Erschienen in Ausgabe: No. 19 (1/2003) | Letzte Änderung: 27.01.09 |
von Burckhard Kirsch
Seit
Tausenden von Jahren fasziniert uns Menschen unser denkendes
Bewusstsein. Denn Denken ist Leben und Leben ist Denken. Erst durch
das Aussprechen unserer Gedanken hören wir unser Denken. Und
erst durch das Aufschreiben unserer Gedanken sehen wir unser Denken.
Die
vorliegende Schrift soll dazu beitragen, leicht verständlich das
zu erklären, worüber sich seit Menschengedenken Menschen
Gedanken machen, um dann selbst
darüber ins Nachdenken zu kommen. Im zweiten Teil beschäftigen
wir uns mit dem Thema Zeit, über das sich die meisten Menschen
bewusst kaum Gedanken machen.
Es
ist nicht leicht sich vorzustellen, dass wir denken können, ohne
zu merken, dass wir denken. Wir müssen uns ein Wesen
vorzustellen, das zwar denkt, aber nichts davon weiß, dass es
denkt und das nicht merkt, dass es denkt. Das bedeutet nicht, dass
wir Tag und Nacht, ob unbewusst oder bewusst, nur denken. Unbemerkt
ist der richtige Ausdruck. Dazu ein Beispiel: Wie ergeht es mir, wenn
ich einen Menschen zum ersten Mal sehe. In Bruchteilen von Sekunden
fälle ich über ihn ein Urteil, indem ich unbewusst über
ihn nachgedacht habe.
Wenn
Platon das Denken als einen „Dialog der Seele mit sich selbst“
bezeichnete, so meint er, dass das Denken ein Prozess des Fragens und
Antwortens ist. Kant sagte, dass es den Weisen auszeichne zu wissen,
welche Fragen man sinnvoll stellen kann und forderte eine Logik von
Frage und Antwort. Wie steht es eigentlich um unser Denken? Denken
gilt in der europäischen Geschichte als eine außergewöhnliche
Fähigkeit des Menschen um zu Wissen zu kommen. Die europäische
Tradition hat das Denken von Sachverhalten als das Erkennen und die
Bestimmung des Handelns durch das Denken als Wollen1
formuliert. Und dieses Erkennen ist auf Wahrheit und das Handeln ist
auf das Gute,2 auf moralische und sittliche Grundwerte
ausgerichtet. Denken kann allerdings auch anders gedacht werden und
zum Beispiel auf Macht oder Nutzen orientiert sein.
Im
alltäglichen Verständnis enthält es eine Vielzahl von
ineinander greifenden Handlungen, wie an etwas denken (sich
erinnern), denken, dass sich etwas so und so verhält (glauben,
meinen), denken, etwas zu tun (eine Absicht haben), bedenken (etwas
in einen Plan miteinbeziehen), sich in etwas hineindenken (sich etwas
klar machen und es in seinem Zusammenhang zu verstehen versuchen),
nachdenken (sich besinnen), etwas denken (Vorstellungen und Begriffe
bilden), sich etwas so und so denken (reflektieren), etwas
durchdenken (einen Zusammenhang schrittweise erfassen), weiter denken
(Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen), etwas überdenken
(bereits Gedachtes überprüfen), sich etwas ausdenken
(Alternativen entwerfen, erfinden). So ist es eben unsere menschliche
Fähigkeit, Erkenntnis zu haben und darüber zu urteilen.
Denken ist Handeln im Kopf. Verstehen heißt denken.
So
einfach soll das sein? Etwas, das Menschen seit Jahrtausenden jeden
Tag, jede Minute tun, ohne es meistens bewusst zu merken. Soll das
alles sein? Mitdenken, nachdenken, durchdenken, vordenken, gedenken
sind nur einige Begriffe, mit denen wir täglich zu tun haben.
Etwa vergleichbare Leistungen werden auch von einigen Tieren
erreicht. Manche können auch von Maschinen übernommen
werden. (Computer, Rechner). In der Vielfalt jedoch ist nur der
Mensch in der Lage dazu.
Die
Denkpsychologie teilt unser Denken in vorsprachliches, bildhaft
anschauliches und abstraktes Denken ein. In der ersten Denkstufe
werden Sinneseindrücke und bereits erworbene Handlungsmuster,
unter dem Druck der Bedürfnisse in einer ganz konkreten
Situationen, in einen Zusammenhang gebracht. Diese vorsprachliche Art
des Denkens wies Wolfgang Köhler, ein amerikanisch-deutscher
Psychologe, mit seinem bekannten Schimpansen-Experiment nach: die
Tiere mussten Kisten übereinander stapeln und Stöcke
zusammen bringen, damit sie dann an eine Banane herankamen. Allein
Schimpansen haben 90 Prozent des genetischen Aufbaus wie wir
Menschen. Die Anatomie ihres Gehirns und des zentralen Nervensystems
gleicht dem unsrigen. Tiere haben ein ausgeprägtes
Erinnerungssystem. Sie erinnern sich an Orte, an Klänge, an
Gerüche und sie erinnern sich mit ihrem Feingefühl an
Freundschaften. 3
Das bildhaft-anschauliche
Denken löst sich vom direkten Handlungsablauf, und benutzt
konkrete Vorstellungen (Bilder, Geräusche, Gerüche usw.)
als Denkelemente, um diese miteinander zu verknüpfen. Erst durch
das symbolhafte, abstrakte Denken wird unser Denken wirtschaftlich
und wirkungsvoll. Mit der Verwendung von Symbolen, Begriffen, Formeln
usw., die der Mensch erlernt hat und selbst verarbeiten kann, ist das
abstrakte Denken sehr beweglich. Es kann mehrere Lösungswege
schnell durchspielen und kommt auf diese Weise zu neuen und
weiterführenden Ergebnissen. Zum Beispiel kann durch eine
abstrakte und symbolhafte Information die Bildung von Gruppen,
Klassen, Kategorien und Regeln dargestellt werden. Bei allen drei
Arten unseres Denkens werden die Richtungen jeweils durch Ziele
bestimmt.
Denken
erlaubt, Etwas als Etwas zu sehen, Wahrgenommenem Bedeutung und/oder
Sinn zu geben, über den man sich unabhängig von weiterem
Wahrgenommenem mit anderen verständigen kann, um dann in
Dialoge, Diskurse und Argumentationen einzutreten. Denken kann sich
selbst zum Gegenstand machen und sich Spielregeln geben, nach denen
es zielgerecht zu Ergebnissen kommen kann. Die dann aus dem Denken zu
begründenden Entscheidungen können für ein bestimmtes
Handeln genutzt werden.
„Denkste“
ist ein oft gehörter Ausspruch, der der Schadenfreude
entspringt. Dabei steckt doch mehr dahinter, als nur schadenfroh zu
spötteln. Ist es nicht auch der geheime Vorwurf, bei anderen an
deren Denken zu zweifeln? Um selber gut dazustehen? Und was bringt
uns Menschen eigentlich zum Denken? Was passiert eigentlich in
unserem Kopf?
1. Die Gesamtheit des
Denkens bezieht alles ein, in dem Denken in Denkbereichen geschieht,
das durch Denkgrundsätze, die als Logik bezeichnet werden,
geregelt wird.
2.
Aus dem Denken, in dem viele Gedanken enthalten sind, entstehen
Ideen, die Bilder sind, die sich der Geist von einer Sache macht.
Ich denke etwas, weiß ich auch, ob der andere das gleiche
denkt? In der Annahme, dass ich das glaube, entstehen Fehler in der
Kommunikation miteinander.
3.
Erst im logischen Sinn des Zustimmens und/oder Ablehnens entsteht
dann unser Urteil von der gedachten Sache.
4.
Mit einer bestimmten Einstellung und der Kraft meines Willens setze
ich meine Gedanken in Sprache um.
