Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 11.12.09 |
Schade Obama, die Chance in Oslo haben Sie vertan!
von Bettina Röhl
Ein bisschen entschuldigend erklärte der Sprecher des Friedensnobelpreiskomitees
in Oslo heute die Verleihung der weltweit höchsten politischen Auszeichnung an
den US-Präsidenten.
Obama war kurz nach Oslo gereist, um den Preis entgegen zu nehmen und hielt
eine seiner inzwischen austauschbaren Reden zur Weltpolitik und speziell zu
seiner Sicht auf unvermeidbare Kriege. Das Kriegsthema bot sich angesichts des
Friedensnobelpreises zwingend an.
Obama, der selber, wohl nicht zum ersten Mal, sagte, dass er den Preis nicht
verdient hätte, ist damit endgültig bei seinem Vorgänger, dem allseits
verhassten George W. Bush angekommen, von dessen Politik sich die Seinige kaum
unterscheidet. Nur: Obama hat den inzwischen schon ein wenig häufig gequälten
völlig neuen Politik-Stil. Das sei nun einmal ein Wert an sich.
Während die Welt noch im abebbenden Obama-Fieber schwelgt, sieht es eine
Mehrheit der US-amerikanischen Wähler inzwischen offenbar so, dass der
Friedensnobelpreis für Obama nicht oder noch nicht fällig ist.
Einen Preis, der für eine besondere mondiale Leistung vergeben wird, in
einen Preis der guten Hoffnung zu verwandeln ist eine problematische Sache.
Insbesondere gibt es kaum einen Anhaltspunkt dafür, dass ein solcher
Motivationspreis nötig oder überhaupt nützlich wäre. Vielleicht wirken
Vorschusslorbeeren sogar kontraproduktiv.
Obama wird zunehmend als Schönschnacker wahrgenommen
Obama hat im Iran Hoffnungen der Opposition geweckt, die im Juni 2009
massenhaft für die Demokratie und Freiheit auf die Straße ging, und er hat
diese Hoffnungen der Opposition, die mit seinem Slogan „Change“ und „Yes, wie
can“ auf den Lippenmutig gegen das Regime aufstand,enttäuscht.
Obama enttäuscht auch die Hoffnungen derer, die im Iran jetzt politisch
verfolgt werden und mit zum Teil schon vollstreckten Todesurteilen bedroht sind.
Deswegen hatte die Autorin in einem anderen Text vor kurzer Zeit dafür
plädiert, dass Obama wenigstens in seiner heutigen Dankrede den Preis auch der
von ihm geweckten Opposition im Iran widmen würde. Stattdessen hielt Obama
Reden über gerechtfertigte Kriege und das allesabstrakt bis zum Anschlag.
In den USA sinkt Obamas Sympathiekurve schneller als bei früheren
Präsidenten nach dem ersten Amtsjahr und Obama wird zunehmend als
Schönschnacker wahrgenommen. Und er hat, auf deutsche Verhältnisse umformuliert,
die ersten "Landtagswahlen", in denen er sich persönlich ins Zeug
legte, verloren.
Warum diese Unfähigkeit in Europa und auch in Deutschland Obama
realistischer zu sehen, als in den USA selber? Die Reden von Obama sind so
stereotyp in Form, Vortragsweise und irgendwie auch im Inhalt, dass ein
bisschen Langeweile aufkommt: schon wieder so ein gigantischer Auftritt, bei
dem alles und nichts gesagt wird und bei dem neuerdings immer mehr
Bescheidenheit und Demut demonstriert wird: Obama ist ein fader Visionär.
Obama wirkt lasch, etwastraurig und ein bisschen angestrengt.
Obama fehlt politische Power und ihm fehlt die Begeisterung, die er früher
bei anderen ausgelöst hat. Die konkreten Ideen die Welt neu zu erfinden, das
war ja sein eigentliches Versprechen, kommen ihm nicht.
Denjenigen, die alles entschuldigen und die jetzt sagen, man hätte Obama mit
dem Friedensnobelpreis einen Schaden zugefügt, in dem man ihn zu hoch gelobt
hätte, muss man sagen, dass Obama mit einem solchen Weltforum, das ihm dieser Preis
eröffnet, das auch er nicht jeden Tag hat, hätte mehr angefangen haben können.
Statt seinen Afghanistan-Krieg zu legitimieren, hätte er vielleicht konkrete
Fehler seiner Präsidentschaft und Fehler durch Unterlassen eingeräumt haben
sollen. Seine bisher verfehlte Politik in Bezug auf die Opposition im Iran bot
Gelegenheit Fehler einzuräumen und es ist ein aktueller Fehler der Obama-Rede
in Oslo, dass er das Thema der Menschenrechtsverletzungen in all den Ländern in
keinster Weise angemessen beim Namen benannt hat, mit denen alle Politiker
dieser Welt allzu gern Geschäfte machen und deren Unrechtssysteme sie nur
hinter vorgehaltener Hand oder nur diplomatisch zurück haltend beim Namen
nennen.
Obama ist gewählt worden, weil die Menschen sich von ihm einen neuen Stil
und vor allem neue Inhalte versprachen. Dazu gehörte vor allem ein
kompromissloses Eintreten für Menschenrechte.
Worin unterscheidet sich Obamas Politik in konkreto von der seines
Vorgängers? Oslo hat auf diese Frage keine Antwort gegeben.
Mit freundlicher Genehmigung von Bettina Röhl (www.welt.de)
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