Erschienen in Ausgabe: No 67(9/2011) | Letzte Änderung: 31.01.13 |
von Rainer Westphal
Der Kompromiss der politischen
Parteien der USA in Sachen Staatsverschuldung dürfte ein klarer Hinweis darauf
sein, dass die von Ronald Reagan eingeleitete Umverteilung von unten nach oben (Reaganomics) an ihre Grenzen gestoßen ist.
Die Staatsverschuldung wird
stufenweise um über 2 Billionen US-$ angehoben, um die Zahlungsunfähigkeit der
Vereinigten Staaten zu vermeiden. Gleichzeitig wurden die Termine zwecks
Behandlung dieses Themas so verlegt, dass vor der nächsten Wahl des Präsidenten
dieses Thema nicht mehr zu behandeln ist.
Es kann davon ausgegangen werden,
dass sich die Ultra-Konservativen, welche unter der Bezeichnung Tea-Party
vereinigt sind, sich zum größten Teil durchgesetzt haben.
Nachdem eine Umverteilung von unten
nach oben aufgrund der Staatsverschuldung bei einer Konsolidierung des
Haushalts wohl nicht mehr durchführbar sein dürfte, wird nunmehr die
Umverteilung der Staatsschulden von oben nach unten vorgenommen werden. Mit
anderen Worten, die Begüterten in diesem Land überlassen es den weniger
Begüterten, für die Konsolidierung des Staatshaushaltes aufzukommen. Um dieses
als Ungeheuerlichkeit zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass z.B. die
Arbeitslosenhilfe in den USA nur auf 5 Jahre im Leben der Amerikaner begrenzt
ist.
Darüber hinaus wird diese nur für
2 Jahre fortlaufend gezahlt. Danach erfolgen höchstens noch Hilfen von
kirchlichen- oder mildtätigen Organisationen. Wo man in diesem System noch die
Sozialausgaben kürzen kann, bleibt ein Geheimnis der politischen Akteure. Gemäß
Vereinbarung will man etwa 2 Billionen US-$ an Ausgabenkürzungen in den
nächsten Jahren vornehmen. Wenn dieses u. a. über die Beendigung militärischer
Einsätze geschehen würde, dann könnte
dieses Ziel als erreichbar angesehen werden.
Die Republikaner in
Zusammenarbeit mit den Mitgliedern der Tea-Party haben offen- sichtlich „festgestellt“,
dass eine weitere Staatsverschuldung, über den erzielten Kompromiss hinaus,
unerwünscht sein dürfte. Die Globalisierung der exorbitanten Kriegskosten über
eine Abwertung des US-Dollars ist nicht, wie im Jahre 1973, durchführbar. 1973
wurde u. a. auf Anraten von Milton Friedman (1) das Weltwährungssystem von
Bretton-Woods einseitig aufgekündigt. Es erfolgte eine Abwertung des US-Dollar
und somit eine Aufwertung der Währungen der ehemaligen Mitgliedsländer und
Vertragspartner. Notwendig wurde die Vorgehensweise der USA, da aufgrund des
Vietnam-Krieges eine Aufblähung der US-Währung erfolgte. Die damalige DM war
eine beliebte Fluchtwährung wie heutzutage der Schweizer Franken. Die Turbulenzen
auf dem Währungssektor, die damals die Weltwirtschaft belasteten, sind offensichtlich
in Vergessenheit geraten.
Es wird in den USA, aus
nachvollziehbaren Gründen, die Irrlehre verbreitet, dass Steuererhöhungen zu
einer Beeinträchtigung der Konjunktur beitragen, und die Steigerung von Sozialausgaben den
Haushalt zusätzlich belasten würden. Es werden die Thesen von Milton Friedman, im Eigeninteresse der Kapitaleigner,
verbreitet, ohne überhaupt daran zu denken, dass dieser zum Beispiel die
Notwendigkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens hervorgehoben hat. Es wird
ein neoliberaler Freiheitsbegriff verbreitet, der aus dem 18. Jahrhundert
stammt, aus einer Zeit, wo der Sklavenhandel florierte. Die Tea-Party-Bewegung
kann als ein amerikanisches Phänomen bezeichnet werden. Die von dieser Bewegung
verbreitete Weltanschauung beruht u. a. auf Thesen von Adam Smith und einem
Menschenbild, welches nicht mehr in diese Zeit gehört.
Sollten die USA tatsächlich die
angekündigten Kürzungen im Sozialhaushalt vornehmen, so dürfte von ernsten
innenpolitischen Problemen dieses Landes auszugehen sein. Die neoliberalen Thesen,
dassnur Steuererleichterungen die
Konjunktur und somit die Arbeitsplätze erhält, dürfte nicht mehr vermittelbar
sein. Darüber hinaus sind Maßnahmen der Haushaltskonsolidierung aus
konjunkturpolitischen Erwägungen äußerst riskant und beinhalten ein Sinken des
Steueraufkommens und somit weitere Sparmassnahmen. Die Schere zwischen armen
und reichen Bürgern der USA endet in einer Zerreißprobe. Da helfen auch nicht
die besonderen Strukturen und die zweifellos vorhandenen positiven geographischen
Gegebenheiten, welche in den USA im Gegensatz zu Europa vorhanden sind.
Wenn einige selbsternannte
Wirtschaftsexperten der Meinung sind, dass die Spar- oder Kürzungsmaßnahmen in
den USA keinen Einfluss auf die Volkswirtschaften in Europa haben werden, dann
unterliegen diese einem Irrtum. Es gibt in diesem Lande leider Elemente, die
lauthals verkünden, dass die Bundesrepublik Deutschland sich neue Märkte gesucht
hätte, und deshalb keinen negativen Einflüssen unterliegen würden. Wie bereits immer
wieder erwähnt, wären gewisse Experten gut beraten, sich daran zu erinnern, dass
es auch noch einen Binnenmarkt gibt.
Die Zukunft wird zeigen, dass nur
ein Europa, welches sich als ein geschlossenes System versteht, und zu einer
politischen Einigung fähig ist, exogenen, negativen Einflüssen widerstehen
kann.
Die zu erwartenden Finanzierungsprobleme
über Staatsanleihen, welche auf Italien überzugreifen drohen, lassen sich nur
über die Schaffung von Euro-Bonds beseitigen. Hierzu gehört, dass die
Krisenländer künftig keine eigenen Anleihen mehr herausgeben dürfen. Mit
starken Wechselkursschwankungen ist künftig zu rechnen. An den Börsen und den
sogenannten Finanzmärkten dürfte sich die Unruhe extrem verstärken. Auf
Maßnahmen zwecks Eindämmung der internationalen Spekulation konnte man sich
bisher nicht einigen.
(1) Milton Friedman und der
Sozialstaat: www.tabularasa-jena.de/artikel/artikel_3021
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