Erschienen in Ausgabe: No 61 (3/2011) | Letzte Änderung: 14.02.13 |
Mayer, G./Odehnal, B.: Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa, Residenz Verlag, St. Pölten/Salzburg 2010, ISBN 9783701731756
von Michael Lausberg
Im Gegensatz
zu den westeuropäischen Ländern steckt die Forschung über extrem rechte
Parteien und Organisationen in den osteuropäischen Transformationsstaaten noch
in den Kinderschuhen. Mayer und Odehnal konzentrieren sich auf die extrem
rechte Szene in Ungarn, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Kroatien,
Serbien und Bulgarien. Diese Auswahl wird dadurch begründet, dass die Autoren
profunde Kenntnisse über diese Staaten besitzen.[1]
Ungarn nimmt in dem Buch einen breiteren Raum ein, da dort die extremen Rechten
besonders erfolgreich sind (Jobbik bekam 17% bei den Parlamentswahlen 2010).[2]
Die Hetze der extremen
Rechten betrifft vor allem die Sinti und Roma Juden, Homosexuelle, linke
Aktivisten und das liberal-kapitalistische Regierungssystem.
Die beiden
Autoren liefern als Hintergrundinformation eine kurze Einführung in die
Geschichte der jeweiligen Länder, ohne die es nahezu unmöglich ist sowohl die
Ideologie als auch die verschwörungstheoretischen Phantasien der extrem rechten
Parteien und Organisationen zu verstehen
Die rechten
Parteien und Organisationen vertreten einen vulgär-antikapitalistischen Kurs,
der sich gegen Globalisierungstendenzen, die Europäische Union sowie die NATO
richtet. Es bestehen intensive Verbindungen zwischen deutschen und
österreichischen Rechten und ihren Gesinnungsgenossen in Osteuropa. Besonders
die tschechischen neonazistischen Organisationen orientieren sich am Habitus
und den Aktionsformen der NPD und den „Autonomen Nationalisten“ in der
Bundesrepublik.
In Ländern wie
Ungarn, der Slowakei oder Bulgarien sind die extremen Rechten keine
randständige Erscheinung. Stattdessen sind sie mit ihren Forderungen in der
„Mitte der Gesellschaft“ angekommen und erreichten teilweise unerwartete
Wahlerfolge (Jobbik, Ataka). Viele dieser extrem rechten Parteien und
Organisationen orientieren sich in ihren ideologischen Programmen an der „heilen“
Vergangenheit, die dem demokratischen Gedanken entgegengesetzt wird: „Die
meisten der neuen rechtsextremen Bewegungen entwickeln ein nahezu sektierisches
Verlangen, die mit ihren Staats- und Religionsgründern verbundenen
mittelalterlichen Staatslehren wiederzubeleben und an die Stelle der
Vrefassungen der ‚verrotteten’ Demokratien zu setzen. Ungarns Partei ‚Jobbik’
träumt von der ‚Lehre von der Heiligen Krone’, Serbiens ‚Obraz’ von der
Theologie des heiligen Sava, der bulgarische Nationalbund von einem ethnisch
reinen, ‚arischen’ Bulgarien.“[3]
Insgesamt
gesehen ist dieses Buch, das im journalistischen Stil verfasst wurde, als
Einführung in das Thema zu empfehlen. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung
mit den extremen Rechten in Osteuropa kann es aber nicht ersetzen. Andere
wichtige Länder wie Russland, Polen, Rumänien und die Ukraine werden nicht
behandelt, was nicht als Vorwurf zu verstehen ist. Es wird leider nicht
thematisiert, ob die osteuropäischen extremen Rechten wie in westeuropäischen
Ländern einen antimuslimischen Rassismus propagieren.
Lobenswert zu
erwähnen sind die weiterführenden Literaturhinweise am Ende des Buches für
jedes einzelne Land. Eine Auflistung von antifaschistischen Organisationen oder
Einzelpersonen in den jeweiligen Ländern fehlt allerdings.
[1] S. 8
[2] S. 12
[3] S. 15
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