Erschienen in Ausgabe: No 79 (9/2012) | Letzte Änderung: 13.02.13 |
von Michael Lausberg
Die Ruderin, Nadja Drygalla, langjährige Freundin eines
bundesweit bekannten Neonazis, verließ das olympische Dorf und behauptet allen
Ernstes, sich von jeglichem neonazistischen Gedankengut zu distanzieren.
Die Rostockerin Nadja Drygalla ruderte bei den Olympischen
Spielen im Deutschland-Achter der Frauen. Als dann durch einen Artikel einer
antifaschistischen Gruppe öffentlich gemacht wurde, dass ihr Freund Michael
Fischer ein bundesweit bekannter Neonazi ist, verließ sie vorzeitig das
olympische Dorf. Ob dies auf Druck der Teamleitung geschah oder aus freien
Stücken, kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden.
Drygalla ist die Freundin von Michael Fischer, der 2011 für
die NPD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern antrat und eine enge
Verbindung zu den Nationalen Sozialisten Rostock (NSB) pflegt. Fischer war
früher selbst Ruderer. Am Mittwoch erschien auf der Interseite der
antifaschistischen Gruppe „Kombinat Fortschritt“ ein Beitrag, der auf die
Verbindung Drygallas zur neonazistischen Szene hinwies. Einen Tag später wurde
Drygalla zur Teamleitung bestellt. Nach einem Gespräch mit Drygalla hatte
Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
den Eindruck, sie bewege sich „auf dem Boden des Grundgesetzes und der
olympischen Charta.“[1]
Hans Sennewald, Vorsitzender des Landesruderverbandes Mecklenburg-Vorpommern,
war nach kurzer Konversation mit Drygalla davon überzeugt, dass sie sich „offen
von rechtsextremen Gedankengut distanziert.“[2]
Die Distanzierung Drygallas von neonazistischen Ideologemen
kann nur als taktische Lüge bezeichnet werden. Wenn Drygalla eine Partnerschaft
mit einem bekennenden Neonazi pflegt, muss sie entweder seine Einstellung
tolerieren oder mit ihr sympathisieren. Dass beides nicht hinnehmbar ist,
dürfte Konsens sein. Wenn sie sich vom extrem rechten Gedankengut distanzieren
würde, hätte sie sich von Fischer trennen müssen. Als die Polizeibehörde in
Rostock von ihrer Beziehung zu Fischer erfuhr, gab es ein Gespräch mit ihr
verbunden mit der Aufforderung, ihre Beziehung mit Fischer aufzugeben. Ein
Beamter erklärte, dass eine Trennung oder Distanzierung von ihrem
neonazistischen Freund nicht in Frage kommen würde: „Drygalla hat in dem
Gespräch klargemacht, dass sie sich in ihren privaten Lebensweg nicht
hineinreden lässt.“[3]
Wie sich immer mehr herausstellt, hätte dieser Skandal im
Vorfeld vermieden werden können. Der Landesruderverband Mecklenburg-Vorpommern
wusste seit Jahren von dem Verhältnis Drygallas mit dem Neonazi Fischer, das
Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern seit Frühjahr 2011. Ein einfacher
Ausschluss Drygallas aus der Sportförderung oder spätestens ein Ausschluss im
Vorfeld aus der Olympiamannschaft wäre zwingend notwendig gewesen.
Die rechte Szene sehen Drygalla als eine der ihren an, es
gibt eine Facebook-Seite, auf der zur Solidarität mit ihr aufgerufen.[4]
Ihr Freund Michael Fischer ist einer der führenden Vertreter
der neonazistischen Gruppe Nationale Sozialisten Rostock (NSR). Im Februar 2012
war er an einem Angriff auf die Gedenkkundgebung für den von der NSU ermordeten
Mehmet Turgut in Rostock-Toitenwinkel beteiligt. Fischer trägt ein Tattoo mit
einer schwarzen Sonne, das ein Symbol aus mehreren stilisierten Hakenkreuzen
darstellt und früher ein Zeichen der SS war.
Die NSR orientieren sich am „nationalrevolutionären“
Gedankengut der NSDAP-Größen Georg und Otto Strasser. Otto Strasser gründete
1930 mit einem kleinen Kreis von Anhängern eine „Kampfgemeinschaft
revolutionärer Nationalsozialisten“ und veröffentlichte 1933 „Vierzehn Thesen
zur deutschen Revolution“, in denen er vor einer angeblichen Bevormundung durch
das „artfremde Judentum“ warnte.[5]
Getreu ihrem Motto „National im Herzen, sozialistisch im
Geist, revolutionär im Handeln!“ postulieren die NSR den „nationalen
Widerstand“ gegen das „System BRD“: „Egal welche Partei an der Macht ist, im
Grundsatz wird sich nicht viel ändern, da dieser Staat seit Jahrzehnten von
Vaterlandshassern und korrupten Politikern in den kulturellen, sowie
materiellen Ruin getrieben, und ohne Rücksicht auf Verluste ausgebeutet wird.
Deswegen fordern wir jeden einzelnen Deutschen mit unseren Aktionen auf,
endlich wieder etwas für unser Land und die Zukunft unserer Kinder zu tun. Denn
wenn wir weiter tatenlos zusehen, wie man die multikulturelle Gesellschaft
vorantreibt, wird es nicht mehr lange dauern und die demographische Katastrophe
ist nicht mehr aufzuhalten.“[6]
Gemäß der Doktrin der NSR sei in der BRD „eine Politik der
Fremdinteressen entstanden, da „nach der Kapitulation vom 8.5.1945“ eine
„Umerziehung ganz nach der Willenslust der Sieger“ erfolgte, deren „fatale
Auswirkungen wir heute jeden Tag aufs Neue auf der Straße sehen“ würden.[7]
Rassistische und völkische Elemente verbunden mit einem kruden Antikapitalismus
bestimmen die Ideologie der NSR: „Der heutige Zeitgeist ist geprägt von diesen
volkszerstörenden Elementen wie Multikultur, Kapitalismus und Globalisierung.
Die Völker hingegen haben sich im Verlauf der Geschichte bewährt und den Menschen
zu dem einzigen Kulturwesen aller Lebewesen gemacht. Die Vermischung von Kultur
und Rassen degradiert den Menschen zu einem Massenwesen, was einzig und allein
im Dienste des Kapitals steht.“[8]
Literatur
-Aachener Nachrichten vom 4.8.2012
-Bild am Sonntag vom 5.8.2012
-Wistrich, R.S.: Wer war wer im Dritten Reich.
Ein biographisches Lexikon, München 1983
-http://info-rostock.org/die-nsr/
-http://info-rostock.org/volker-statt-one-world/
-www.facebook.com/SolidaritatMitNadjaDrygalla
[1]
Aachener Nachrichten vom 4.8.2012, S. 7
[2]
Bild am Sonntag vom 5.8.2012, S. 58
[3] Ebd., S. 59
[4] www.facebook.com/SolidaritatMit
NadjaDrygalla
[5]
Wistrich, R.S.: Wer war wer im Dritten Reich. Ein biographisches Lexikon,
München 1983, S. 264
[6]
http://info-rostock.org/die-nsr/
(abgerufen am 27.7.2012)
[7]
Ebd.
[8]
http://info-rostock.org/volker-statt-one-world/
(abgerufen am 27.7.2012)
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Warszawski 12.08.2012 23:32
http://paxdiaboli.wordpress.com/2012/08/04/naziknacks/