Erschienen in Ausgabe: No 87 (05/2013) | Letzte Änderung: 02.05.13 |
von Hans Sixl
Was der menschliche Geist ist,
wie er arbeitet und wie er sich von seinem Körper unterscheidet, gilt noch
heute für Philosophen und Theologen als ungelöstes Körper-Geist- und Leib-Seele-Problem.
Obwohl wir heute in einer Informations- und Kommunikationsgesellschaft leben
und genau wissen, wie Informationen entstehen und verarbeitet werden, ist dieses
Problem in diesem nahe liegenden Zusammenhang noch nicht erschöpfend
beantwortet worden. Fest steht indessen, dass Informationen und alle Formen des
Geistes, die sie verarbeiten, für alle Prozesse unseres körperlichen und
geistigen Lebens verantwortlich sind. Was dabei in unserem Körper bewusst, unterbewusst
und unbewusst geschieht, wird in diesem Artikel behandelt.
1. Einführung
Ausgangspunkt aller
naturwissenschaftlichen Überlegungen ist, dass nichts, keine Sache, kein
Mechanismus, keine Idee, kein Gedanke, keine Information usw. aus nichts entstehen
kann. Demnach hat alles eine Ursache, da alles in einer kausalen Kette die
Wirkung einer früheren Ursache ist. Also muss auch der menschliche denkende
Geist, der für das Geschehen in unserem Kopf verantwortlich ist, aus anderen Formen
des Geistes, die andere Informationen mit anderen Mechanismen verarbeiten,
evolutionär entstanden sein.
Wie in den ersten Teilen zur
Naturwissenschaft des Geistes (1) gezeigt wurde, ist immer, wenn Informationen
verarbeitet werden, ein geistiger Akteur mit einem speziellen Mechanismus für
diese Aktion verantwortlich. Um etwas geschehen zu lassen, um Dynamik zu
erzeugen, sind dabei grundsätzlich Kräfte im Spiel, da bei der Kommunikation
Informationsträger erzeugt und bewegt werden müssen, die ihrerseits beim
Empfänger eine Aktion auslösen.
Nicht nur in unserem Kopf werden
beim Denken Informationen verschiedenster Art verarbeitet, sondern sogar in
jeder einzelnen lebenden Zelle jedes Lebewesens. Es liegt deshalb auf der Hand,
dass sich die Arbeit des menschlichen Geistes aus den Mechanismen der
Informationsverarbeitung, von den einzelnen Zellen ausgehend, entwickelt hat.
Damit stellt sich die zentrale Frage, welche spezielle Geistformen im Körper
des Menschen aktiv sind und auf welche Weise die Informationen, die geistiges
und körperliches Leben ermöglichen, entstanden sind.
Was in unserem Kopf unser
menschlicher Geist erledigt, das erledigen in anderen Teilen unseres Körpers
verschiedene andere Geistformen mit genetisch vererbten Mechanismen.
Informationsverarbeitung ist damit das zentrale Thema allen körperlichen und
geistigen Lebens. Wenn Informationen die Grundlage des Lebens sind, wo kommen
sie dann her? Welche Geistformen sind für ihre Erzeugung und ihre Verarbeitung
verantwortlich? Wer verschafft uns unser Bewusstsein, unseren Verstand und
unsere Intelligenz?
2. Wo kommen Informationen her und was bewirken sie?
Die Natur versorgt uns unaufgefordert
ständig mit Informationen. Das Sonnenlicht, das von den Objekten der belebten
und unbelebten Natur reflektiert wird, informiert uns mit optischen Informationen über Form, Farbe und Bewegung
aller sichtbaren Objekte unsere Umgebung. Schall und Gerüche informieren uns
akustisch und chemisch. Unsere Mitmenschen versorgen uns mit geschriebenen und
gesprochenen Informationen über ihre Erkenntnisse und Erfahrungen. Informationen
unterschiedlichster Art strömen pausenlos auf uns ein. Damit wir sie empfangen
können, hat uns die Natur mit Sinnesorganen ausgestattet. Mit ihnen lernen wir
unsere Umwelt kennen und uns in ihr richtig zu verhalten.