Denken
ist das innerliche Beschäftigen mit eigenen Vorstellungen, mit
Begriffen, Erwartungen, Erinnerungen usw., mit dem Ziel, zu einer
bestimmten Urteilsfähigkeit zu kommen. Dabei kommt es ständig
zu neuen An- und Einsichten, zu Umgruppierungen vieler Denkvorgänge,
die dann feste Formen annehmen, die wir Gedanken nennen. Wie und was
ein Mensch denkt, hängt von der Entwicklung seiner
Persönlichkeit ab. Und im Augenblick des Denkens zusätzlich
auch noch von seiner Stimmung.
Das Denkenentsteht in Denkbereichenmit Denkgrundsätzen = Logik.Es entstehen Bilder von einer Sachedie Gedanken werden.Mit Urteilen darüberdrücken wir uns durch die Sprache aus.Unsere Wahrnehmungen und Vorstellungen davonbewahren wir über den Tag hinaus in unserem Gedächtnis auf.Und wir übernehmen dafür die Verantwortung
Die
Gesamtheit unseres Denkens besteht aus Denkbereichen, in denen
jeweils Speicher enthalten sind. Im ein- zelnen Denkbereich geht das
Suchen im Speicher des Wissens und der Erinnerungen vor sich. Der
Geist erlebt ein ständiges Auf und Ab zwischen den Möglichkeiten
des Vorstellbaren, dem Suchen nach Vorstellungen und das Erinnern an
Vergessenes. An dieser Stelle prägt sich die Intensität des
Denkbereichs, das von der Kraft der einzelnen Inhalte abhängt.
Um dies mit einem Beispiel zu verdeutlichen, könnte für
eine Führungskraft im Zentrum ihres Denkens die Fürsorge
für ihre Mitarbeiter stehen. Ein Friseur, der gerade die Haare
wäscht, denkt an einen Wettbewerb. Ein Autofahrer, der auf dem
Weg nach München ist, denkt an seine Geburtstagsfeier. Die
Grundtendenz des einzelnen Denkbereichs bleibt im allgemeinen
konstant, allerdings ändern sich Inhalt und Umfang ständig.
Denkgrundsätze
sind Spielregeln, nach denen sich unser Denken vollzieht. Wir
sprechen hier von der bekannten Logik, der Wissenschaft vom
Denken in Begriffen, deren Vater Aristoteles, ein griechischer
Philosoph, (384 – 322 v. Chr.) war. Er war der erste, der
gesehen hat, dass auch der Geist eine ganz bestimmte Struktur
besitzt, die aus Elementen und Grundfunktionen besteht. Schon in
seiner Logik zeigt sich, wie die Erfahrenswelt in ihrer Vielfalt
aufgenommen und in das Konkrete eingeordnet wird. Die ordnende
Tätigkeit des Denkens denkt er so, dass es der „Bewegung“,
dem andauernden Anderswerden, selbst zugehört und in ihm „zur
Ruhe, zum Stehen“ kommt. Es kommt zum Stehen, indem es eine
Aussage ausspricht. Das Denken ist danach das, was in Bewegung ist,
sich in bleibenden Gestalten oder Formen zu ordnen, die dann
Gegenstand von Wissenschaft sein können. Durch die Logik wird
die Steigerung der bewussten formalen Exaktheit und Sachlichkeit des
Denkens erreicht, um daraus Bilder einer Sache entstehen zu lassen.
Gedanken sind dann die Folge unseres Denkens, die wir zu einem Urteil
nutzen. Das Ergebnis kann bejahend, verneinend, positiv oder negativ
sein und wechselt sehr schnell hin und her. Hat sich unser Urteil
gefestigt, setzen wir es mit der Kraft unseres Denkens in
Sprache um. Hier entscheidet es sich wesentlich, mit welcher
positiven Einstellung, Intensität, Kraft und Willen wir
diese Sprache anderen vermitteln, und welche geistige Wirkung daraus
entsteht.
Gedanken
prägen unsere Haltung. Mit guten Gedanken geht es uns gut,
negative Gedanken verändern unsere innere Einstellung. Wie einer
ist, so handelt er auch. Es ist nicht notwendig, der Umwelt meine
innere Einstellung durch Worte mitzuteilen; die Menschen ”erspüren”
sie auch so. Je intensiver mein Denken, desto größer ist
die Chance, dass sich meine Gedanken verwirklichen. Freude und
Begeisterung sind starke Gedanken, welche zu positiven Ergebnissen
führen. Ein positives, freudiges Denken hat einen physikalischen
Hintergrund: es sind Energien, die im Leben des betreffenden Menschen
sicher zu positiven Resultaten führen. Gedanken der Angst können
auch energiegeladen sein. Sie haben die Tendenz, sich genauso zu
verwirklichen.
Warum
die Gedanken eine solche Wirkung auf uns haben, erklärte
Johannes Cassianus, Theologe und Mönch 360 - 435, der
bedeutendste Autor im frühen abendländischen Mönchtum.
Er hatte die Vorstellung, dass die Gedanken den Geist des
Menschen in das verwandeln, was sie ihm anbieten. Der Inhalt der
Gedanken bestimmt die Qualität des menschlichen Geistes und
entscheidet darüber, ob sich ein Mensch positiv oder negativ
entwickelt. Wenn der Geist kein Ziel hat, auf das er zusteuert,
dann fallen alle möglichen Gedanken auf ihn ein. Er ist dem
ausgeliefert, was auf ihn von außen einströmt. Er
wird von außen gesteuert. Er lebt nicht selbst, sondern wird
von außen gelebt. Der Geist wird immer etwas denken. Wenn wir
ihm nichts vorgeben, was er denken soll, dann wird er sich mit dem
beschäftigen, was sich ihm anbietet. Das ist aber so vielfältig
und verschieden, dass er nicht zu sich kommt sondern ihn
zerstreut. Er hat keinen Punkt mehr, von dem aus er die äußeren
Einflüsse sichtet und beurteilt, sondern er wird von dem
gesteuert und beherrscht, was er zu sehen bekommt.
Cassianus
ist daher der Auffassung, dass der Geist sich notwendig in das
verwandelt, womit er sich beschäftigt. Dieser Wirkung kann er
sich nicht entziehen. In seiner Entscheidung liegt es allein
auszuwählen, womit er sich beschäftigen will. Daher
ist die Auswahl der Gedanken, die auf uns einströmen, eine der
Hauptaufgaben unseres Lebens. Wir dürfen nicht klagen, dass
es uns schlecht geht, dass wir depressiven Stimmungen
nachhängen und voller Angst sind, wenn wir uns ständig
Sätze vorsagen wie: „Das schaffe ich nie, ich habe keine
Lust, ich habe Angst.“ Solche Sätze bewirken in uns Angst
und schlechte Laune. Durch solche Sätze setzt sich diese
Stimmung in uns erst fest.
Konzentration
auf den Wohlstand heißt Verbesserung des Wohlstands.
Konzentration auf die Gesundheit heißt Stärkung der
Gesundheit. Konzentration auf den Frieden heißt Stärkung
des Friedens. Allerdings: Konzentration auf unsere Schwächen
bedeutet Verstärkung von Schwächen und Konzentration auf
Krankheit bedeutet Entwicklung von Krankheit.
Schon
1911 schrieb Frances Hodgson Burnett in Ihrem Kinderbuch „Der
geheimnisvolle Garten”: „Menschen haben im letzten
Jahrhundert entdeckt, dass Gedanken – also einfach Gedanken –
so stark sind wie Elektrizität. Sie sind für den einen so
gut wie Sonnenlicht und für den anderen so schädlich wie
Gift. Traurige oder schlechte Gedanken, die einen nicht loslassen,
sind genauso gefährlich wie eine ansteckende Krankheit. Wenn
solche Gedanken in dir bleiben, wirst du nie wieder davon loskommen.“
Gedanken je nach Intensität werden in unserem Gedächtnis
abgelegt, um vielleicht später wieder hervorgeholt zu werden.
