Erschienen in Ausgabe: No 83 (1/2013) | Letzte Änderung: 01.01.13 |
von Constantin von Hoensbroech und Ulrike von Hoensbroech
Dank Berta Woodward kann die für die kommenden Jahre
geplante Restaurierung der Portale am Kölner Dom auf eine solide finanzielle
Grundlage gestellt und realisiert werden. Die Engländerin, die im vergangenen
Jahr im Alter von 80 Jahren gestorben ist, hat ihr Vermächtnis in Höhe von 363
890 Euro über die Deutsche Stiftung Denkmalschutz dem Kölner
Metropolitankapitel mit der Auflage hinterlassen, dass das Geld in die
Beseitigung von Kriegsschäden am Hohen Dom zu Köln investiert wird. Diese sind
an den Portalen besonders sichtbar. Zahlreiche der sogenannten
Archivoltenfiguren sind verstümmelt oder gänzlich zerstört, Einschusslöcher und
kraterförmige Aussprengungen klaffen in den Bogenlaibungen und Relieffeldern.
Laut Dombaumeister Michael Hauck soll im Frühjahr 2013 mit den auf zwei Jahre
angesetzten Arbeiten an den drei Portalen der Nordquerhausfassade begonnen
werden.
Die Beseitigung der Schäden und Spuren, die der Zweite
Weltkrieg am Kölner Dom hinterlassen hat, wird noch Jahre dauern. Auch fast 70
Jahre nach Kriegsende gibt es am gotischen Gotteshaus noch immer viele
Verwundungen durch die insgesamt 14 schweren Sprengbomben sowie ungezählten
Brandbomben - nicht nur an den insgesamt neun Portalen. Freilich sind die
größeren Kriegsschäden - die letzten sind Mitte März 1945 beim Beschuss durch Artillerie
entstanden - mittlerweile beseitigt worden. So konnte
beispielsweise der Dominnenraum 1956 in seiner Gänze der Öffentlichkeit
zurückgegeben werden. Vor einigen Jahren wurde nach zum Teil heftigen
öffentlichen Debatten die1943 nach
einem schweren Bombentreffer in den unteren Bereich des Nordturms eingesetzte
und seitdem weithin sichtbare Ziegelplombe ersetzt. Doch kleinere Kriegsschäden
wie heruntergestürzte oder noch nicht wieder ergänzte Filialen und Kreuzblumen
sowie Schäden im Mauerwerk der Kathedrale müssen noch repariert werden.
Für die Restaurierungsarbeiten an den Figuren der Portale,
die nicht kriegsbedingt beschädigt sind, kommt der Zentral-Dombau-Verein auf.
Dazu haben ZDV-Präsident Michael Hoffmann sowie der Dombaumeister bei der
kürzlich abgehaltenen Mitgliederversammlung des Vereins ein eigenes
Patenschaftskonzept vorgestellt: Demnach
können sich Paten mit einem Betrag ab 1500 Euro bis 20 000 Euro an der
Sanierung von Skulpturen an den Portalen beteiligen. In wenigen Wochen konnten
bereits 25 Patenschaften eingeworben werden. 45 weitere sind laut ZDV-Präsident
in Vorbereitung.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand,
dass offenbar immer mehr Menschen ihre Erbschaft einer Kirche im Allgemeinen
oder, wie im vorliegenden Fall, dem Kölner Wahrzeichen im Besonderen vermachen.
So hat der Kölner Dom in den vergangenen fünf Jahren rund vier Millionen Euro
durch Erbschaften erhalten. Welche Geschichten sich hinter solchen Menschen
verbergen, welche Motive sie hegen, wäre in vielen Fällen sicherlich spannend
zu erfahren. Das gilt nicht zuletzt im aktuellen Fall von Berta Woodward. Sie
wollte nicht anonym bleiben, sie verfügte, dass ihr Geld im Falle des
Vorversterbens der eigentlichen Erbnehmer an den Dom gehen soll – was auch so
eingetreten ist. In Köln wurde das Geld der betagten Dame mit dem Geburtsnamen
Radowitz gern und dankend angenommen. Doch über ihre Biografie und ihre
Beweggründe ist auch hier nicht viel Weiteres in Erfahrung gebracht worden.
Warum etwa hat die Frau aus Oxford nicht ihr Geld einem der vielen historischen
Gebäude der britischen Universitätsstadt hinterlassen? War sie überhaupt einmal
in Deutschland? Ist ihre Erbschaft eine persönlich motivierte Wiedergutmachung
für die vielen Schäden, die durch britische Bomben am Kölner Wahrzeichen
entstanden sind?
Mit dem seit knapp drei Monaten im Amt befindlichen
Dombaumeister Michael Hauck hätte es übrigens die Beseitigung der Ziegelplombe
am Nordturm nicht gegeben.„Auch an
einer Kathedrale darf es Narben als ein Stück lesbarer Geschichte geben.“Solange keine Gefährdung von solchen Spuren
ausgehe, sollten sie als Zeitzeugnisse bestehen bleiben, gibt sich der
ehemalige Passauer Dombaumeister als Vertreter einer aktuellen Auffassung in
der Denkmalpflege zu erkennen.
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