Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 04.05.11 |
von Egidius Schwarz
In Anbetracht der doch wohl gravierenderen Übel in der Welt
scheint die Causa Guttenberg wie ein zuhöchst inszeniertes und dazu noch wie
ein zuhöchst sekundäres Problem – sieht man auf die derzeitige Weltlage mit
ihrem Leid und Tod. All diese Themen waren zwei Wochen fast ausgeblendet, wären
nicht Libyen und der wirre Gaddafi dazwischengekommen. Aber auch der Aufstand
in Libyen wirkte gegenüber dem Fall Guttenberg wie ein angehängtes Ereignis der
Weltgeschichte.
Die Causa Guttenberg war nicht das Thema des sogenannten
kleinen Mannes, der gar nicht die Zeit hatte, sich über das Phänomen Guttenberg
zu mokieren, weil ihm selbst der Doktortitel so fremd wie eine Reise zum Mond
ist, sondern es war die mal mehr, mal weniger gebildete Journalie, allen voran natürlich
die findigsten und engagiertesten Jakobiner und Robersspiereanhänger, die diesmal
Köpfe rollen sehen wollten. Der kleine Mann hält auch nach dem Fall des
Ministers zumindest in Umfragen (85 Prozent) zum Freiherrn. Doch das politische
Feuilleton hat gesiegt und kann sich genüßlich zurücklehnen – die Causa
Guttenberg ist vorerst erledigt.
Was an dieser so bemerkenswert in den letzten Wochen schien,
war der Ingrimm, die Boshaftigkeit und Häme mit der der Verteidigungsminister nach
allen Regeln der Kunst bloßgestellt wurde. So ein Engagement in einer Sache hatte
es lange nicht in der deutschen Öffentlichkeit gegeben, auch die Inbrunst mit
der die politisch-korrekten Entscheidungsträger und Gutmenschen letztendlich
zum Autodafé schritten, hatte selbst
Bundeskanzlerin Angela Merkel überrascht.
Sicherlich, Guttenberg hat geirrt und betrogen – nur die Form
und das Ausmaß wie dies nun gemessen wird, erschreckt dann doch. Auch der Ton
der Häme, der oft das Niveau von Pennälern kaum erreicht hatte, wirft letztendlich
auch einen Blick auf unsere neue und schöne Medienwelt. Ist das Urteil gefällt,
geht es nur noch um einen raschen Urteilsvollzug, Hauptsache mit viel Lärm und
Getöse.
Das viele der Urteilenden es selbst nicht recht mit der
Wahrheit halten, ist dabei völlig egal, ist das Opfer erst einmal ausgemacht
und eingekreist. Und auch im persönlichen Umfeld werden Stimmen laut, die mit
Unlauterkeit Karriere gemacht haben. Zu schnell wird allemal vergessen, daß,
wer ohne Sünde ist, den ersten Stein werfen soll (Johannes 8,1-11; Römer
3,23.24). Aber wer ist das schon? Auch die, die das Wort Verzeihen im Munde
führen, viel darüber schreiben und sich als Gutmenschen par excellence
ausgeben, sind letztendlich die allerschlimmsten Vernichter und fordern
rigorose Bestrafung. Etwas hat die Sache Guttenberg in aller Nachdrücklichkeit
gezeigt: Ein Fehler wird um keinen Preis verziehen, vielmehr umgekehrt zeigt
sich das Tribunal der Gerechten als eine Klasse, vor der man wirklich Angst
haben muß, die, so ist es noch nicht, letztendlich vielleicht irgendwann auch
physische Gewalt fordern wird. Diesmal war es nicht das Volk, das wie im alten
Rom über Gedeih und Verderben entschied, sondern die politische Klasse und ihre
feuilletonistischen Kampfhunde, die gezeigt haben welche Kraft in ihnen steckt.
Und Guttenberg wird sich wie der Candide von Voltaire
vorkommen, der zwar nicht aus einem Schloß vertrieben wurde, wohl aber um ein
Stück weit um sein Selbstbild korrigiert worden ist. Auch ihm wird das Autodafé
wie die Vertreibung aus dem Paradies vorkommen und seinem Optimismus von der
besten aller möglichen Welten à la Leibniz einen Dolchstoß verpaßt haben. Auch
er, der sein Traumland El Dorado verlassen hat, wird ein Reisender werden, der
unruhig wandernd die nächsten Jahre an einem möglichen Comeback arbeiten wird,
doch bis dahin wird es ihm vielleicht wie Candide ergehen, der vom Schicksal
auf die merkwürdigsten Pfade geführt wird. Und wie Candide wird er vorsichtiger
und selbstkritischer werden – eine Entwicklung, die dem Persönlichkeitsprofil
des immer selbstzentrierten Guttenbergs wohl auch nicht schaden kann, denn die
Schuld an seinem Schicksal kann er nur noch an sich selbst delegieren. Und
bevor er wieder einen Kommandanten der Gorch Fock absetzen kann, ohne dessen
Schuld nachzuweisen, wird er vielleicht zu der bescheidenen Ansicht kommen –
ganz wie einst Voltaires Candide – daß man zuerst seinen eigenen Garten pflegen muß („Il faut
cultiver notre jardin“).
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Warszawski 02.03.2011 18:57
Die rohe, korrupte, korrumpierende politische Kaste Deutschlands hat keine Werte zu verlieren. Nun verleugnet sie ihre eigenen Interessen, annehmend, dass sie vom Plebs gelobt wird. Guttenberg sollte sich glücklich schätzen, dieser Organisation entkommen zu sein.