Erschienen in Ausgabe: No 47 (1/2010) | Letzte Änderung: 06.01.10 |
von Christoph R. Hörstel
Warum
verschweigt die New York Times ihren Lesern die Einlassung des ehemaligen CIA
Agenten Bruce Riedel, zitiert von Al-Jazeera, der zufolge die „Nr. 2 von
Al-Qaeda“, Aiman al-Zawahiri, den Agenten selbst auf die CIA angesetzt habe.
Bruce
Riedels Karriere ist interessant: Er war eindeutig ein den
US-Demokraten zuneigender Top-Spezialist in Terror-Fragen. Aus der Brookings
Institution erfuhr ich noch 2005, dass sie von der Bush-Regierung nicht gefragt
werde.
Zur
Beurteilung der Angelegenheit sei kurz meine Analyse zusammengefasst: Ich gehe
von einer engen Kooperation zwischen der CIA-Spitze und „Al-Qaeda“ über viele
Jahre aus, die bis heute andauert. Für dieses System habe ich ganz offiziell
als Coach ausgewählter Führungskräfte der deutschen ISAF-Truppe den Begriff
„Terror-Management“ geprägt und umfangreich in meinem Buch „Brandherd Pakistan“
(Berlin 2008) erläutert.
Die
Obama-Administration will jedoch die Macht dieses Terror-Kartells brechen,
beziehungsweise dessen Mitglieder stärker disziplinieren oder austauschen –
sowohl in den USA bei der CIA als auch in den weltweit verstreuten Verstecken
der „Al-Qaeda“-Spitzenfunktionäre.
Dabei
steht jedoch vor allem Aiman al-Zawahiri unter einem ganz besonderen Schutz,
des höchsten US-Establishments. Der damalige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld blockierte im Jahr 2005 höchstpersönlich
und „letztinstanzlich“ eine Kommandoaktion zur Ergreifung des weltberühmten
Spitzenterroristen.
Ich
habe immer gesagt, dass das größte potenzielle Unglück (GAU) für das
amerikanische Terror-Management sei, dass irgendwelche übereifrigen
Unter-Agenten zufällig auf die geschützten Top-Terroristen zugreifen könnten.
Es
ist aber nicht nur die „Vorgeschobene Operationsbasis Chapman“, die sich
ausgerechnet Rumsfeld-Schützling Al-Zawahiri als Operationsziel gesetzt hatte,
die jetzt einen herben Rückschlag hinnehmen musste. Es ist die ganze
Obama-Politik, mit gezielten Indiskretionen (zuletzt: Vanity Fair über den geplanten CIA-Mord an
dem in Hamburg lebenden Deutsch-Syrer Mamoun Darkazanli) die alte Bush-Clique
langsam sturmreif zu schießen, anschließend zu entmachten - und nach und nach
durch eigene, politisch nutzbringend lenkbare Leute zu ersetzen, die das Spiel
selbstverständlich weiterspielen… Wer hier ein wenig weiterdenkt, wird
feststellen, dass das Bush-System des Terror-Managements auch bis hinein in die
inneramerikanischen politischen Machtkämpfe von höchster Macht und Sprengkraft
ist.
Insofern
könnte eine Lesart des erfolgreichen Terroranschlags bei Khost in der
vergangenen Woche sein, dass wir es hier zumindest auch mit einem internen
CIA-Agentenkrieg zu tun haben, der der ganzen Nato noch gewaltigen Ärger
bescheren könnte…
Zusatz-Information:
Direkt „gegenüber“ von „Chapman“ liegt auf der pakistanischen Seite der Grenze
das kleine, staubige Örtchen Miranshah, Hauptstadt von Nord-Waziristan, einer
der wichtigsten Basen der Taliban und ausländischer Kämpfer, einschließlich
Al-Qaeda. Deren Spitzenfunktionäre haben in Miranshah ganz offen und der
Bevölkerung bekannt ihre großen Anwesen. Es ist ausgeschlossen, dass dies ohne
Duldung vieler in- und ausländischer Behörden so möglich wäre.
Ich
bekräftige erneut meine Ansicht, dass die USA international erst dann wieder
politisch „hoffähig“ sind, wenn die Spitzenkräfte der Bush-Administration,
einschließlich ex-CIA-Chef George Tenet, sowie alle an Mordtaten beteiligten
Führungskräfte (also auch General Stanley McChrystal, der jetzige NATO- und
ISAF-Oberkommandierende in Afghanistan!) von ordentlichen US-Gerichten rechtskräftig
verurteilt sind.
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