Unser
Gedächtnis ist die Fähigkeit, Wahrnehmungen und
Vorstellungen über den Zeitpunkt des Entstehens und Erlebens
hinaus aufzubewahren. Bildlich gesprochen ist es auch ein
Aufbewahrungsort, ein Speicherplatz, unserer Gedanken. Sehr groß
ist die Abhängigkeit des Behaltens von der Stärke der
Aufmerksamkeit, des Interesses und das Wissen um die
Bedingungen, die ich einer Sache gebe. Der unendliche Bereich der
Wirkung gesammelter Erfahrungen gehört ebenso dazu.
„Das
Gedächtnis denkt an das Gedachte. Das Gedächtnis ist die
Versammlung des Denkens an das, was überall im voraus schon
bedacht sein möchte,“ diskutierte Heidegger in seinen
Vorlesungen im Wintersemester 1951/52 mit seinen Studenten in
Freiburg. Und John Locke (1632 – 1704) schrieb: “Die
Bedeutung des Gedächtnisses ist so groß, dass, wo es
fehlt, alle unsere übrigen Fähigkeiten größtenteils
nutzlos sind. In unseren Gedanken, Schlussfolgerungen und
Erkenntnissen, könnten wir nicht über die gegenwärtigen
Objekte ohne den Beistand unseres Gedächtnisses hinauskommen.“
Was ist unser Gedächtnis wirklich? Ein Informationsspeicher, der
sich in das Ultrakurzgedächtnis (maximal 20 Sekunden), in das
Kurzzeitgedächtnis (1-2 Stunden) und in das Langzeitgedächtnis
(dauerhafte Speicherung) aufteilt. Aber auch die „Art“ des
Einprägens kann von Bedeutung sein: Der auditive Typ behält
Gehörtes besser, der optische Typ dagegen Gesehenes und der
motorische Typ, erinnert sich besser an Bewegungserlebnisse.
Unbewusst übernehmen wir mit dem Gedächtnis auch die
Verantwortung für die darin enthaltenen Gedanken.
Denn
Denken heißt auch Verantwortung für das Gedachte zu
tragen. Nie zuvor hat der Mensch heute soviel
technisch-wissenschaftliche Verfügungsmacht über die
nichtmenschliche und auch über die menschliche Natur gehabt wie
heute. Durch die Möglichkeit, dass er regional und global seine
eigene Art und alles Leben grundlegend verändern, stark
schädigen oder sogar vernichten kann, ist der Mensch zum ersten
Mal in seiner Geschichte vor die Aufgabe gestellt, solidarische
Verantwortung für die Auswirkungen seines Handelns in größten
und damit weltweiten Maße zu übernehmen. Viel wichtiger
jedoch als die Frage, wann ein Mensch für verantwortlich
erklärt wird, ist die, wann er sich selbst verantwortlich fühlt.
Verantwortlich für Folgen von Handlungen, Aufgaben, Mitmenschen,
Umwelt, Werte, im weitesten Sinne auch für die Menschheit, die
Natur, die Geschichte. Außerdem verantwortlich vor Gott, dem
Gewissen, der praktischen Vernunft, vor der Gesellschaft und der
Zukunft. Das ist ein Bewusstsein von Freiheit. Sie besteht darin,
dass ich so selbstverantwortlich handeln kann. Dies alles gilt
grundlegend auch für unser Denken, das sich im Denken
verselbstständigt und sich als denkendes Denken weiter
entwickelt.
Aus
welchen Elementen besteht eigentlich die Verantwortung? Mit den
folgenden Fragen lässt sich eine Antwort finden: wovor
soll ich mich verantworten, wer trägt die Verantwortung,
wann übernehme ich Verantwortung, für was soll
Verantwortung übernommen werden, weswegen soll ich
Verantwortung tragen und wofür trage ich Verantwortung?
Daraus entwickeln sich drei grundlegende Arten der Verantwortung: die
soziale, die religiöse und die Selbstverantwortung.
Diese
Selbstverantwortung übernehme ich für mich jeden Morgen, in
dem ich durch positives Denken zu einer positiven Einstellung komme.
Die ersten Gedanken, die man beim Aufstehen hat, beeinflussen den
ganzen Tag. Es ist daher sehr wichtig mit positiven Gedanken
aufzustehen, die mich in eine gute Stimmung bringen. Wenn ich
mich dagegen schon frühmorgens ärgere, dass ich wieder
aufstehen muss, weil das Wetter schlecht ist oder wenn ich voll
Missmut an die schwierige Besprechung denke, die mich heute
erwartet, bin ich für den ganzen Tag in einer schlechten
Verfassung. Diese negativen Gedanken rauben meine Energie, sie lassen
mich den Tag mit einer dunklen Brille anschauen. Negative
Gedanken können ja auch Einbildungen sein, die Negatives in uns
bewirken. Positive Gedanken sollten sich mit ganz bestimmten
Handlungen unseres Tages verbinden. Wir binden sie an die
Tätigkeiten, die wir sowieso tun werden. Von der
Verhaltenspsychologie wissen wir, dass wir unser Verhalten
ändern und Vorsätze durchhalten können. Es liegt nur
an unserem Willen, verbunden mit dem positiven Denken. Und so führen
diese beiden Eigenschaften, Wille und positives Denken, uns zu
Gelassenheit und Ruhe. Mit einem Programm, das wir uns aufstellen,
lässt sich das in kleinen Schritten üben. In diesem
Zusammenhang sollten wir die Wirkung der Sprache auf den Menschen
intensiver untersuchen.
Wir
sprechen hier vom Zauber der Sprache: Vermutlich wäre die
Sprache nicht entstanden, hätten unsere Ahnen nicht geglaubt,
dass den Wörtern magische Kräfte innewohnen. Auch
heute würde die Mehrzahl aller Wörter auf Erden nicht
gesprochen, wenn nicht die Mehrzahl aller Menschen diesen Glauben
teilen würde. Dass die Sprache primär den Zweck hat, zu
informieren, ist eine Unterstellung von Laien,
Informationstheoretikern und Journalisten. Nein: das Wort kommt von
den Göttern, sagte damals schon Sokrates, prägt die
Menschen und verzaubert die Sache. So sehen es alle, die
Gebete sprechen, und jeder, der nur einmal „Toi, toi ,toi!“
oder „Hals- und Beinbruch“ rief, sieht es im Grund auch.
Daher sind Sprichwörter weit mehr als Information.
Genauso
wichtig wie der Tagesanfang ist der Abend, das Einschlafen mit
positiven Gedanken. Die positiven Gedanken wirken im Schlaf
weiter. Die Gedanken, mit denen wir einschlafen, entscheiden mit
darüber, welche Träume wir haben. Das Unbewusste lenkt
unsere Gedanken während der Nacht. Auf jeden Fall werden wir mit
einer negativen Einstellung aufwachen, wenn wir abends unseren Ärger
nicht losgelassen haben, sondern ihn bewusst mit in den Schlaf
genommen haben. Wichtig ist, wie wir unseren Tag beschließen.
Ein kurzer Rückblick auf den Tag, auf die positiven Ereignisse,
genügt.
Auch
die Fähigkeit, loslassen zu können ist ein bedeutender
Erfolgsfaktor. Den- ken wir dabei an Meister Eckhart, den wohl
größten Mystiker aller Zeiten aus dem christlichen
Kulturkreis. Er hat sich zu diesem Thema geäußert: „Durch
die Bindung an unser eigenes Ich stehen wir uns selbst im Wege und
können nicht Frucht tragen, uns selbst nicht voll
verwirklichen.” Meister Eckhart hat dies so um das Jahr 1300
gesagt, mehr als 650 Jahre, bevor im Management das menschliche
Potenzial entdeckt wurde. Aber 8 von 10 Führungskräften
sind heute noch nicht auf dem Stand des Jahres 1300. Sie machen genau
das Gegenteil der Empfehlung von Meister Eckhart. Sie halten am
eigenen kleinen ICH fest und kämpfen wie die Löwen und
merken nicht, dass sie sich “selbst im Wege stehen”.