Informationen enthalten Botschaften,
die zum Denken und zum Handeln anregen. Was mit ihnen geschieht, hängt von der
jeweiligen Situation ab. Wenn beispielsweise ein Ball auf uns zugeflogen kommt,
dann informieren uns die vom Ball reflektierten Lichtstrahlen, die in unsere Augen
eindringenden, über die Flugbahn des Balls. Diese zeitlich und örtlich
veränderliche Information wird in Form eines veränderlichen Bildes auf die
Rezeptormoleküle der Netzhaut übertragen und löst dort entsprechende elektrische
Signale aus. Letztere verursachen in unserem Nervensystem eine automatisch
ablaufende Kettenreaktion. Ohne dass wir darauf einen direkten Einfluss hätten,
werden die Signale über den Sehnerv in unser Gehirn geleitet und dort von
unserem unterbewussten Geist spontan und vollautomatisch verarbeitet. Auf der
Grundlage von Erinnerungen an ähnliche Signale, die in unserem Gedächtnis
abgespeichert sind, schickt er Signale an bestimmte Muskelregionen, die dort die
richtige Bewegung auszulösen, um
beispielsweise den Ball zu fangen. Wie er dies macht, wird uns ebenfalls nicht
bewusst.
Was lernen wir daraus? Eine unscheinbare Information löst in
unserem Nervensystem eine komplexe Kettenreaktion aus, die zu einem beachtlichen
Bewegungsablauf unseres Körpers führt. Die Lichtteilchen, die von Physikern
Photonen genannt werden, aktivieren mit ihrer winzigen Energie unseren
unterbewusst arbeitenden Geist, der spontan die von ihnen eingebrachten
Informationen verarbeitet und der genau weiß, was zu tun ist, d.h., welche
Muskeln er wie ansteuern muss, damit die richtigen körperlichen Reaktionen
erfolgen. Die empfangene Information löst damit eine körperliche Aktion aus,
die wesentlich mehr Energie umsetzt, als zuvor für die Informationserzeugung,
ihre Verarbeitung und für die Ansteuerung der Muskulatur nötig war.
Dass unscheinbare elektrische
Signale Maschinen in Bewegung versetzen können, wäre den Menschen vor
zweihundert Jahren noch wie ein Wunder vorgekommen. Aber für den Menschen, der heute
mit der Bedeutung der Elektronik täglich konfrontiert wird, ist es völlig normal,
dass technischen Systeme wie Fertigungsautomaten in Fabrikationshallen, Autos,
Küchengeräte usw. in voller Analogie zu unserem Beispiel durch unscheinbare
elektrische Signale gesteuert und in Bewegung versetzt werden können.
Wo kommt die Energie her, die ein unscheinbares Steuersignal in unseren
Muskeln umsetzt? Der Prozess läuft ähnlich ab wie bei der Verstärkung
elektrischer Signale in einem Transistor oder einer Elektronenröhre. Die
Muskeln werden nicht mit der Energie des Steuersignals bewegt, sondern mit der
Energie, die im Muskel bereitgestellt wird und nur darauf wartet, quasi durch Antippen,
abgerufen zu werden, so wie der Motor, durch leichten Druck auf das Gaspedal
reagiert und so wie die Energie, die ein Elektromotor umsetzt, aus dem
Stromnetz kommt und nicht aus der schwachen Batterie, die für die elektronische
Steuerung benötigt wird. Ein kleines Regelsignal hat eine große Wirkung. Dieses
Prinzip funktioniert in allen elektronisch-technischen Systemen genau so wie im
menschlichen Organismus.
Auch das, was im Auge
physikalisch geschieht, ist völlig analog zu den Prozessen in einer
Fernsehkamera. Die einfallenden Photonen lösen in ihr auf einer
lichtempfindlichen Schicht Elektronen aus, die elektrische Signale erzeugen,
die über Leiterbahnen laufen, intern zentral weiterverarbeitet werden und
weitere elektronische Aktivitäten auslösen. Dazu zählen die Verstärkung,
Speicherung, Versendung der Signale, Empfang der Signale an anderer Stelle und zuletzt
die Verarbeitung zu speziellen bewegten Bildpunkten auf einem Fernsehbildschirm.
