Erschienen in Ausgabe: No 56 (10/2010) | Letzte Änderung: 27.09.10 |
Walter Laqueur: Faschismus, Gestern, Heute, Morgen. Ullstein Taschenbuchverlag, Frankfurt/M. 2000.
von Nathan Warszawski
Es waren demokratische Parteien in der Bundesrepublik
Deutschland, die diesen denkwürdigen Satz formulierten, als sie die NPD im Auge
hatten. Bald geriet der Satz in Vergessenheit. Er war nicht abgenutzt, er wurde
unnütz. Die NPD war keine Gefahr für das demokratische Deutschland, eher Schmutz
und Belästigung.
Nach 1989 erfuhren die politischen Verhältnisse eine Wende. Die
ehemaligen Feinde der westlichen Freiheit auf der östlichen Seite der Mauer
lösten sich in Nichts auf. Die Nachfolger der Feinde der Demokratie wurden notwendige
Bündnispartner. Die Integration der Apologeten der alten Ordnung wurde
Staatsraison.
Keine Freiheit den Feinden der Freiheit. Dieser einst
ausgesprochene und niedergeschriebene Satz ist nicht ungeschehen und ungehört zu
machen. Nun richtet Walter Laqueur diesen Satz gegen eine weitere Ideologie.
Einer alten Ideologie, die seiner Auffassung nach nachhaltiger und dauerhafter und
für Deutschland und Europa gefährlicher als die Ideologien desHitler-Faschismus und des SED-Kommunismus sein
wird.
Wer ist Walter Laqueur und vor welcher Ideologie will er uns
warnen?
Walter Laqueur ist ein meinungsbildender, somit geachteter Historiker,
der heute im Alter von 89 Jahren auf eine Jahrzehnte lange Erforschung des
Faschismus zurückblickt. Geboren in Deutschland, überlebte er als Jude den
Faschismus und lebt nun in den USA. Er warnt vor jeglichem Faschismus, dem
Feind der Demokratie und der Freiheit.
Es ist der Islam, den Walter Laqueur als faschistische
Ideologie bezeichnet.
Nun ist der Islam eine weit verbreitete und anerkannte
Religion, die nach Ansicht sowohl der Weltgemeinschaft, wie auch Deutschlands
von jedem Verdacht der politischen Ideologie frei gehalten wird und somit ist.
Als 89jähriger Wissenschaftler ist Walter Laqueur nicht auf politische
Zugeständnisse angewiesen. Uns möge in der deutschen Demokratie erlaubt sein,
seinen Gedankengängen zu folgen, um sie zu korrigieren.
Es ist kein Geheimnis, dass die Inhalte der Heiligen Bücher
des Judentums, der Thora, des Christentums, der Bibel, und des Islam, des
Koran, von Blut triefen. Nur ihrer Geschichte und Fürsprechern verdanken diese
Heiligen Schriften ihre heutige unbehelligte Existenz in Europa des Friedens,
des Ausgleich und des Konsenses nach dem II. Weltkrieg. Ohne den tätigen Einfluss
der Kirche dürften Heilige Bücher heute keinen Kindern in Deutschland vorgelesen
werden.
Es ist die unvorstellbare lange Zeit, die den Heiligen
Büchern die Grausamkeit genommen hat. Das offizielle Judentum und das
offizielle Christentum rufen nicht mehr wie früher zur Ermordung Ungläubiger
auf, wie sie die Anhänger anderer Religionen bezeichneten. Genozide und
Kreuzzüge sind heute nicht nur unvorstellbar, sie finden auch keinen Anklang,
schon gar nicht unter den jüdischen und christlichen Gläubigen. Bestialitäten
haben in der Vergangenheit stattgefunden. Diese Religionen haben daraus
gelernt.
Walter Laqueur ist nicht der Ansicht, dass die
Grausamkeiten, die der Koran schildert, sich qualitativ und quantitativ von
Thora und Bibel unterscheiden. Dies wird jeder bestätigen, der den Koran
unvoreingenommen und mit Wohlwollen liest. Walter Laqueur ist der Ansicht, dass
die Aufrufe zu Grausamkeiten, wie sie im Koran stehen, im Islam nicht
überwunden sind und bis heute von einem Teil der Anhänger befolgt werden.
Walter Laqueur ist ein geachteter Faschismus-Forscher von
hohem Niveau. Er weiß, dass die meisten politischen Verbrecher, die meisten
Terroristen und Attentäter keine
Muslime sind. Wenn sich islamische Terroristen auf den Koran berufen, bedeutet
es nicht, dass der Islam den Terror rechtfertigt oder Basis des Terrorismus
ist.
Woher bezieht also Walter Laqueur seine Überzeugung, dass
der Islam eine faschistische Ideologie sei?
Aus dem real existierenden politischen Islam, dem Islamismus.
Es gibt einen jüdischen Staat und viele christliche Staaten.
Sie mögen Demokratien sein, sie mögen autoritär geführt sein. Keiner dieser
Staaten erfüllt die Kriterien eines faschistischen Staates.