1.
Jeder Mensch sollte bei sich selbst mit einer Änderung beginnen.
Die
Einmischung in die Angelegenheiten anderer Menschen gehört
nicht zu seinen Aufgaben.
2.
Jeder Mensch verfügt über seinen freien Willen; er kann
denken was er will.
Er
kann sein Denken jederzeit ändern und dadurch seine Zukunft
verändern.
3. Das Potenzial jedes
Menschen hat seine Grenzen.
Er sollte dieses Potenzial
einsetzen, wenn er seine Probleme
lösen und seine Ziele schneller erreichen
will.
4.
Alles ist Schwingung und Energie. Folglich ist fast alles
veränderbar.
5.
Die Welt ist das, was ich von ihr denke.
Mit
meinem Denken kann ich vieles verändern.
6.
Wir sollten uns vom Entweder-Oder-Denken befreien und
zum Sowohl-Als-Auch-Denken übergehen.
Voraussetzung
dafür ist unsere Fähigkeit, die selbst auferlegten
Schranken unserer bisherigen Glaubenssysteme abzubauen.
1.
Unsere Gedanken gestalten unsere Realität.
2.
Alles, was wir sind, ist das Ergebnis dessen, was wir gedacht haben;
es liegt in unseren Gedanken begründet, und es ist auf unseren Gedanken
aufgebaut.
3.
Wenn ich das Denken nicht beherrsche, beherrscht das Denken mich.
4.
Gedanken, die ich nicht loswerde, werden mein Los.
5.
Wir akzeptieren die Welt wie sie ist und die Menschen so wie sie
sind.
6.
Wir wissen, dass es Zufälle gibt; deshalb machen wir nicht
andere oder das Schicksal
für unsere Probleme verantwortlich.
7.
Wir warten nicht, bis jemand unsere Probleme löst. Wir
wissen, dass wir selbst jeden Tag sehr viel tun können.
8.
Wir betrachten das menschliche Potenzial als erweiterbar.
9.
Wir wissen, dass jeder Mensch für sein eigenes Leben
verantwortlich ist.
Jeder
hat das Recht auf seinen eigenen Weg. Deshalb verurteilen wir andere
Menschen nicht.
10.
Wir wissen, dass wir weder die Welt noch andere Menschen
verändern
können oder müssen, sondern nur uns selbst.
Das
als Denken erlebte Denken, das als Intelligenz auch Kreativität
umfasst, ist nur als multifunktioneller Vorgang zu erklären,
wobei die Art und die Anzahl der Funktionen, die zusammenwirken,
unterschiedlich gesehen werden müssen. Die Forschung ist noch
weit entfernt, die Komplexität täglicher Denkprozesse
wissenschaftlich erklären zu können.
André
Heller:
Die
wahren Abenteuer sind im Kopf,
und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo.
Die wahren Abenteuer sind im Kopf, in deinem Kopf,
und sind sie nicht in deinem Kopf,
dann suche sie.
Soweit
André Heller. Was passiert aber, wenn das, worüber wir
uns bisher in dieser Schrift Gedanken gemacht und viel Denkkapazität
eingesetzt haben, nicht so verläuft, wie wir uns dies
vorgestellt und gedacht haben. Vorstellungen sind auch
Erwartungen. Meistens, mit voller Hoffnung, erwarten wir etwas von
einem anderen Menschen und sind dann enttäuscht, wenn das
nicht eintritt, was wir vom anderen erwartet und gedacht haben. Wir
erwarten etwas, weil wir glauben zu wissen, das derjenige das weiß
und kann. Wir erwarten etwas einfach aufgrund eines Gespräches,
das ein Fortschritt zu dem „Glaubenwissen“ ist, und
trotzdem klappt es nicht. Vielfach wird in Gesprächen vergessen
zu fragen oder die richtigen Fragen zu stellen. Gerade durch Fragen
erhalte ich viel Informationen, und ich erfahre vor allen Dingen
Einstellungen meines Gegenüber zu bestimmten Themen des
täglichen Lebens. Wenn das alles nicht so verläuft, wie ich
es mir vorgestellt habe sind Enttäuschungen vorprogrammiert.
Beschäftigen wir uns im folgenden mit den Begriffen Erwartungen
und Enttäuschungen.
Jeder
Mensch hat jeden Tag Erwartungen, die nicht immer von großer
Bedeutung sein müssen. Ich erwarte meine tägliche Zeitung
voller Spannung am Morgen und warte dabei, ob der Zeitungsträger
sie vielleicht wieder pünktlich zu gleichen Zeit bringt. Im
Erwarten steckt auch das Warten. Ich setze etwas als ganz
selbstverständlich voraus in meinen Erwartungen. Ich rechne
einfach damit. Wobei hier schon ein Denkfehler in der Form entsteht,
ob es überhaupt zulässig ist, etwas als selbstverständlich
vorauszusetzen oder damit zu rechnen. Besser wäre es schon
anzunehmen, dass etwas passiert oder zu vermuten und zu hoffen. Mit
diesen drei Begriffen der Annahme, des Vermutens und Hoffens setze
ich mich nicht unter die berühmte Erwartungshaltung, die unter
Umständen Vorfreude, Vorgefühle und Glücksgefühle
bei mir hervorrufen kann und dann bei den Enttäuschungen
landet. Realistisch gesehen sollte bei uns der bekannte
Erwartungshorizont Einzug halten, indem sich meine Erwartungen an der
betroffenen Sache oder an dem betroffenen Menschen orientieren. Mit
dem Erwartungshorizont setze ich mir selbst Grenzen für
bestimmte Erwartungen. Befürchtungen gehören auch in den
Bereich der Erwartungen, wenn ich etwas Unangenehmes erwarte.
Enttäuschungen,
die in Unzufriedenheit münden, sind die Ursache von nicht
erfüllten Hoffnungen und Erwartungen. Ich bin mit anderen
aber auch mit mir selbst unzufrieden, weil nicht das eingetreten ist,
mit dem ich gerechnet habe, was ich erwartet habe. Durch einen
Misserfolg bin ich niedergeschlagen, durch eine Enttäuschung
kann ich ratlos, mutlos und sogar traurig sein. Durch nicht erfüllte
Erwartungen kann auch ein falscher Eindruck entstehen. In dem Wort
Enttäuschungen stecken auch Täuschungen, wenn jemand mir
absichtlich einen falschen Eindruck vermittelt, mich jemand
irregeführt hat. Ich fühle mich getäuscht.
Je
nach Veranlagung und Bedeutung können wir Enttäuschungen,
Gedanken auch vergessen, ohne sie in unserem Gedächtnis
abzuspeichern. Vergessen ist ein Vorgang, durch den Wahrgenommenes
oder Gelerntes nicht mehr oder nur unvollständig wieder gegeben
werden kann. Hermann Ebbinghaus hat sich 1895 als Erster mit dem
Vergessen beschäftigt. Mit seiner inzwischen bekannten
Vergessenskurve konnte er nachweisen, dass wir einmal Gelesenes nach
30 Tagen wieder vergessen, wenn wir uns damit nie wieder
beschäftigen und auseinandersetzen. Dagegen tritt ein hoher
Wiederbehaltenswert ein, wenn Informationen zu verschiedenen
Zeitabständen innerhalb dieser Zeit von dreißig Tagen
erneut gelesen werden und somit zum Gelernten werden, was wiederum in
unserem Gedächtnis haften bleibt. Das Schwinden des
Wiederherstellens unserer Gedanken hängt entscheidend von der
Länge der Zeit ab, in der Wiederholungen stattfinden. Ein
Beispiel: Ein Gedicht wird auswendig gelernt und nie wieder
wiederholt. Gehen wir davon aus, das dieses nach einem halben Jahr
völlig vergessen ist.
