Erschienen in Ausgabe: No 76 (6/2012) | Letzte Änderung: 12.02.13 |
von Heike Geilen
Liebe und nichts als Liebe
Aus der Weltgeschichte sind berühmte Paare nicht wegzudenken. Sorgten im
Altertum Cleopatra und Marcus Antonius für Schlagzeilen, so kannte die Frühe
Neuzeit Katharina von Bora und den Reformator Martin Luther. Im 19. Jahrhundert
wiederum wurde das Auffällige in der Beziehung zwischen George Sand und Chopin
diskutiert, deren Rollen vertauscht zu sein schienen. Er, der feminin-sensible,
feinfühlig-introvertierte Klaviervirtuose verliebt sich in die maskulin wirkende
Schriftstellerin George Sand, die er zu Beginn durch und durch unsympathisch
findet: "Ist's denn wirklich eine Frau?". Das 20. Jahrhundert
schließlich wartete mit nicht minder öffentlich diskutierten Romanzen auf. Sei
es nun das kapitale Missverständnis von Aristoteles Onassis und Maria Callas,
die Liebe auf Droge von Kurt Cobain und Courtney Love oder das
Aufeinandertreffen der zwei Diven Sinatra und Gardner.
"Im Fokus dieses Buches stehen Paare, bei denen beide Beteiligten
unabhängig voneinander einen gewissen Grad an Berühmtheit erlangt haben, also
nicht nur durch eben diese Beziehung zu Ruhm gekommen sind (womit
beispielsweise Paare wie Goethe und Christiane Vulpius, Prinz Charles und Lady
Di oder auch Helmut und Loki Schmidt ausscheiden).", erklärt Christoph
Nettersheim im Vorwort zu seinem Buch. 50 Paare nimmt der Autor "unter die
Lupe", berichtet vom Gelingen oder (größtenteils) Scheitern im Hinblick
auf ihren gesellschaftlichen Bekanntheitsgrad. Dies ist zugleich der rote
Faden, der sich durch das Buch zieht: Macht es einen Unterschied, ob die Liebe
von vielen Augen "begutachtet", beurteilt und kommentiert wird?
Welche Rolle spielen Liebe und Macht? Schlägt eine öffentliche Leidenschaft
schneller in Hass und Zerstörung um?
Gegliedert in zehn Kapitel greift Christoph Nettersheim nur Sequenzen der
einzelnen Verbindungen heraus und sortiert sie nach dem herausstechenden
Wesensmerkmal der Beziehung in seine gewählten "Kategorien" ein. So
landen Richard Burton und Elisabeth Taylor bzw. Berthold Brecht und Helene
Weigel unweigerlich in "Heiter bis stürmisch", Pierre und Marie Curie
sowie Rainer Maria Rilke und Lou Andreas-Salomé stehen geradezu prädestiniert
für das Kapitel "Seelenverwandt". Schwieriger wird es bei der
Kategorisierung "Heiratspolitik": Waren John F. und Jackie Kennedy
wirklich das ideale Paar? Eine "Verbotene Liebe" wiederum lebten
zweifelsohne Oscar Wilde und Lord Alfred Douglas oder Ingrid Bergmann und
Roberto Rossellini. "Viele Geschichten hätten genauso gut unter einem
anderen Schlagwort stehen können", stellt Nettersheim folgerichtig fest,
denn "in der Liebe verbietet sich eigentlich ohnehin jede
Kategorisierung."
Auf jeden Fall ist ein anregendes, kleines Kompendium entstanden, das
letztendlich aufzeigt, dass Liebe immer ein Abenteuer mit völlig ungewissem
Ausgang bleibt. Franz Kafka formulierte es einmal treffend: "Auch ist das
vielleicht nicht eigentlich Liebe, wenn ich sage, dass Du mir das Liebste bist;
Liebe ist, dass Du mir das Messer bist, mit dem ich in mir wühle." Eines ist
jedoch unumstritten und wurde von Alfred Polgar kurz und knapp auf den Punkt
gebracht: "Liebe ist ein privates Weltereignis." Dabei ist es völlig
egal, ob sie von großen Staatenlenkern, Künstlern, Popstars gelebt wird oder
"nur" von Ihnen oder mir.
Christoph
Nettersheim
Berühmte Paare der Weltgeschichte
50 liebevolle Episoden
Bucher
Verlag, München (März 2012)
224
Seiten, Gebunden
ISBN-10:
3765818976
ISBN-13:
978-3765818974
Preis:
19,95 EURO
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