Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 18.12.09 |
Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften teilt mit, dass sie im Rahmen des European Academies Science Advisory Council (EASAC) gemeinsam mit allen nationalen Wissenschaftsakademien der EU-Mitgliedstaaten eine Stellungnahme zum heute beginnenden Klimagipfel in Kopenhagen abgegeben hat. Diese hat die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften federführend für EASAC erarbeitet. In der Stellungnahme fordern die europäischen Akademien ein weltweites und grundlegendes Umdenken in allen Energiefragen und der Energiepolitik.
von Pressestelle Leopoldina
Der globale Klimawandel ist ein globaler Energiewandel
Die Weltgemeinschaft steht hinsichtlich eines Energieparadigmas vor einer
Herausforderung historischen Ausmaßes. Eine dezidierte und kontrollierte
Reduzierung der CO2-Emissionen muss aus mehreren Gründen ein wesentliches Ziel
der künftigen globalen Energiepolitik sein, besonders in Anbetracht der
Tatsache, dass die fossilen Öl- und Gasreserven sich immer schneller
erschöpfen. Aber nicht nur die Auswirkungen auf das Klima, die durch die
Nutzung fossiler Brennstoffe verursacht werden, sind voller Risiken, sondern
auch andere ökologische und gesundheitliche Auswirkungen dieses Prozesses. Wir
bitten die politischen Entscheidungsträger, die sich in Kopenhagen versammelt
haben, folgende Punkte zur Kenntnis zu nehmen:
1. Zeit ist das Wichtigste für die drängenden
Änderungen des globalen Energiesystems.
Die Welt ist in den vergangenen 150 Jahren zunehmend durch fossile
Brennstoffe mit Strom versorgt worden. Nun muss dieser Trend in einem viel
kürzeren Zeitraum rückgängig gemacht werden. Diesen massiven Veränderungen, die
sowohl den Einzelnen als auch die Gemeinschaft betreffen, muss gutdurchdacht Rechnung getragen
werden. Die politischen Entscheidungen der nächsten Jahre
werden sehr große Auswirkungen auf zukünftige Generationen haben.
2. Nachhaltigkeitsanalysen und eine ökologische
Wirtschaft sind grundlegende Voraussetzungen für künftiges politisches Denken.
Die Tätigkeiten des Menschen, die Energie benötigen, müssen so entwickelt
werden, dass diese Land, Wasser und Luft nicht stark schädigen. Alle
zukünftigen Energie-Optionen sollten auf erneuerbaren Treibstoffen und
Baumaterialien basieren, die im Prinzip wieder verwertbar oder haltbar sind.
Die zukünftigen Herausforderungen können nicht bewältigt werden, indem mehr
Energie und mehr Rohstoffe zur Verfügung gestellt werden, die dann durch ineffiziente
Nutzung vergeudet werden. Bemühungen zur Steigerung der Effizienz würden alle
anderen Bemühungen um einen Übergang zur schadstofffreien Energieproduktion –
unter Berücksichtigung aller Umwelt- und sozialen Auswirkungen – deutlich
glaubhafter machen. Bisher ist die Weltwirtschaft nicht bereit gewesen, die
Kosten der Ausbeutung von Rohstoffen und die nachteiligen Auswirkungen der
Herstellung, Verteilung und des Konsums von Energie auf die Umwelt zu
beziffern. Diese Faktoren müssen jedoch einbezogen werden, da Politiker und
Unternehmer sich nach ökonomischen Kriterien richten.
3. Agrarproduktion sollte hauptsächlich Nahrungsmitteln
dienen, die weltweite Zerstörung von Wäldern vermeiden und die Artenvielfalt
bewahren.
Selbst mit diesen Einschränkungen wird eine Menge an
Bio-Energie aus Resten und organischem Abfall gewonnen werden können. Die neun
bis zehn Billionen Menschen, die im Jahr 2050 als Weltbevölkerung erwartet
werden, werden Lebensmittel mit einem Energie-Gehalt von 10.000 Terawattstunden
pro Jahr benötigen (2.500 Kilokalorien pro Tag pro Person). Sehr viel mehr
Energie wird bereitgestellt werden müssen – heute noch aus fossilen Quellen –
um Nahrungsmittel zu produzieren und zu verteilen.
4. Elektrizität wird der Hauptenergieträger der Zukunft
sein müssen,
da die meisten nicht-fossilen Energiequellen elektrische
Energie abgeben. Elektrizität lässt sich mit 100-prozentiger Effizienz in
mechanische Bewegung umsetzen, im Vergleich liegt diese bei Verbrennung nur bei
25 Prozent. Auf diese Weise können wesentliche Einsparungen durch den Austausch
von Verbrennungsmotoren mit elektrischen Motoren erreicht werden.
5. Investitionen in Energieforschung und
-entwicklung sind außerordentlich wichtig,
wenn wir ein nachhaltiges
Energiesystem schaffen wollen, das über die Ära der fossilen Energie hinaus
Bestand hat. Aktivitäten auf dem Gebiet der Energie sollten weltweit
koordiniert werden, um eine künftige Krise zu vermeiden – technisch weit
entwickelte Länder haben hier eine besondere Verantwortung. Es ist wichtig,
eine komplette Analyse des Energiesektors und eine realistische Einschätzung
des Zeitrahmens, der Kosten, der Umweltfolgen und der Anpassungsfähigkeit der
verschiedenen Energiesysteme vorzunehmen. Ein ganz direkter Austausch von
Informationen zwischen Politkern und Wissenschaftlern ist außerordentlich
wichtig und wird uns dabei helfen, Veränderungen schneller herbeizuführen.
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