweg und das persönliche Schicksal des ersten Kanzlers der
Bundesrepublik erzählen.
Fischer-Hunold, die bei der
Redaktion ihres Textes auf das reichhaltige Wissen ihres Cousins sowie ältesten
Kanzlerenkels Konrad Adenauer zurückgreifen konnte, schreibt seit Jahren
erfolgreich Kinder- und Vorlesebücher. In ihrem neuesten Werk gelingt es der
Autorin, die vielen historischen Daten und Fakten im Zusammenhang mit dem Leben
des Bundeskanzlers geschickt als Geschichte mit Geschichten zu erzählen und
Geschichte eben nicht als die Aneinanderreihung von staubtrockenen Daten und
Fakten abzuarbeiten. Sehr hilf- und lehrreich am Ende des Buches ist die
Zeitleiste mit den wichtigsten Daten und Ereignissen. So ist insgesamt ein
lesenswertes Buch entstanden, das seinen Charme durch seine geglückte Mischung
aus lebendiger Erzählung, exakter Historie sowie kindgerechter Illustration
erhält und dabei sicherlich auch für Adenauerkenner und politisch Interessierte
manch Überraschendes berichtet.
Allerdings sollte die Lektüre
jungen Lesern nicht allein überlassen werden. Kinder werden während des Lesens
oder Vorlesens zahlreiche Fragen stellen, schließlich enthält die Darstellung
viele schwierige Aspekte, die einzuordnen und zu erklären nicht immer leicht
sind. Das gilt etwa für das Kapitel über den Ersten Weltkrieg und den Übergang
zur Weimarer Republik oder die Darstellung über Adenauers Schwierigkeiten und
Inhaftierung in der Zeit des Nationalsozialismus. Das gilt aber auch für die
vielen schicksalhaften Todesfälle aus dem engstem Familien- und Freundeskreis,
die Adenauer während seines langen Lebens zu verkraften hatte. Und das gilt
sicher auch für Begrifflichkeiten wie „Erster Beigeordneter“, „vier
Besatzungszonen“ oder „Parlamentarischer Rat“, die aus Sicht eines Kindes nur
unzureichend erklärt oder einfach als bekannt vorausgesetzt werden. Dabei wird
anderes wiederum so treffend und kindgerecht erklärt, beispielsweise die
Verfassung als „Bauplan und die Regeln für das Land“.
Sehr eingängig zieht sich das
Bild des Gartens, gleichsam wie ein grüner Faden, durch das Buch. „Man muss die
Dinge geduldig wachsen lassen“, hatte Konrad Adenauer von seinem Vater mit auf
den Lebensweg bekommen. Ein Ratschlag, an den der spätere Kanzler oft in seinem
Leben denken musste und der oftmals für sein Wirken gelten sollte, etwa die
Aussöhnung mit Frankreich und Israel. Kinder werden so erspüren, was Geduld und
Ausdauer zu bewirken vermögen. Aber sie werden darüber hinaus bei der Lektüre
dieses Buches ein wenig davon erfahren können, was Familie und Zusammenhalt,
Liebe, Verantwortungsbewusstsein für unschätzbare Werte und Tugenden im Leben
dieser herausragenden Person deutscher Geschichte waren.
Nachdem der Aschendorff-Verlag in der Reihe „Menschen, die
Geschichte machten“ mit Lebensdarstellungen über Clemens August Kardinal von
Galen, Papst Johannes Paul II., Elisabeth von Thüringen, Anna Katharina
Emmerick, Adolph Kolping und den heiligen Liudger bislang ausschließlich die
Lebensdarstellungen von Heiligen, Seligen und Menschen, die im Rufe der
Heiligkeit stehen, an die junge Leserschaft gewandt hatte, wird nun erstmals
ein Politiker und Staatsmann vorgestellt. Der tief gläubige Konrad Adenauer,
der ohnehin wie ein Säulenheiliger der deutschen Politik verehrt wird, passt
gut in diese Reihe. In diesem Sinne endet das Kinderbuch auch mit der
anrührenden Beschreibung von Adenauers Tod: „An der Wand hingen die Bilder
seiner Eltern, genauso wie ein Kreuz. ,Nur nicht weinen’ hatte er zu seinen
traurigen Kindern gesagt und auf das Kreuz gedeutet.“
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