3. Warum arbeitet unser Geist?
Nichts läuft ohne Anlass ab. Hinweise,
Signale, Schriften usw., also Informationen unterschiedlichster Art wirken
automatisch als Auslöser von geistigen und/oder körperlichen Aktionen. Dies
gilt für nicht nur für alle Lebewesen, sondern sogar für alle Aktionen in der
Natur. So wie die Informationen, die über Kraftfelder kommuniziert werden,
vollautomatisch zu Reaktionen führen, so ist es auch mit jeder anderen
Information, die von einem beliebigen Geist mit einem bestimmten
physikalisch-chemischen Mechanismus verarbeitet wird. Dies gilt für alle Arten
von Informationen sowohl in Lebewesen als auch in technischen Systemen (2). Auch
genetische Informationen werden vollautomatisch weiterverarbeitet, solange das
Zellsystem intakt ist und mit Energie versorgt wird. Ähnliches gilt auch für
neuronal abgespeicherte Informationen, die unser menschlicher Geist nutzt und
für Informationen, die ein technischer Geist mit internen Programmen z.B. in
einem Computer verarbeitet.
Solange unser Gehirn lebt,
arbeitete es vollautomatisch so, wie eine Maschine arbeitet, solange sie
einwandfrei funktioniert und mit Energie versorgt wird. Wie alles auf unserer
Welt arbeitet auch unser menschlicher Geist nach physikalisch-chemischen
Gesetzmäßigkeiten und sorgt dabei für eine Reaktion auf die Sinnesinformation,
so wie z.B. das Lichtsignal einer Lichtschranke automatisch die Öffnung einer
Tür bewirkt oder einen Alarm auslöst. Ein schwacher Anstoß, eine geringfügig
erscheinende Information genügt, um eine sichtbare Reaktion auszulösen. Was dabei
eine große oder kleine Wirkung verursacht, ist durch eine interne Programmierung
festgelegt, die durch eindeutige Mechanismen die entsprechenden Prozesse z.B. in
einer mit unabhängiger Energie versorgten Motorik auslöst.
Wie etwas geschieht, hängt neben
internen Mechanismen auch noch von weiteren Faktoren ab. Denken wir beispielsweise
an das Fahrverhalten unseres Autos, das u. a. auch von den Mechanismen seiner
Regelkreise und der Qualität seines Motors abhängt. Diese wiederum sind von seiner
Konstruktion, Benzinversorgung, Kühlung, Elektronik, Zündung und vielem anderem
abhängig und der Motor versagt seine Dienste, wenn er überfordert wird.
Ähnliches gilt für uns Menschen.
Unsere Bewegungen sind von unseren geistigen und körperlichen Fähigkeiten
abhängig. Jeder geistige und körperliche Defekt wirkt sich auf unsere
Leistungsfähigkeit ähnlich negativ aus wie bei einem Auto. Die Qualität unserer
Muskulatur und unsere geistigen Fähigkeiten bestimmt, was wir können. Wenn ein
Auto einen definierten Steuerungsimpuls bekommt, reagiert es entsprechend, wie
auch ein Mensch auf Sinnesinformationen reagiert.
4. Wer entscheidet, was unser Geist macht?
Jede in einem Menschen oder
technischen System von außen ankommende Information wird grundsätzlich automatisch
verarbeitet. Was aber damit geschieht, hängt von ihrer Bedeutung ab und davon, welche
Optionen zur Auswahl stehen. Immer dann,
wenn es verschiedene Varianten des weiteren Vorgehens gibt, müssen
Entscheidungen getroffen werden. Navigationssysteme sind beispielsweise
darauf programmiert, die möglichen Wege zu einem Ziel aufzuspüren und dann zu
entscheiden, welcher Weg genommen werden soll. Dabei sind Prioritäten maßgebend,
die sich daran orientieren, ob es beispielsweise ein Weg für Fahrradfahrer, Pkws,
Lastzüge oder Schiffe sein soll und ob es der schnellste, der kürzeste oder der
Weg ohne größere Steigungen sein soll usw. So wie technische Systeme arbeiten,
so arbeiten auch Gehirne, die intern ihre Prioritäten aufgrund ihrer
Erfahrungen setzen. Die Fähigkeit zu
entscheiden, gibt es deshalb nicht nur bei Lebewesen!
