Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 19.04.11 |
von Rainer Westphal
Die Bild-Zeitung ist wieder zu
einer Propaganda-Aktion ohnegleichen angelaufen. Mit der Überschrift
„Hartz-IV-Schande“ dürfte sie allerdings den Nagel auf den Kopf getroffen
haben; dahingehend, wie man in dieser Gesellschaft mit Erwerbslosen,
insbesondere mit den Langzeitarbeitslosen, in dieser Republik umgeht.
Es dürfte mittlerweile bekannt
sein, dass die Grundrechte der Betroffenen mit der Floskel „Fördern und
Fordern“ und „Aktivierender Sozialstaat“ ausgehebelt werden. Auch dürfte
bekannt sein, dass die bestehende Arbeitslosigkeit aufgrund der Tatsache
vorhanden ist, dass man bewusst diese zwecks Senkung der Lohnstückkosten deshalb
den „Arbeitsmarkt“ im Ungleichgewicht hält. Die Ursache dieser Arbeitslosigkeit
dürfte demnach nicht darin zu suchen sein, dass keine Arbeit vorhanden ist,
sondern Arbeit nicht angemessen bezahlt wird, um den Lebensunterhalt der
Betroffenen zu gewährleisten. Volkswirtschaftlich resultiert diese
Verhaltensweise aufgrund neoliberaler Vorstellungen, verbunden mit einem
Staatsmonopolkapitalismus (s. Kommentar bei Tabularasa). Dieses wird über die
Tatsache u. a. ersichtlich, dass dem Export zwecks „Weltgeltung“ mehr Gewicht
zugemessen wird als dem Inlandsmarkt. Die Bundesrepublik Deutschland wird aus
diesem Grunde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit demnächst als
Risikoland für die Weltwirtschaft von G20 angeprangert.
Tatsache ist auch, dass die
Bundesagentur für Arbeit in dieser Phase verzweifelt versucht, die in dieser
Situation absurde Definition „Fördern und Fordern“ aufrecht zu erhalten, um
eine weitere Absenkung des allgemeinen Lohnniveaus zu ermöglichen, ohne den
Verstoß gegen die Verfassung offenkundig werden zu lassen. Hierbei ist auch an
das Verbot von Zwangs- arbeit zu denken. Dieses dürfte auch der Grund, neben
vorhandener Geldgier, für die Propaganda einschlägig bekannter Medien sein.
Aus diesem Grunde werden von der
BAA Vermittlungsvorschläge herausgegeben, welche von vornherein als
aussichtslos anzusehen sind. Mit Bewerbungen aufgrund von Zeitungsanzeigen dürfte
es sich ähnlich verhalten, da sich diese nur an einen erlauchten Kreis von
Bewerbern richtet. Erwerbslose, welche bereits 400 bis 500 Bewerbungen
geschrieben haben, dürften verständlicherweise keinerlei Motivation haben,
sinnlose Schriftsätze zum Ärgernis der Unternehmen zu erstellen. Dieses ergibt
sich u. a. aus der Tatsache, dass ältere Arbeitnehmer ab 45 Jahren kaum eine
Tätigkeit mehr finden. Das betrifft auch jüngere Arbeitnehmer, welche über
geringe oder keine Berufserfahrung verfügen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass
Arbeitgeber in einer Absage niemals behaupten dürfen, dass der Bewerber zu alt
ist, um den geforderten Ansprüchen hinsichtlich der Produktivität zu genügen.
Auch ist es ein offenes Geheimnis, dass ein Arbeitnehmer, welcher mit dem Makel
von Hartz-IV oder längerer Erkrankung behaftet ist, in den seltensten Fällen noch
eine Anstellung findet.
Eine Statistik, welche das
beschriebene Elend widerspiegelt, ist nicht vorhanden. Eine Statistik darüber,
dass Familienangehörige und Tafeln die Betroffenen unterstützen, fehlt ebenfalls.
Angaben darüber, welche Arbeitnehmer in ein Praktikum verschoben wurden, zwecks
„Erlernung“ gewisser Fähigkeiten, fehlt ebenfalls. Eine Statistik darüber, wie
oft Arbeitnehmer zu absurden Lehrgängen geordert werden, um u.a. das Schreiben
von Bewerbungen zu erlernen, liegen auch nicht vor. Dass die Statistik des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales permanent einer objektiven Fälschung
unterliegt, eingeleitet durch den ehemaligen Bundesministers Olaf Scholz,
bestreitet mittlerweile niemand mehr. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die
Frage, welcher Beweis noch erbracht werden muss, um die unredliche
Verhaltensweise der Politiker zwecks Machterhalt sichtbar zu machen. So werden
zum Beispiel erwerbslose Arbeitnehmer ab dem 58. Lebensjahr einfach aus der
Statistik entfernt.