Keine
noch so große Kraft an das Erinnern könnte uns ein Gedicht
in unser Bewusstsein zurückrufen, höchstens einzelne
Bruchstücke kehren wieder. Würden wir das Gedicht jetzt
erneut lernen, dann zeigt sich, obwohl wir glaubten, alles fast
vergessen zu haben, dass das Gedicht in uns eine neue kraftvolle
Wirkung entfaltet. Auch wird das Auswendiglernen weniger Zeit in
Anspruch nehmen als beim ersten Mal. Und mit ständigen
Wiederholungen würden wir das Gedicht fest in unserem
Gedächtnis verankern.
In
der Zwischenzeit hat sich nach den Forschungen von Ebbinghaus vieles
verändert. Nach neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung und
damit des Gedächtnisses und des Vergessens speichern wir
emotionale Ereignisse in unserem Gedächtnis ab, die wir
jederzeit immer wieder neu interpretieren, je nachdem wir uns jetzt
gerade fühlen oder in welcher Situation wir sind.
Denken,
Gedächtnis und Vergessen sind die zentralen Eigenschaften
unseres menschlichen Daseins. Der Verstand und das Bewusstsein
gehören allerdings auch dazu. Unser Verstand ist die Fähigkeit
zu verstehen, sinnliche oder gedankliche Inhalte in unser Denken
aufzunehmen, weiter zu entwickeln oder zu beurteilen, um darüber
nachzudenken. Er bildet Begriffe und Urteile und zieht damit logische
Schlüsse. Er ist seit Kant der feste Begriff für eine
besondere Art menschlicher Erkenntnisleistungen. Aus dem Lateinischen
„ratio“ gleich Verstand lässt sich das hauptsächlich
begriffliche Erkennen im Gegensatz zu gefühlsmäßiger
Aufnahme von Daten, die methodisch aufgebaut sein können, als
schritt weises Denken ableiten. Der Verstand ist die zweckmäßige
Quelle, theoretische und praktische Probleme zu lösen, indem er
analysiert, verallgemeinert, ordnet, begründet und erklärt.
Der Verstand ist auf diese Weise nicht nur ein geeignetes, sondern
gewissermaßen auch ein unentbehrliches, lebensnotwendiges
Erkenntnismittel, der hilft, einen Gefühlsmangel des Menschen
auszugleichen. Im weiteren Sinne wird auch der Intellekt als
Verstand bezeichnet.
Als
ein wesentlicher Teil unseres Denkens wird die Verwendung des
Bewusstseinsbegriffes 1719 von Christian Wolff, von dem Kant
schrieb, er sei der Urheber des Geistes der Gründlichkeit in
Deutschland gewesen, in den folgenden Schreibweisen im Deutschen
angewandt: Bewusst sein, Bewusstsein und bewusst Sein. Wolffs
Bewusstseinsbegriff ist die Übersetzung des lateinischen Wortes
„conscientia“(Bewusstsein, eingeschränkt auch
Gewissen), dessen moderne Bedeutung als ein das Denken begleitendes
Wissen von den eigenen Gedanken vor allem von René Descartes,
einem französischen Philosophen, geprägt wurde. “Ich
denke, also bin ich“. In ähnlicher Richtung dachte David
Hume, der unter Bewusstsein das Wissen um unsere inneren Erlebnisse,
das niemals täuschen kann, verstand. In seiner Grundbedeutung
wird Bewusstsein als Vorstellen von Gegenständen verstanden, die
in unserem täglichen Denken vorkommen. Menschen haben ein
Bewusstsein, das klar oder eingetrübt sein kann und das sich
auch verlieren lässt. Einmal dadurch, dass unser
Selbstbewusstsein durch verschiedene Einflüsse Schaden nehmen
kann, auf der anderen Seite aber auch durch körperliche
Verletzungen, wie zum Beispiel bei einem Autounfall, bei dem der
Fahrer sein Bewusstsein vorrübergehend verlor.
Natürlich
ließen sich noch weitere Ausführungen zum Thema Denken
machen, die vielleicht ins Unendliche führen könnten. Dem
Leser soll es daher überlassen sein, weiter zu denken. Denn mit
unserem Denken kommen wir zu Wissen. Dadurch verstehen wir andere
Menschen besser und kommen durch die Erkenntnis zu unseren
Erfahrungen, die durch nichts zu ersetzen sind.
Was
ist eigentlich Zeit heute? Sie ist uns das Vertrauteste und zugleich
das Fremdeste: „Wenn niemand mich danach fragt, weiß
ich's, will ich's aber einem Fremden erklären, weiß ich's
nicht", sprach Augustinus. Worin besteht nun die Wirklichkeit
der Zeit? Hat die Zeit eine Wirklichkeit unabhängig von etwas
anderem, das sich verändert? Ist Zeit Teil der Natur oder
gebunden an ein erkennendes Subjekt, das Ereignisse unter dem
Gesichtspunkt des Erst und Dann, des Vorher, des Nachher und des
Zugleich ordnet, was aber schon den Begriff der Zeit voraussetzt?
Fokussieren wir diese Ordnungsbeziehungen, wenn wir der Zeit
Wesenszüge zuschreiben, etwa wenn wir von dem „
Vergehen der Zeit", vom Zeitpfeil, der in eine Richtung fliegt,
von der Messbarkeit der Zeit, davon, dass Ereignisse „in der
Zeit" geschehen sprechen? Ist die Zeit, wie Einstein es meinte,
am Ende gar eine Illusion? Für ein allwissendes Wesen, dem
Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit mit der Gleichzeitigkeit zur
Ewigkeit zusammenfielen, wäre die Zeit nicht einmal das. Und
selbst wenn wir die Zeit für eine Illusion erklärten, ist
es vielleicht philosophisch nicht ganz müßig, die Merkmale
der Zeit, wie wir sie aus unserer Welt kennen, zu variieren, um zu
sehen, wie die Zeit mit anderen „Eigenschaften" in anderen
Bereichen funktionieren könnte.
Zeit
ist die vom menschlichen Bewusstsein innerlich wahrgenommene Form der
Veränderung: des Entstehens, Werdens, Fließens,
Vergehens in der Welt. Zeit gibt es, weil das Bewusstsein im Inneren
und in der Außenwelt ständig Veränderungen wahrnimmt.
Die „objektive", an körperlichen Veränderungen
oder an den Wegstrecken der Himmelskörper gemessene Zeit ist zu
unterscheiden von der „subjektiven" Zeit, die auf dem
erlebten Zeitbewusstsein beruht. Letzteres ist von den
Erlebnisinhalten abhängig. Es ist hauptsächlich die
Empfindung etwas zu tun, zu verändern, zu erleben.
Die
Redewendung: „Dazu habe ich keine Zeit" bedeutet: das
auf mich Zukommende, die Zukunft, bildet eine lückenlose Kette
von „zeitgebundenen" Tätigkeiten, Erlebnissen,
und es ist mir nicht möglich, eins dieser Glieder so auf der
Zeitbahn nach vorwärts oder rückwärts zu
„verschieben", dass eine weitere Tätigkeit Platz hat.
„Zu früh" bedeutet: die Zeit ist noch nicht da, „zu
spät": die Gelegenheit ist nicht mehr da. Nur das Jetzt ist
„Zeit und Gelegenheit". Es liegt zwischen „zu früh"
und „zu spät" und muss wahrgenommen, bemerkt,
ergriffen werden, damit überhaupt etwas getan werden kann.
Zukunft, Gegenwart, Vergangenheit sind Abstraktionen dieser
natürlichen Zeitbegriffe. Dabei ist es bedeutsam, dass mit
zunehmendem Alter des Menschen die noch kommenden Gelegenheiten
diesem immer weniger Spielraum lassen, etwas zu tun, weil sie immer
mehr von den Auswirkungen vergangener Geschehnisse vorbesetzt sind
(der Mensch „schleppt seine Vergangenheit mit sich herum").