Die Ursache, warum sich der
menschliche Geist für eine bestimmte Variante entscheidet, liegt darin, dass seine
spezielle Programmierung genetisch zunächst (wie bei Tieren) auf seinen
persönlichen Vorteil und seine persönlichen Neigungen vorprogrammiert ist. Programmiert
wurden diese Aktionen durch die Ur-Erfahrungen vergangener Generationen, die evolutionär
genetisch verankert sind, gerade so, als ob es unsere vormenschlichen Vorfahren
aus Urzeiten so programmiert hätten. Hunger und Durst müssen gestillt und das
Überleben muss sichergestellt werden usw. Beim Menschen kommen seine während
seines Lebens durch die Erziehung, Kultur und Zivilisation geprägten
Erfahrungen und Denkweisen hinzu, die seine Entscheidungen zusätzlich beeinflussen.
In weniger ausgeprägter Form ist dies auch bei Tieren beobachtbar.
Die Ursache, warum sich ein
Navigationssystem für einen bestimmten Weg entscheidet, liegt an dem Menschen,
der zuvor seine persönlichen Prioritäten eingegeben hat. Auch eine biologische Zelle
muss entscheiden, ob sie sich aufteilt. Dazu muss sie eine bestimmte Größe
haben und Informationen haben, die ein Aufteilen sinnvoll erscheinen lassen.
Dies ist eine Frage des Energieinhalts und der molekularen Gegebenheiten
(Nahrung/Energieversorgung).
Entscheidungen werden natürlich
auch von subjektive Erlebnisfaktoren wie Schmerzen, Angst, Liebe, Müdigkeit,
Erschöpfung und Empfindungen wie eklig, schön, interessant, angenehm oder
unangenehm usw. beeinflusst.
5. Körper und Geist
Unser Körper ist der materielle
Teil von uns, den wir anfassen und im Spiegel betrachten können. Mit ihm führen
wir ein körperliches Leben, das wir unbewusst arbeitenden Geistformen zu
verdanken haben. Mit unserem Körper fühlen und sehen wir, mit ihm bewegen wir
uns und mit ihm essen, trinken und lieben wir usw. Er ist unser äußeres Ich, bzw.
unser körperliches Ich, mit dem wir uns identifizieren, mit dem wir uns sichtbar
von anderen Menschen unterscheiden und deshalb auch von ihnen erkannt werden
können.
Unser Geist ist unser inneres Ich,
bzw. unser geistiges Ich, mit dem wir uns ebenfalls identifizieren. Er ist der
immaterielle Teil von uns, den wir weder anfassen noch betrachten können und
der auch nicht von anderen Menschen sofort erkannt werden kann. Unser Geist ist
ein innerer Mechanismus, nach dem je nach System physikalische, chemische oder
biologische Prozesse ablaufen, die Informationen verarbeiten. Er ist also ein
geistiger Akteur, der zwar in einem Körper arbeitet, der aber selbst keine
Sache, also auch keine nicht ausgedehnte Substanz oder Materie ist, wie
Descartes (3) vermutete. Er sorgt dafür, dass etwas als Funktion der Zeit
geschieht, dass Dynamik ins Spiel kommt und dass eine Aktion erfolgt. Das unterscheidet
ihn eindeutig von einer Substanz.