Alle Staaten, in denen der Islam Staatsreligion ist, werden
zumindest autoritär geführt. In keinem vom Islam geprägten Staat ist die persönliche
Freiheit ein garantiertes Recht. Es gibt einige Staaten, in denen der Islam
Staatsreligion ist und die die Kriterien eines faschistischen Staates erfüllen.
Die Kriterien für den Faschismus sind laut Walter Laqueur:
Sklaverei, Unterwerfung der Frau, Liquidierung
Homosexueller, Unterdrückung und Ermordung Angehöriger fremder Kulturen und
Religionen, politische Willkür, Folter von Regimegegnern, keine
Meinungsfreiheit.
Der Aggressionskrieg, das unbedingte Kriterium des
Faschismus des 20. Jahrhunderts, ist im 21. Jahrhundert kein notweniges Kriterium
mehr.
Die islamischen Staaten, die alle diese Kriterien erfüllen,
sind Saudi-Arabien, der Sudan und der Iran. Ihre Verfassungen basieren auf den
Islam.
Die übrigen islamischen Staaten erfüllen nur einen Teil der Faschismus-Kriterien
und können deshalb laut Walter Laqueur nicht als faschistisch bezeichnet
werden.
Wenn die gemäßigten und nichtgemäßigten Taliban nach dem
Abzug der westlichen Soldaten die Macht in Afghanistan erneut übernehmen
werden, wird sich die Zahl islamofaschistischer Staaten erhöhen.
Diese faschistischen Staaten berufen sich auf den Islam wie
einst die osteuropäischen Staaten sich auf den Kommunismus beriefen, und wie sich
heute das faschistische Nordkorea noch darauf beruft. Die kommunistischen
Staaten Osteuropas haben den Kommunismus nicht verraten, sie haben ihn gelebt. Im
faschistischen Nordkorea wird der wahre Kommunismus praktiziert, nicht eine degenerierte
Abart des Kommunismus. Saudi-Arabien, der Sudan, der Iran und die Taliban verraten
nicht den Islam, sie verkörpern ihn.
Doch auch wenn Walter Laqueur Recht haben sollte: Wie könnte
der Islam eine Gefahr für Deutschland und Europa werden? Etwa weil zweifelhafte
Hochrechnungen vorgetragen werden, die auf Grund der höheren Geburtenzahl die Muslime
noch in diesem Jahrhundert als Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands sehen? Sogar
wenn die Voraussage zutreffen sollte, werden die Muslime nicht notwendigerweise
die Freiheit abschaffen und die Scharia einführen!
Hier bietet Walter Laqueur mehrere Möglichkeiten an.
*** Die Zahl der faschistischen islamischen Staaten wird
zunehmen. Der Westen hat bereits heute den Krieg gegen den Faschismus in
Afghanistan verloren. Er hat den Kampf militärisch und ideologisch verloren,
weil er ihn nicht gewinnen will, nicht gewinnen kann, ohne die Prinzipien eines
jeden Krieges zu akzeptieren. Diese sind:
Feinde werden getötet.
Unbeteiligte Zivilisten werden getötet.
Eigene Soldaten fallen.
Da der demokratische Westen nicht mehr bereit ist, die
Prinzipien des Krieges zu akzeptieren, sollte er diesen Krieg sofort beenden
und sich für besiegt erklären. Die Folge wäre nicht nur die Übernahme der
Staatsmacht in Afghanistan durch ein faschistisches Regime, sondern die
Übernahmen der Staatsmacht in weiteren islamischen Ländern durch faschistische
Regime.
*** Die muslimische Bevölkerung im Westen Europas wird die
faschistische Ideologie ihrer Heimatländer übernehmen. Hilfreich sind
mangelnder Integrationswille, sowohl von Seiten des Gastlandes, wie auch von
Seiten der Immigranten, und die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der
ehemaligen imperialen Staaten als Folge der Globalisierung.
Zwar gibt es in Deutschland und Europa genügend
Menschenrechtsorganisationen, die den eigenen wirtschaftlichen Niedergang mit
ethischen Argumenten unterstützen, mehrheitsfähig ist diese Meinung aus
egoistischen Gründen nicht. Die geringe Anzahl der Geburten, die einen
Bevölkerungsrückgang bedeutet, die Abwanderung qualifizierter Arbeiter und
Akademiker, das Fehlen qualifizierter Immigranten, sind ernste Zeichen für den
Niedergang Europas, der zur Kapitulation vor dem Faschismus führen wird.
*** Walter Laqueur bietet eine weitere Möglichkeit:
Noch bevor der demographische Wandel eintritt, werden die autochthonen
deutschen und andere europäische faschistische Kräfte die Furcht vor dem Islam
erfolgreich instrumentalisieren. Mit Unterstützung autoritärer Bündnispartner vom
rechten und linken Rand des politischen Spektrums könnten sie die staatliche Macht
an sich reißen und eine faschistische Herrschaft in Deutschland und anderen
Länder Europas errichten.
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