Erschienen in Ausgabe: No 65 (7/2011) | Letzte Änderung: 14.02.13 |
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Seit nunmehr fast einem Jahr
bekleidet Christian Wulff das Amt des Bundespräsidenten. Aufsehen erregte Wulff
durch seine Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2010, als
er davon sprach, dass der Islam ebenso wie das Juden- und Christentum zu
Deutschland gehören würde. Seine Aussage zog eine Vielzahl von Kontroversen
nach sich. Seither ist es verhältnismäßig ruhig um Wulff geworden. Der Mann,
der einst in der Debatte um Managergehälter keinerlei Geschichtsbewusstsein
bewies und vor einer Pogromstimmung gegen Manager warnte, zieht es eher vor,
Flugmeilen zu sammeln und die Bundesrepublik im Ausland zu repräsentieren, als
sich den Debatten im Inland zu stellen. Über zukunftsweisende Fragen zur Energiegewinnung,
zum Euro oder zu den Griechenlandhilfen schweigt Wulff beharrlich.
Flugmeilensammler ohne Ziel
Zum Amtsantritt reiste Wulff nach
Frankreich, Belgien, Südafrika, Polen, Österreich und Italien. Mit der Schweiz,
Türkei, Russland, Katar, Kuwait, Spanien, Portugal, Mexiko, Costa Rica,
Brasilien und Israel sowie den Palästinensergebieten folgten schnell weitere
Reiseziele. Als erster deutscher Politiker hielt Wulff eine Rede vor der Nationalversammlung
der Türkei und griff das Thema Integration erneut auf. Wulff, der allzu gerne
ein Präsident aller in Deutschland lebenden Menschen wäre, gab zu Beginn seiner
Kandidatur für dieses Amt als Ziel an, Hoffnung und Optimismus zu verbreiten.
Euphorie hat er nie entfacht,
dennoch haben seine anfänglichen Versuche, sich in die Integrationsdebatte
einzuschalten, Anlass zur Hoffnung gegeben, dass er sich zumindest stärker zu
aktuellen Themen äußern würde. Seinem Ziel, Hoffnung und Optimismus zu
verbreiten, ist er fern geblieben. Viel zu selten meldet er sich zu Wort und
viel zu häufig ist er aufgrund einer Dienstreise abwesend. Scheinbar ziellos
wandelt Wulff umher. Er hat seine Linie, die er verfolgen möchte, sein Thema,
dem er sich während seiner Amtszeit widmen will, noch immer nicht gefunden.
Wulff und die ewige Suche nach Profil
Wulff tut sich sichtlich schwer
mit dem Amt des Bundespräsidenten. Er ist immer noch nicht angekommen in seiner
nunmehr fast einjährigen Rolle als Bundespräsident. Die Frage, ob er jemals
ankommen wird, stellt sich. Je länger seine Amtszeit andauert, desto
wahrscheinlicher scheint es, dass er wohl als dröger, profilloser und zielloser
Präsident in die Geschichtsbücher eingehen wird.
Weder die Bürgernähe noch das
Abhalten von Redebeiträgen liegen ihm. Redegewand wie Joachim Gauck oder
Richard von Weizsäcker ist Wulff nicht. Er wirkt geradezu unsicher, ja fast
schon gequält, bei der Formulierung seiner Beiträge. Da sehnt sich der eine
oder andere nach dem charismatischen Gauck und dessen tiefgehenden, wohl
durchdachten und ruhig formulierten Redebeiträgen.
Wulff zieht es eher vor, zu
repräsentieren, als sich verstärkt in Debatten einzubringen. Sicherlich ist die
Repräsentation eine der Hauptaufgaben des Bundespräsidenten. Allerdings obliegt
es dem Bundespräsident, neben den repräsentativen Aufgaben, auch die Macht der
Rede zu nutzen. Als sich Wulff zu Beginn seiner Amtszeit der
Integrationsdebatte anzunehmen schien, konnte man noch hoffen, dass er sich
dieser Macht durchaus bewusst wäre. Schnell zeichnete sich jedoch ab, dass seine
seltenen Redebeiträge weitestgehend bedeutungslos bleiben würden.
In der Rolle des Präsidenten
wirkt er zunehmend verkrampft. Die Bürde dieses Amtes scheint für ihn immer
stärker zur Belastung zu werden. Seine vielen Reisen zeugen von einem gewissen
Fleiß, wirken bisweilen aber auch wie eine Art Flucht.
Die Sehnsucht nach einer
Persönlichkeit, die das Amt zu nutzen und auszufüllen weiß, wird unter Wulff wohl
weiter wachsen.
Profil zeigen, dazu hätte Wulff
unzählige Möglichkeiten in dieser Zeit. Themen wie Integration, Europäische
Union, regenerative Energiegewinnung, all jene Unwägbarkeiten, verlangen
geradezu nach einer zukunftsweisenden Positionierung und Profilierung.
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