Wenn wir von unserem menschlichen
Geist sprechen, dann meinen wir umgangssprachlich immer den Teil unseres
Geistes, der unseren Verstand, unser Wissen, unsere Erinnerungen und unsere
Erfahrungen nutzt und mit dem wir unser geistiges Leben führen. Unser Geist ist
also ein biologischer Mechanismus, mit dem Informationen verarbeitet werden. Mit
ihm denken wir in unserer Alltagssprache. Mit ihm verarbeiten wir unsere
Sinneseindrücke. Mit ihm verschaffen wir uns unser Wissen, unsere Erfahrungen
und unsere Erinnerungen.Mit ihm steuern
wir nicht nur die Bewegungen unseres Körpers, so wie wir es wollen, sondern auch
das, was wir denken oder anderen Menschen mitteilen wollen. Unser Geist leistet
unsere gesamte geistige Arbeit. Er ist unser geistiger Akteur, der mit den
Informationen umgeht, die ihm unsere Sinnesorgane bereitstellen und die er von
uns unbemerkt bereits in der Vergangenheit abgespeichert und zu Wissen
verarbeitet hat.
Unser geistiges Ich und unser körperliches Ich bilden eine Einheit.
Körper und Geist können nicht voneinander getrennt werden. Dafür gibt es
mehrere Gründe:
(A) Wie in den voran gehende
Teilen gezeigt wurde, benötigt jede Art der Information einen materiellen
Sender, der sie erzeugt, einen Informationsträger, der sie speichert oder
transportiert und einen materiellen Empfänger, der sie verarbeitet. Deshalb
sind Körper und Geist grundsätzlich unzertrennbar miteinander verbunden. Da
unser Geist nur innerhalb unseres Nervensystems arbeiten und leben kann, kann
er unseren Körper nicht verlassen. Ein Körper ohne Geist könnte nichts
empfinden und sich nicht bewegen.
(B) Unser denkender Geist entwickelt
sich in unserem Körper und arbeitet in ihm nur solange er lebt. Er speichert
das wichtigste dessen, was er in unserem Körper im Laufe unseres Lebens mit
seinen Sinnesorganen wahrgenommen hat, ab und verarbeitet es in unserem Kopf zu
dem Wissen und den Erkenntnissen unseres Verstandes, den er im Laufe unseres
Lebens entwickelt hat. Mit seinen Sinnesorganen verschafft er sich den Zugang
zu unserer Umwelt. Nur mit seinen speziellen geistigen Fähigkeiten, in unserem
Körper aus einzelnen Informationen Wissen zu generieren und abzuspeichern,
verstehen wir die Welt und was um uns herum geschieht.
(C) Unser denkender Geist
arbeitet mit den Erinnerungen, den Erfahrungen und dem Wissen, das er in den
Neuronen unseres Gehirns abgespeichert hat. Sie stellen wie Bücher oder
Festplatten die materiellen Träger, unserer menschlichen Informationen dar. Sie
gehen mit dem Absterben der Zellen unwiederbringlich verloren, was z.B. bei
dementen Personen der Fall ist. Mit dem Zelltod sterben auch alle anderen unterbewussten
und unbewussten Formen des Geistes, die in den Zellen aktiv sind (s. u.).
(D) Wie wir ferner wissen, werden
in uns alle Sinnesinformationen über ein Netzwerk von Nervenzellen versendet
und von unserem Geist in unserm Gehirn empfangen, verarbeitet und je nach
Bedarf zur Steuerung unserer Bewegungen an die Muskulatur in geeigneter Form
weitergeleitet. Man unterscheidet in uns das somatische Nervensystem und das
vegetative Nervensystem. Das somatische Nervensystem bildet den Teil des
Nervennetzwerk, der für die bewusste Wahrnehmung von Informationen aus der
Umwelt und aus dem Körperinneren zuständig ist und motorische Funktionen
willentlich steuert sowie Nachrichten bewusst verarbeitet. Informationen, die
über das vegetative Nervensystem geleitet werden, werden uns nicht bewusst.
Die Punkte (A) bis (D) zeigen
uns, dass unser Geist grundsätzlich auf das lebende Nervensystem unseres Körpers
und umgekehrt angewiesen ist. Über sie empfängt er unsere Sinnesinformationen
und über sie leitet er seine Befehle an die Muskulatur unserer Gliedmaßen weiter.