Die Behauptung, dass die Senkung
der Lohnkosten voll zu Lasten der Arbeitnehmer und letztendlich zu Lasten des
Steuerzahlers erfolgt, ist berechtigt. Man denke in diesem Zu- sammenhang an
den Zynismus, dass ca. 1,4 Millionen Aufstocker über die Bundesagentur
finanziert werden, und deren Finanzierungslücke dann über den Sozialhaushalt.
Besonders zynisch dürfte die Behauptung sein, dass die Bundesagentur für Arbeit
dann aus finanziellen Gründen nicht dazu in der Lage wäre, Arbeitlosengeld I länger,
und Übergangsgeld zu ALG-II, zu zahlen.
Dieses Problem ließe sich durch
einen flächendeckenden Mindestlohn zum größten Teil beseitigen. Ein
Unternehmen, welches in dieser Republik nicht dazu bereit oder nicht dazu in
der Lage ist, Löhne oder Gehälter zu zahlen, welche den Lebensunterhalt der
Betroffenen deckt, haben in dieser Republik nichts zu suchen (Zitat von Henry
Ford). Eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit für eine andere Verhaltensweise
existiert nicht.
Im Gesamtzusammenhang kann
festgestellt werden, dass die Propaganda gewisser Medien zum Ziel haben, das
neoliberale System der Umverteilung von unten nach oben zu stützen, um von den
eigentlichen politischen Absichten abzulenken. Der Verfasser hat im Kommentar
„Warum narzisstische Verhaltensweisen die Gewalt fördern“ sehr deutlich auf negative
Konsequenzen hingewiesen (s. Kommentar: „Warum eine narzisstische Gesellschaft
seelische Gewalt fördert“.). Es stellt für den Verfasser keine Überraschung
dar, was keine Rechtfertigung beinhaltet, dass regelmäßig in Hamburg
Nobelkarossen von Unbekannten angezündet werden.
Man sollte sich auch darüber klar werden, was es bedeutet, wenn die
Bundesagentur für Arbeit bereits aus Verdachtsgründen, belegt durch anonyme
Anzeigen, Sanktionen verhängen kann.
Die BAA arbeitet nach §18 mit
anderen Behörden wie Krankenversicherungen, Finanzbehörden, Behörden zur
Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (Zoll), Trägern der
Unfallversicherung, zuständige Landesbehörden für den Arbeitsschutz, Renten-
versicherungsträgern und Trägern der Sozialhilfe zusammen.
Diese Zusammenarbeit soll zum
Beispiel verhindern, dass u .a. Verstöße gegen nachstehend aufgeführte Gesetze
erfolgen. Auch in diesen Fällen sind
anonymen Anzeigen nachzugehen, was dem Denunziantentum Vorschub leistet:
Steuergesetze wie zumeist Umsatzsteuer
Aufenthaltsgesetz
Unterschlagung von Sozialversicherungbeiträgen
Unterschlagung von Kranken- , Pflege-, Unfall- und Rentenversicherung
Beschäftigung von Ausländern
Schwarzarbeit
Nicht genehmigte Leiharbeit
Meldepflichten der Arbeitgeber
Nach Auffassung des Verfassers
würde die Ahndung von Verstößen gegen die Steuergesetze, insbesondere der
Umsatzsteuer, Beträge ergeben, welche in keinem Verhältnis zu den „Erlösen“ aus
Sanktionen der BAA stehen. Allerdings wird es seit Jahren unterlassen, Personal
für notwendige Betriebsprüfungen einzustellen.
Aus den vorgenannten Gründen wird
die undifferenzierte Berichterstattung einer Bildzeitung für perfide und
brandstifterisch gehalten. Perfide und brandstifterisch deshalb, weil diese Berichterstattung
an die niedersten menschlichen Instinkte appelliert. Es wird daran erinnert,
dass in Zeiten der Vollbeschäftigung ein Bodensatz von ca. 700.000 Menschen
vorhanden war, welche daraus resultierte, dass der kurzfristige Zeitraum
zwischen Aufgabe und Neueinstellung einer Tätigkeit über Arbeitslosengeld
finanziert wurde.
Es kann aus der Sicht des
Verfassers nicht möglich sein, dass Erwerbslose heute fauler sind als in den
70er Jahren. Tatsache dürfte sein, dass Millionen Menschen mittlerweile total
demotiviert sind. Der psychologische und daraus resultierende Schaden dürfte
nicht in der Höhe quantifizierbar sein.
Mit anderen Worten, das Verhalten
der einschlägig bekannten Presse lässt den Verdacht zu, dass offensichtlich aus
Geld- und Machtgier eine andere Republik angestrebt wird.
Aus dem Parteiprogramm der
Sozialdemokraten (2002-2006) geht nachstehendes hervor und bedarf keinerlei
weiterer Erläuterung:
„Wir bekennen uns zu unserer
Verantwortung gegenüber den Schwächeren in dieser Gesellschaft. Deswegen wollen
wir im Rahmen der Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe keine Absenkung der
zukünftigen Leistungen auf Sozialhilfeniveau.“
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