So wird die Zukunft immer mehr von Vergangenem erfüllt und ein
Leben, dessen Zukunft nur noch aus Vergangenem besteht, ist deshalb
ein Leben ohne Zukunft. Womit gemeint ist: ein von der Last der
Vergangenheit erdrücktes, sinnlos gewordenes Dasein. Eine
große Rolle, wie Augustinus betont hat, spielt die Zeit als
Daseinsweise des Menschen, in der er Vergangenes, Gegenwärtiges
und Zukünftiges notwendig erleben muss, sodass sie als eine
unbedingte Voraussetzung seines Seins betrachtet werden kann. Für
Augustinus ist die Zeit mit der Welt erst von deren Anbeginn an da
und dauert bis ans „Ende" der Welt. Die moderne Physik
lehrt, dass es eine objektive Zeit nicht gibt. Die so genannte
„historische Zeit" umfasst etwa 9000 Jahre, die
prähistorische einige Hunderttausende, die geologische einige
Milliarden, die kosmische ist nur als unendlich denkbar.
Die
Babylonier beschäftigten sich schon im 3. Jahrtausend v.
Chr. mit der Zeit, lange bevor griechische und römische
Philosophen darüber nachdachten. Mit der Wissenschaft im
summerischen - babylonischen Kulturraum entstand die
babylonische Mathematik und Astronomie, die damals schon unseren
heutigen Vorstellungen von Lehre und Forschung entsprach. Aus der
genauen Beobachtung von Gestirnen vor allem von Mond und Planeten
entstand die hoch entwickelte babylonische Astronomie, die Anfang,
Ende und den Ablauf einer Zeit (Verlauf der Gestirne) beschrieb.
Durch
die Philosophie Platons insbesondere im Timaios, wurde zum
ersten Mal innerhalb der Geschichte der Philosophie das Wesen der
Zeit metaphysisch begründet, das heißt von ihrem Urbild,
der Ewigkeit her gedacht. Dazu ein Beispiel aus dem Timaios:
Gleichzeitig also mit der Ordnung des Weltalls überhaupt schafft
er ein nach der Zahl (in bestimmten Maßen)
fortschreitendes Abbild der in Einheit beharrenden Ewigkeit, ein
Abbild, dem wir den Namen Zeit gegeben haben. Tage, Nächte,
Monate und Jahre, die es vor Entstehung des Himmels nicht gab, lässt
er nämlich nun im Verein mit dem Bau des Ganzen entstehen. Dies
alles sind Teile der Zeit, und das „ War" und „ Wird
sein" sind gewordene Formen der Zeit, die wir, uns selbst
täuschend, mit Unrecht auf das unvergängliche Sein
beziehen; denn wir sagen von ihm „es war", „es ist"
und „es wird sein", während ihm in Wahrheit nur die
Bezeichnung „es ist" zukommt, wogegen man die Ausdrücke
„war" und „wird sein" von Rechts wegen nur auf
das zeitlich fortschreitende Werden anwenden darf, denn beide sind
Bewegungen. Dem ewig unbeweglich sich Gleichbleibenden dagegen
steht es nicht an älter noch jünger zu werden in der Zeit,
noch es ehedem oder jetzt geworden zu sein oder es in Zukunft zu
werden; überhaupt hat es nichts zu tun mit alledem, womit die in
Bewegung befindlichen Gegenstände der sinnlichen Wahrnehmung
infolge des Werdens behaftet sind, vielmehr sind das alles nur
Formen der die Ewigkeit nachahmenden und sie nach der Zahl im Kreise
bewegenden Zeit. Und diesen reihen sich auch noch die folgenden an:
das Gewordene ist geworden und das Werdende ist werdend, und das
Künftige ist künftig und das Nichtseiende ist nicht seiend.
Das alles sind ungenaue Bezeichnungen. Doch dürfte es jetzt
nicht wohl an der Zeit sein darüber die völlig genauen
Bestimmungen zu geben.
Die
Zeit ist ein bewegliches Bild der Ewigkeit. Die Ewigkeit beharrt
nämlich in unteilbarer Einheit. Im Sichtbaren und Werdenden
dagegen lässt sich diese Beharrlichkeit des Seins nicht anders
nachbilden als in etwas Fließendem, welches aber nie aufhört
zu fließen. Ein solches ist die Zeit, welche immer verrinnt und
doch nie alle wird.
Aristoteles
der Begründer der Kategorienlehre von Substanz, Beziehung,
Raum, Zeit, Qualität, Quantität, Tun, Leiden, Haltung und
Lage sieht in seiner Physik und Naturphilosophie zunächst die
Lehre der sechs Arten der Bewegung: Entstehen, Vergehen,
Wachsen, sich zurückbilden, Qualitätsänderung und
Ortänderung: Da nun ein Bewegtes sich von etwas fort zu etwas
hin bewegt und da jede (Ausdehnungs-)Größe
zusammenhängend ist, so folgt (hierin) die Bewegung der
Größe: Wegen der Tatsache, dass Größe immer
zusammenhängend ist, ist auch Bewegungsverlauf etwas
Zusammenhängendes, infolge der Bewegung aber auch die Zeit: Wie
lange die Bewegung verlief, genau so viel Zeit ist anscheinend
jeweils darüber vergangen. Die Bestimmungen „davor"
und „danach" gelten also ursprünglich im Ortsbereich;
da sind es also Unterschiede der Anordnung; indem es nun aber auch
bei (Raum-)Größen das „davor" und „danach"
gibt, so muss notwendigerweise auch in dem Bewegungsverlauf das
„davor" und „danach" begegnen, entsprechend den
Verhältnissen dort. Aber dann gibt es auch in der Zeit das
„davor" und „danach", auf Grund dessen, dass hier
ja der eine Bereich dem anderen unter ihnen nachfolgt. Es ist aber
das „davor" und „danach" bei der Bewegung
(nichts anderes als), was Bewegung eben ist; allerdings dem
begrifflichen Sein nach ist es unterschieden davon und nicht
gleich Bewegung. Aber auch die Zeit erfassen wir, indem wir
Bewegungsabläufe abgrenzen, und dies tun wir mittels des
„davor" und „danach". Und wir sagen dann, dass
Zeit vergangen sei, wenn wir von einem „davor" und einem
„danach" bei der Bewegung Wahrnehmung gewinnen. Die
Absetzung vollziehen wir dadurch, dass wir sie (die Abschnitte)
immer wieder als je andere annehmen und mitten zwischen ihnen ein
weiteres, von ihnen Verschiedenes ansetzen. Wenn wir nämlich die
Enden als von der Mitte verschieden begreifen und das Bewusstsein
zwei Jetzte anspricht, das eine davor, das andere danach, dann
sprechen wir davon, dies sei Zeit: Was nämlich begrenzt ist
durch ein Jetzt, das ist offenbar Zeit. Und das soll zugrunde gelegt
sein.
Wenn
wir also das Jetzt als ein einziges wahrnehmen und nicht entweder als
„davor" und „danach" beim Bewegungsablauf oder
als die (eine und) selbe Grenze zwischen einem vorherigen und einem
nachher folgenden Ablauf, dann scheint keinerlei Zeit vergangen
zu sein, weil ja auch keine Bewegung ablief. Wenn dagegen ein „davor"
und „danach" wahrgenommen wird, dann nennen wir es Zeit.
Denn eben das ist Zeit:
Die
Messzahl von Bewegung hinsichtlich des „davor" und
„danach". Also: Nicht gleich Bewegung ist die Zeit, sondern
insoweit die Bewegung Zahl an sich hat (gehört sie zu ihr). Ein
Beleg dafür: Das „mehr" und „weniger"
entscheiden wir mittels der Zahl, mehr oder weniger Bewegung mittels
der Zeit; eine Art Zahl ist also die Zeit.