Auch der rein geistige Teil, der nur mit Erinnerungen und unserem Wissen
arbeitet, ist auf das Funktionieren der Neuronen des zentralen Nervensystems
angewiesen. Damit finden alle geistigen Aktivitäten ausschließlich in unserem
Körper statt. Alles, was sich in unserem Körper bis hinab zu den einzelnen
Atomen bewegt, wird durch spezielle Geistformen ausgelöst. Dies gilt nicht nur
in lebenden Systemen. Alles, was auf
dieser Welt dynamisch geschieht, wird durch spezielle Formen des Geistes
ausgelöst.
6. Der menschliche Geist
Wenn wir von unserem Geist
sprechen, dann meinen wir unausgesprochen eine sehr spezielle Form des Geistes,
die allen Menschen seit Jahrtausenden bewusst ist. Das ist unser denkender
Geist, mit dem wir willentlich unsere geistigen und körperlichen Aktivitäten
ausführen und der uns unsere körperlichen und geistigen Aktionen sowie unser
Dasein bewusst macht.
- Unser bewusster Geist ist der Teil unseres denkenden Geistes, der
uns die Welt, in der wir leben und unsere eigene Existenz bewusst macht. Ihn
erleben wir, wenn wir in unserer Muttersprache und in Bildern denken. Er lässt
uns bewusst handeln und er macht uns bewusst, was um uns herum geschieht, wer
wir sind, wie wir funktionieren, wie wir aussehen, an was wir uns erinnern
können sowie was wir wissen und können.
Unser bewusster Geist lässt sich
in mehrere Unterformen aufteilen, die mit dem Denken zu tun haben. Das sind die
Formen des Geistes, mit denen wir rechnen, planen, überlegen, fantasieren, usw.
Andere Unterformen haben mit körperlichen Aktionen zu tun. Das sind die Formen
des Geistes, die uns bewusst handeln lassen, wenn wir z.B. beim Sprechen unsere
Gedanken formulieren, beim Schießen ein Ziel anvisieren, beim Spiel einen Ball
werfen usw.
Das Wissen um uns und unsere
Umwelt, das wir uns denkend bewusst machen können, bildet unser Bewusstsein. Die Fähigkeit, wie wir
unser Wissen und unsere Erfahrungen denkend umsetzen können und damit die Welt
verstehen können, charakterisiert unseren
Verstand.Die Fähigkeit,
Einzelinformationenzu Wissen beim
Denken zu verarbeiten, charakterisiert unsere Intelligenz. Bewusstsein, Verstand und Intelligenz sind damit Qualitätsmerkmale
unseres denkenden Geistes und sollten deshalb nicht mit ihm selbst verwechselt
werden.
- Unser unterbewusster Geist führt als Vorform unseres bewussten
Geistes alle geistigen Arbeiten in uns unterbewusst so durch, dass wir davon,
wie er es macht, absolut nichts merken. Er wirkt auf uns wie der Sklave unseres
denkenden Geistes, der folgsam die angewiesenen, von uns bewusst gewollten
Arbeiten ausführt. Er speichert ohne unser Zutun unsere Erlebnisse und
Erfahrungen ab und reaktiviert sie je nach Bedarf wieder, falls sie inzwischen
nicht vergessen wurden.
Er ist für unser Unterbewusstsein zuständig. In unserem
Unterbewusstsein schlummern viel mehr Informationen als in unserem Bewusstsein.
Alles Wissen, was in den Neuronen abgespeichert ist, steckt primär in ihm und
nur ein kleiner Teil davon kann durch intensives Nachdenken und spezielle
Techniken wie z.B. durch Hypnose abgerufen werden und so in unser Bewusstsein
gelangen.
