Erschienen in Ausgabe: No 79 (9/2012) | Letzte Änderung: 13.02.13 |
von Jan Löw
Berlin
vergibt in diesem Jahr mehr als 100000 Bauaufträge. Improvisationstalent und
Kreativität gehört also zu den Berlinern. Nicht wenige kommen, um sich davon
anstecken zu lassen. Cyprien Gaillard, frisch mit dem „Young Artist Award“ der
Unternehmensberatung „A. T. Kearney“ und 10.000 Euro ausgezeichnet,
choreographierte dieser Tage ein Baggerballett vor dem Schinkelpavillon an der
Lindenoper für die Hippies der internationalen Kunstszene. Im Pavillon bleibt
als Erinnerung noch bis zum 21. Oktober ein Stelenfeld mit Plexiglas verhaubten
Baggermaulzähnen. „What it does to your city“ ist hier das wirklich gelungene
Motto.
Groß
ist auch das Loch, welches die Beerdigung der Kunstmesse „Art Forum Berlin“ im
Ego von Kunstberlin gerissen hat. Darüber wird nun der Slogan „Berlin Art Week“
gespannt. Von der Akademie der Künste bis zur Nationalgalerie wollen nun alle
zusammen arbeiten, um Berlin die Pole-Position beim Start in die herbstliche
Kunstmessesaison zu sichern. Mit dabei, die Muttermörder des „Artforum Berlin“
aus dem Vorstand der „Art Berlin Contemporary“. Mehrere von ihnen saßen
bekanntlich in der Berufungskommission der weltwichtigsten Messe „Art Basel“,
als Judy Lybkes „Eigen + Art“, Gitty Nourbakhsch und Mehdi Chouakri dort nicht
zugelassen wurden. Letzterer sitzt nun auf einmal mit im Vorstand, Lybke zeigt
sehr pointierte Assemblgen von Birgit Brenner. Gitty Nourbakhsch hat ihre
Galerie Segel leider gestrichen. Bis 16. September werden im ehemaligen
Postbahnhof an der Luckenwalder Strasse nahe des Gleisdreiecks 148
künstlerische Positionen von 129 Galerien gezeigt. Besonders bemerkenswert,
Chiharu Shiotas mit den Fingern in wunderbar rotem Pastell auf Papier
ausgedrückte Aversion gegen Linien, mit denen sie gewöhnlich Räume unendlich oft
durchzieht. Zu sehen bei Arndt.
Wilma
Tolksdorf sucht gerade in Berlin neue Räume und hängt die großformatigen
Naturstudien des Becherschülers Axel Hütte. „Taik“, bekannt als Schaufenster in
die finnische Kunstszene, präsentiert Nico Luoma. In wochelanger Arbeit setzt
er tausende Lichtfasern in einer analogen Laufbodenkamera auf ein Filmnegativ.
Für den Blick auf das 170x140 cm Positiv, gibt es scheinbar kein entrinnen.
Johnen
verblüfft mit Dokumentarfotografien von Jeff Wall. Sonst bekannt für Fotografien
in übergroßen Leuchtkästen, wird sein Lieblingsthema Authentizität hier anhand
von Aufnahmen eines Kostümhistorikers und dessen Fundstücken exerziert.
Brisant,
weil es sich bei den in den Abbildungen studierten Dokumenten um Nachweise des
historischen Berliner Kaufhauses Nathan Israel handelt.
Gleichzeitig
zur „Art Berlin Contemprary“ öffnete die „Preview“ im Hangar II des ehemaligen
Flughafens Tempelhof. Den Zusatz „The Emerging Art Fair“ haben Rüdiger Lange,
Kristian Jarmuschek und Ralf Schmitt im 8. Jahr nun sausen lassen. Dabei reicht
das Spektrum von etablierten Galerien über freie Kunsträume bis zu
Kunststudenten, die von Ihren Schulen präsentiert werden. Axel Anklams
Skulpturen sind Gestaltungswunder in Raum. Zu finden bei „Gloria Berlin“. Das Highlight
der „Preview“ ist zweifelsohne die Installation Cascade I des Mexikaners Javier
Marin, bei „Terreno Baldío Arte“.
In
der Akademie am Pariser Platz wird das lichtgrafische Spätwerk des Fotografen
Hans Hajek-Halke aus dem Fundus gezeigt. Wer heute digital fotografiert,
entdeckt hier eine ungekannte Welt. Unweit, in der Oranienburger Strasse, zeigt
„c/o Berlin“ Jörg Sasses fotografische Suche nach Oberflächenstrukturen und
Farben und über 150 Vintage Prints aus den Händen der berühmtesten Modefotografen,
die für Harpers Bazar und Vouge arbeiten durften.
Gut
100 Meter weiter stellen Monika Sprueht und Philomen Magers Thomas Demands
Papiermodell-Illusionen aus. Esther Schipper am Schöneberger Ufer hat sich die
Aufgabe gestellt, seine neuen Studien von Architekturmodellen des Amerikaners
John Lautner vorzustellen. Extreme Nahaufnahmen sind für Demand untypisch. Es
sieht so aus, als wolle hier ein Künstler dem von ihm gewohnten entfliehen.
Eine
besondere Empfehlung bekommt Sophia Pomperys Beitrag zur Gruppenausstellung
Landschaft z. B. bei „M + R Fricke“ in der Invalidenstrasse.
Der
Kunstherbst hat begonnen. Lassen sie sich inspirieren.
Berlin Art Week Kombiticked: 28 Euro
ABC/Art Berlin Contemporary – bis 16. September/Luckenwalder
Strasse 4 – 6, 10963 Berlin www.artberlincontemporary.com/de/contact/
Birgit
Brenner: www.eigen-art.com/index.php?article_id=93&clang=0
Nico
Luoma: www.helsinkischool.fi/helsinkischool/artist.php?id=9028&type=portfolio
Chiharu
Shiota: www.arndtberlin.com/website/
Preview
Berlin – 16. September Flughafen Berlin Tempelhof, Hangar2, Columbiadamm 10,
12101 Berlin www.previewberlin.de
Axel
Anklam: www.axelanklam.de/index.php?2009-731
Javier
Matrin: www.terrenobaldio.com/#
Thomas
Demand/Sprüht Magers – 20. Oktober/Oranienburger Straße 18,10178 Berlin
www.spruethmagers.com/contact/
Thomas
Demand/Esther Schipper – 20. Oktober/Schöneberger Ufer 65, 10785 Berlin
www.estherschipper.com/node/42
Heinz
Hajek-Halke/Akademie der Künste – 4. November/Pariser Platz 4, 10117 Berlin
www.adk.de/de/aktuell/veranstaltungen/index.htm?we_objectID=31184
Sophia
Pompery/Galerie M + R Fricke – bis 27. Oktober/Invalidenstrasse 114, 10115
Berlin www.galeriefricke.de
Jörg
Sasse/c/o Berlin – 28. Oktober/Oranienburger Strasse 35/36, 10117 Berlin
Zeitlos
schön – 100 Jahre Modefotografie von Man Ray bis Mario Testino – 28. Oktober
www.co-berlin.info
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