In
eine andere Richtung dachte Seneca ein römischer
Philosoph und einer der bedeutendsten Stoiker. Er verfügte über
ein Fülle von Kenntnissen, vorzügliche Natur- und
Menschenbeobachtung sowie eine hohe Darstellungskunst. Philosophie
ist nach Seneca sittliche und religiöse Lebensführung. Von
der moralischen Schwäche des Menschen ausgehend, verlangt er
sittliche Strenge gegen das eigene Ich und verstehende von Mitleid
freie Milde gegenüber den Mitmenschen. Die höchste Tugend
ist die Treue gegen sich selbst. In seinem Buch „Von der Kürze
des Lebens" (De brevitate vitae) schreibt er:
Die
Mehrheit der Menschen, Paulinus, beklagt sich über die Missgunst
der Natur, dass wir für eine nur kurze Zeitspanne geboren
werden, dass diese uns gegebene Frist so rasch, so stürmisch
abläuft, und zwar in der Weise, dass das Leben die übrigen
mit Ausnahme weniger bereits bei der Vorbereitung auf das Leben im
Stich lässt. Wir haben keine knappe Zeitspanne, wohl aber viel
davon vergeudet. Unser Leben ist lang genug und zur Vollendung der
größten Taten reichlich bemessen, wenn es im ganzen gut
verwendet würde: aber sobald es in Genusssucht und
Nachlässigkeit zerrinnt, sobald es für nichts Gutes
aufgewendet wird, merken wir erst unter dem Druck der letzten
Notwendigkeit, dass es vergangen ist, während wir gar nicht
erkannten, dass es dahinging. So ist es nun einmal: wir haben kein
kurzes Leben empfangen, sondern es dazu gemacht; wir sind nicht
arm an Leben, sondern gehen damit verschwenderisch um.
Wenn
du das Leben zu gebrauchen verstehst, ist es lang. Aber den einen
hält seine unersättliche Habgier, den ändern in
überflüssigen Anstrengungen mühevolle Geschäftigkeit.
Der eine ist vom Wein trunken, der andere dämmert in Untätigkeit
dahin, wieder einen ändern ermüdet sein ewig von fremden
Urteilen abhängiger Ehrgeiz. Den nächsten führt
die jähe Gier, Geschäfte zu tätigen, über alle
Länder, alle Meere in der Hoffnung auf Profit. Viele hat
das Trachten nach fremdem Glück oder die Sorge um das eigene
festgehalten. Die meisten, die kein festes Ziel verfolgen, hat die
flüchtige, unbeständige und sich selbst missfallende
Haltlosigkeit durch neue Pläne getrieben.
Nur
ein kleiner Teil des Lebens ist es, in dem wir leben. Die ganze
übrige Spanne ist nicht Leben, sondern Zeit. Ihr lebt, als lebt
ihr ewig, niemals kommt euch eure Gebrechlichkeit in den Sinn. Ihr
beachtet nicht, wie viel Zeit schon vergangen ist. Wie aus Fülle
und Überfluss verschwendet ihr sie, während doch inzwischen
vielleicht gerade der Tag der letzte ist, den man einem Menschen oder
einer Sache widmen kann. Alles fürchtet ihr wie Sterbliche,
alles wünscht ihr euch wie Unsterbliche. Es ist nicht zu wenig
Zeit, was wir haben, sondern zu viel Zeit, die wir nicht nutzen.
Eine
ganz andere Art des Denkens als Seneca zum Thema Zeit hatte Plotin
ein griechischer Philosoph und Leiter einer eigenen Schule in
Rom. Die gesamte Reflexion Plotins über Ewigkeit und Zeit wird
durch die Dialektik von Urbild und Bild bestimmt. Es ist nicht nur
methodisch, sondern vor allem sachlich notwendig, dass zuerst nach
dem Sein von Ewigkeit gefragt wird, bevor die Frage nach dem Sein von
Zeit überhaupt sinnvoll gestellt werden kann.
Das
Urbild Ewigkeit aber ist selbst wiederum nicht einem unmittelbar
begreifenden Denken fassbar, sondern vermag nur durch die Vermittlung
seines Grundes, des Geistes, in und aus dem es lebt und dessen Leben
es ist, gedacht zu werden. Es ist daher folgerichtig, wenn vor dem
Versuch, Wesen und Sinn dieser Vermittlung, das heißt der
Beziehung von Ewigkeit und Geist zu ergründen, der Geist selbst
zum Gegenstand des Nachdenkens gemacht wird. Die Frage: Was ist Zeit?
wird jedoch zunächst hinterfragt: Warum ist Zeit?, um den
begründenden Bezug der Ewigkeit zur Zeit sichtbar zu machen.
Erst wenn das Sein von Zeit erkannt ist, lässt sich hinreichend
begreifen, wie In-Zeit-Sein und In - Ewigkeit - Sein überhaupt
möglich sind. Dies heißt jedoch nicht, dass Zeit in ihr
und aus ihr selbst erkannt werden könne; sie ist vielmehr nur im
Horizont des Bildes von Ewigkeit zu begreifen.
Zukunft
ist das eigentliche Sein der Zeit. Zeithaft Seiendes will, im
Gegensatz zu der sich selbst genügenden, reinen
Gegenwärtigkeit des ewigen Seins, immer noch etwas
hinzuerwerben. Das Jetzt der Zeit nämlich vermag es nie
selbst zu bleiben. Es ist gerade im Vergehen auf die Zukunft hin, auf
das jeweils folgende Jetzt. So besteht die kontinuierliche
Wirklichkeit der Zeit in der Aufhebung der Zukunft in die
Vergangenheit durch das Jetzt. Die Zeit wird im Jetzt sozusagen zum
aufgesprengten Punkt. Das Jetzt ist auch der Punkt, von dem aus Zeit
als Einheit und das in ihr Seiende als Etwas überhaupt erkannt
werden kann: Zukunft als Jetzt - noch - nicht, Vergangenheit als
Jetzt - nicht - mehr, Gegenwart aber als wirkliches und gegenwärtiges
und zugleich fließendes Jetzt. Beide, Ewigkeit und Zeit, sind
Leben. Die erstere als unwandelbare Einheit von Ständigkeit und
Bewegung des Geistes, letztere als teilhafte Bewegung und
Veränderlichkeit der Seele. Ewigkeit also ist Leben des Geistes,
Zeit aber Leben der Seele.
Plotin
hat durch die Bestimmung der Zeit als des Lebens der Seele die
Versuche überwunden, die die Zeit als ein Äußerliches
oder Räumliches oder als Maß Verfügbares,
Vielfältiges und Beliebiges begriffen haben. Dadurch, dass sich
die Seele selbst verzeitlichte, in dieser Selbstzeitigung aber die
sinnenfällige Welt setzte und diese der Zeit unterwarf, sind
Welt-Zeit und Zeit der Seele als identisch zu denken. Zeit aber ist
die Weise, wie Seele ist und lebt. Seele ist überall, sie
fehlt keinem Teil der Welt. Daher ist überall, wo Seele ist,
auch Zeit.
Von
anderer Art ist die Geisteshaltung zum Begriff Zeit von Augustinus.
Berühmt ist seine Analyse der Zeit im 11. Buch der
„Bekenntnisse". In ihr wird nicht nur die die Zeiterfahrung
konstituierende Leistung des Bewusstseins aufgedeckt, sondern
grundsätzlich die Seins Verfassung des Menschen als eines
zeitlichen Wesens im Verhältnis zu einer ewigen Wahrheit
reflektiert. Augustinus vollzieht hierbei die Wendung von dem
antiken, an den Kosmos gebundenen Zeitverständnis hin zur
Dimension des subjektiven inneren Zeitbewusstseins. Wird Zeit als
etwas objektiv Gegebenes betrachtet, so zeigt sich, dass sie in nicht
zueinander passende Zeitpunkte zerfällt. Denn das Vergangene ist
nicht mehr, das Zukünftige noch nicht und die Gegenwart
reduziert sich auf den winzigen Punkt des Überschlags von
Vergangenheit zu Zukunft.