- Unbewusste Formen des Geistes sind alle Formen des Geistes, die
nichts unmittelbar mit der Informationsverarbeitung, die ausschließlich in
unserem Gehirn abläuft, zu tun haben. Dazu zählen die Lieferanten und die
Verarbeiter von Informationen außerhalb des Gehirns, also alle Geistformen, die
in den Sinnesorganen elektrische Signalinformationen produzieren und alle
Geistformen, die die Informationen aus dem Gehirn in der Muskulatur verarbeiten
sowie alle elementaren Formen des Geistes, die mit Informationen arbeitet, die
nichts mit der ionischen Signalsprache auf den Nervenbahnen zu tun haben.
7. Weitere Formen des menschlichen Geistes
Neben den bisher hauptsächlich angesprochenen Formen des Geistes, die ausschließlich
in unserem Gehirn arbeiten, gibt es offensichtlich noch zahlreiche weitere
andere Formen, die vollautomatisch ohne unser bewusstes Zutun sowohl in unserem
Gehirn als auch in verschiedenen Bereichen unsere Körpers nach genetisch verankerten
Programmen arbeiten. Diese automatisch arbeitenden Geistformen versorgen u. a.
unseren bewussten Geist, ohne dass wir davon etwas merken, mit den notwendigen
Informationen aus der Vergangenheit und arbeiten gemeinsam mit ihm im somatischen Nervensystem. Im vegetativen Nervensystem arbeiten sie
aber völlig eigenständig, weshalb es auch als autonomes Nervensystem bezeichnet
wird.
Alle Geistformen, die in allen
Lebewesen mit Sinnesorganen vollautomatisch arbeiten, sind genetisch
programmierte Vorformen des menschlichen
Geistes, der sich zuletzt in unserer Hirnrinde evolutionär entwickelt hat. Ohne
dass es uns bewusst wird, leisten sie die gesamte geistige Arbeit mit den Informationen,
die über unser Nervensystem und über den Blutkreislauf kommuniziert werden. Zu ihnen
zählen …
(a) … die verschiedenen Geistformen,
die in den Sinnesorganen automatisch die Sinnesinformationen in einer eigenen
elektrischen Signalsprache erzeugen, sie über die Nervenbahnen schicken und sie
so unserem Gehirn mitteilen, ohne dass es uns bewusst wird, wie es im Einzelnen
abläuft. Sie arbeiten mit unterschiedlichen Mechanismen. Der Geist, der die
optischen Signale in elektrische Signale umwandelt, macht in unserem Auge das,
was auch eine digitale Kamera macht. Der Geist, der akustische Signale in elektrische
Signale umwandelt, macht in unserem Ohr das, was ein Mikrophon macht. Die Geistformen,
die mechanische Signale und Wärme in elektrische Signale umwandeln, machen in
unserer Haut das, was Drucksensoren und Temperatursensoren machen. Die Geistformen,
die Substanzen durch ihren Geschmack oder durch ihre Ausdünstung identifizieren
und in elektrische Signale umwandeln, machen in unserem Mund und unserer Nase
das, was chemische Sensoren machen.
(b) … der von uns unbemerkt und
deshalb unterbewusst arbeitende Geist des Gehirns, der die Sinnesinformationen
empfängt und sie automatisch je nach Bedarf verarbeitet. Er speichert sie
intern in seiner eigenen Sprache als Erinnerung ab und, falls es nötig sein
sollte, sendet er Signale aus und steuert mit ihnen Muskelpartien an, um eine bestimmte
Bewegung zu veranlassen. Er arbeitet auch mit Informationen, die er von den
inneren Organen über das vegetative Nervensystem erhält. Und er arbeitet auch dann,
wenn er keine Signale empfängt mit den Informationen, die er in der
Vergangenheit empfangen und abgespeichert hat.
(c) … der Geist, der in den
Muskeln arbeitet. Er empfängt die Signale über die Nervenbahnen aus dem Gehirn,
setzt sie mit seiner eigenen Energie in eine Muskelkraft um und verursacht auf
diese Weise die gewünschte Bewegung oder die gewünschte Hormonausschüttung.
