Erschienen in Ausgabe: No 79 (9/2012) | Letzte Änderung: 13.02.13 |
von Ettore Ghibellino
Anlässlich der Tagung „Goethe – Wieland – Görtz“ der Anna Amalia und Goethe
Akademie zu Weimar am 28. August im Grand Hotel Russischer Hof werden unter
anderem neu entdeckte Briefe Christoph Martin Wielands an den Staatsmann und
Prinzenerzieher Johann Eustachius Graf von Görtz vorgestellt. Bisher waren 20
Briefe vom überragenden Dichter der Aufklärung Wieland an Görtz bekannt,
Gegenbriefe sind nicht erhalten. Nun hat die Historikerin Gabriele von
Trauchburg weitere 21 Briefe mit zahlreichen Anhängen aus 1772 entdeckt. Zu
dieser Zeit bahnte sich die Berufung Wielands als Prinzenerzieher nach Weimar
mit für damalige Verhältnisse märchenhaften Anstellung sbedingungen
einschließlich einer hohen Pension auf Lebenszeit für drei Jahre Tätigkeit an.
Für das literarische Deutschland ein Fanal: „Der erste deutsche Dichter, der
als solcher zum Hofmanne die Bahn bricht; so klein auch immer der Hof ist“,
schrieb Carl Ludwig von Knebel. Wer war die treibende Kraft der Berufung von
Wieland und warum? Mit der Berufung Wielands am 28. August 1772 war der
Grundstein für den weltweiten Ruhm Weimars als literarisch-künstlerischer
Leuchtturm gelegt; kurze Zeit später sollte der Dichter Johann Wolfgang Goethe unter
noch besseren Bedingungen in Weimar angestellt werden. Aufgrund der neu
entdeckten Briefe werden die Zusammenhänge deutlich, die schon Gegenstand von
Kontroversen in der Forschung waren. Etwa die Frage, für wen Wielands Roman Der
goldene Spiegel oder die Könige von Scheschian geschrieben wurde. Sollte der
„Goldene Spiegel“ für den Weimarer Erbprinzen Carl August als
Unterrichtsmaterial verfasst worden sein und nicht für Kaiser Joseph II.?
Welche Rolle spielte die Herzogin Anna Amalia? Sind darüber hinaus auch weitere
Aufschlüsse hinsichtlich des angeblich geplanten „Staatsstreichs“ von Görtz und
dem Gothaer Minister Silvius Freiherr von Frankenberg im Jahre 1772 möglich?
Weitere Beiträge: Mit der Weimarer Hofgesellschaft in Wielands Werk beschäftigt
sich der Historiker Stefan Weiß unter der Fragestellung, welche biographische
Aufschlüsse von Wielands Werk zu erwarten sind. Der Informatiker Herbert Stoyan
und der Rechtshistoriker Ettore Ghibellino berichten über den Stand einer
Wiki-Datenbank zu Goethes erstem Weimarer Jahrzehnt. Die
Literaturwissenschaftlerin Sibylle Penkert verspricht schließlich mit dem
Beitrag „Das Bild vom kranken Königssohn als erotischer Intertext zu Wilhelm
Meisters Lehrjahren“ Licht in eine Schlüsse lszene aus Goethes Roman zu bringen.
Mit wem verbrachte der Romanheld die glühende Liebesnacht?
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