Dennoch
haben wir ein Bewusstsein von Dauer, erfahren Zeit und besitzen
Zeitmaßstäbe. Das ist offenbar nur möglich, wenn das
menschliche Bewusstsein die Fähigkeit hat, die Spuren, die der
flüchtige Sinneseindruck hinterlässt, als Bilder im
Gedächtnis zu bewahren und ihnen somit Dauer zu verleihen. Die
Weise des Vergegenwärtigen der Bilder kennzeichnet die 3
Zeitdimensionen als: Gegenwart von Vergangenem, nämlich
Erinnerung. Gegenwart von Gegenwärtigem, nämlich
Augenschein, Gegenwart von Künftigem, nämlich Erwartung.
Daher ist es ungenau zu sagen, Vergangenheit und Zukunft ist,
vielmehr ist wahrhaft nur das Gegenwartserlebnis, das sich in die
Vergangenheit und Zukunft durch Vergegenwärtigen hinausschiebt.
In der Seele messen wir die Zeit, die uns somit gegeben ist als eine
Ausdehnung der Seele. An den Rändern dieser Ausdehnung in
Vergangenheit und Zukunft entschwinden die Bilder zunehmend im
Dunkeln. Da der Geist somit die Zeitdimensionen hervorbringt, ist das
Innere des Menschen in ständige Erwartung, Vollzug und
Erinnerung zersplittert.
Die
Erfahrung der eigenen Zeitlichkeit verweist den Menschen auf das
Unvergängliche. Der Geist kommt zur Ruhe, indem er sich auf die
ewige Wahrheit hin richtet. „.. . nicht zerspannt in das Viele,
was da kommt und geht, sondern ausgespannt nach dem, was vorweg da
ist." Der Mensch ist nach Augustinus eine aus Leib und Seele
bestehende, verstandesbegabte Substanz, wobei er der Seele den
Vorrang einräumt. Das Innere des Menschen zeigt sich als Einheit
in der Dreiheit von Bewusstsein, Verstand und Wille.
Albert
Einstein leitet im ersten Viertel des Jahrhunderts einen
grundlegenden Wandel im Weltbild der Physik ein. Die Zeitausdehnung
lässt sich durch den Vergleich zweier identischer Uhren
aufzeigen. Bewegt man eine davon mit sehr hoher Geschwindigkeit, so
zeigt sie anschließend eine Zeitverschiebung beim Vergleich mit
der in Ruhe verbliebenen Uhr. Raum und Zeit sind also nicht
unabhängig voneinander. Sie bilden das sich ständig
ausdehnende Raum-Zeit-Gebilde: Zur Vergangenheit gehört
alles, von dem wir im Hier und Jetzt prinzipiell wissen können.
Zukunft sind alle Ereignisse, auf die wir noch Einfluss nehmen
könnten. Da Signale nur mit der endlichen Lichtgeschwindigkeit
übertragen werden, bildet der Lichtkegel die Grenze der
„zeitartig" verknüpften Ereignisse. Außerhalb
liegt die Gegenwart, in der Ereignisse „raumartig"
verknüpft sind. Von diesen können wir weder etwas
wissen, noch Einfluss auf sie nehmen. Zukunft und Vergangenheit sind
durch die endliche Zeitspanne getrennt, die vom Abstand des
Beobachters abhängt.
Es
stellt sich zwangsläufig die Frage: Gibt es eigentlich eine für
alle gleich ablaufende absolute Zeit? Bis 1905 war man davon
überzeugt, dass eine vom Beobachter und Standort unabhängige
Zeit existiert, in die alle Ereignisse im Universum eingebettet sind.
Dann kam Albert Einstein und widerlegte alle Vorstellungen des
Menschenverstandes über die Zeit. In seiner speziellen
Relativitätstheorie wies er mathematisch exakt nach, dass Uhren
in Raumschiffen, die fast Lichtgeschwindigkeit erreichen, für
irdische Beobachter deutlich langsamer laufen als baugleiche Uhren
auf der Erde. Was zu der fantastischen Erkenntnis führt, dass
morgen startende Raumfahrer nach einer 68-jährigen All-Rundreise
mit 99,94 Prozent der Lichtgeschwindigkeit im Jahre 4000 als
Greise auf die Erde zurückkehren und nur noch unbekannte
Verwandtschaft antreffen würden - weil hier inzwischen 2000
Jahre vergangen wären.
Attar
von Nischapur aus dem Iran beschreibt sehr eindringlich den Wert der
Zeit in seiner Geschichte vom Geizhals und dem Engel des Todes.
Mit Anstrengung, Handel und Vergabe von Kredit hatte ein Geizhals
dreihunderttausend Dinare angehäuft. Er besaß Ländereien,
Häuser und Besitztümer jeglicher Art. Eines Tages
entschloss er sich, ein Jahr dem Vergnügen zu widmen und gut zu
leben. Dann würde er entscheiden, wie die Zukunft aussehen
solle. Aber fast im selben Augenblick, als er damit aufgehört
hatte, Geld aufzuhäufen, erschien der Engel des Todes bei
ihm, um sein Leben zu nehmen. Der Geizhals versuchte mit jedem
Mittel, das ihm zur Verfügung stand, den Engel von seinem
Vorhaben abzubringen. Der Engel jedoch schien unnachgiebig. Da sagte
der Mann: „Lass mir nur drei Tage, dann gebe ich dir ein Drittel
meines Vermögens. "Der Engel weigerte sich, und zerrte noch
einmal am Leben des Geizhalses, um es fortzunehmen. Darauf sagte der
Mann: „Wenn du mir nur zwei Tage auf dieser Erde lässt,
sollen zweihunderttausend Dinare aus meinem Schatz dir gehören."
Aber der Engel wollte nicht auf ihn hören. Er weigerte sich
sogar, ihm nur einen einzigen Tag für die ganzen
dreihunderttausend Dinare zu überlassen. Schließlich sagte
der Geizhals: „Ich bitte dich, lass mir dann nur soviel Zeit,
wie ich brauche, um eine Kleinigkeit niederzuschreiben." Dieses
kleine Zugeständnis erlaubte der Engel, und mit seinem eigenen
Blut schrieb der Mann: „O Mensch, nütze dein Leben. Nicht
eine Stunde konnte ich für dreihunderttausend Dinare kaufen.
Sorge dafür, dass du den Wert deiner Zeit erkennst."
Vester,
Denken, lernen und vergessen,
Daniel
Schacter, The seven sins of memory
Kant,
Kritik der reinen Vernunft
Platon,
sämtliche Dialoge, Timaios
H.
G. Zeckel, Aristoteles' Physik, De anima/Über die Seele
Seneca,
Von der Kürze des Lebens
W,
Beierwaltes, Plotin Über Ewigkeit und Zeit
Augustinus,
Bekenntnisse
H.
L. Freese, Abenteuer im Kopf, Phil. Gedankenexperimente
R.
Walter, Gelassenwerden
M.
Heidegger, Sein und Zeit
E.
Fromm, Haben oder Sein
E.
F. Freitag, Kraftzentrale Unterbewusstsein
1 Das Wollen ist die Zielrichtung eines bestimmten Denkens
oder Handelns. Dem Wollen liegen bewusste Entscheidungen
zugrunde, die durch den Willen bestimmt werden.
2 Im der Sprache der Philosophie kann man zwischen einer
absoluten und einer relativen Bedeutung dieses Begriffs
unterscheiden. Das Gute wird einmal als Eigenschaft eines
Gegenstandes, Zustandes, Ereignisses,einer
Handlung verstanden, die diesen an sich zukommt. Gut wird auch noch
bezeichnet was gut zu oder für etwas
anderes ist. Das Gute meint dann die funktionale Brauchbarkeit von
Gegenständen, Tieren und Menschen
zu einem bestimmten Zweck. Die von Aristoteles begründete
praktische Philosophie behandelt das menschlich
Gute als letzten Willen menschlichen Wollens und Tun, das allein um
seiner Selbstwillen erstrebt wird.
3
Der Tierforscher und Psychologe Duane Rumbaugh von der Georgia
State University konnte in seinem Experiment für die NASA
beweisen, dass zwei Rhesusaffen nach drei Monaten Computerspiele mit
dem Joystick beherrschten.
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