Alle Vorformen unseres denkenden Geistes
(a) bis (c) haben mit Informationen zu tun, die von außen auf uns einfließen.Sie informieren uns vollautomatisch
und ununterbrochen über die Welt, in der wir leben. Mit ihnen verschaffen wir
uns neben unserem Unterbewusstsein nach einiger Zeit unser Bewusstsein und
unseren Verstand mit unserem Wissen und unsere Erfahrungen und können auf das,
was extern in unserem Umfeld geschieht, an die jeweilige Situation angepasst,
sofort bewusst oder auch unbewusst geistig und körperlich reagieren.
Für das, was intern in unserem
Körper geschieht, haben wir keine
Sinnesorgane. Es kann uns deshalb auch nicht bewusst werden. Wir wissen zwar,
dass wir atmen, essen und trinken müssen, aber was dabei in unserem Inneren
abläuft, spüren wir nicht und können es deshalb auch nicht bewusst
beeinflussen. Es ändert sich auch nicht ständig wie unser Umfeld, deshalb kann
in unserem Inneren alles vollautomatisch ablaufen. Alle Körperfunktionen müssen
in allen Lebewesen sichergestellt sein Damit sie perfekt funktionieren und
damit wir nicht von Umwelteinflüssen abgelenkt werden, müssen sie von
unterbewusst arbeitenden Geistformen gesteuert werden.
Zu den Geistformen, die in den einzelnen
Organen und im Zusammenwirken mit anderen Organen mit unterschiedlichen
Mechanismen und Informationen vollautomatisch arbeiten, zählen…
(d) … die Geistformen, welche die
Arbeit im Innern der Organe durch den richtigen Informationsaustausch steuern.
Sie arbeiten autonom nach ihren eigenen Mechanismen und nach ihren eigenen vererbten
Programmen. Solange sie ausreichend versorgt werden, arbeiten sie auch dann noch
weiter, wenn sie dem Körper (beispielsweise bei einer Organtransplantation)
entnommen werden. Autonom intern produzierte elektrische und chemische Signale
steuern spezielle Aufgaben wie z.B. den Herzrhythmus, die Körpertemperatur, die
Ausschüttung von Hormonen, Schweiß, Verdauungssäften usw.
(e) … die Geistformen, die in
ihrer speziellen elektrischen Signalsprache über das vegetative Nervensystem
die Kommunikation mit dem Gehirn sicherstellen und eine Rückkopplung erlauben.
Sie sorgen dafür, dass alle Aktionen in den verschiedenen Organen der Lebewesen
fein abgestimmt verlaufen.
(f) … die Geistformen, die mit chemischen
Botenstoffen anstelle von elektrischen Signalen arbeiten. Auch hier arbeiten
die zugehörigen Sender- und Empfänger-Geistformen mit unterschiedlichen
Mechanismen. Eine Geistform produziert die Botenstoffe und sendet
beispielsweise Hormone über den Blutkreislauf in den ganzen Körper, aber sie
werden nur dort nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip erkannt, wo sie wirken
sollen. Die Sender kommunizieren damit ihre Informationen nur dorthin, wo ihr
„Schlüssel passt“. Die Botschaften dieser Geistformen werden quasi auf dem
Postweg an die richtigen Adressen versandt, wo sie von den
Empfänger-Geistformen durch das „passende Schloss“aufgenommen und in der vom Absender
gewünschten Weise verarbeitet werden.
Alle aufgeführten Vorformen (d)
bis (f) des menschlichen denkenden Geistes, die natürlich auch in allen
Wirbeltieren aktiv sind, haben sich ebenfalls aus Vorformen entwickelt, die
letztendlich bereits seit Milliarden Jahren in allen Zellen einschließlich der
Urzelle aktiv waren. Dazu zählen …
(g) … der genetische Geist, der
in allen Zellen ohne Unterbrechung des Lebens genetische Informationen
verarbeitet. Auf ihm basiert das gesamte Leben in der belebten Natur.
(h) … alle anderen dem Leben
vorgelagerten elementaren Urformen des Geistes, beispielsweise alle
Geistformen, die die physikalischen und chemischen Informationen der Ionen und
Moleküle verarbeiten, die in den Körperzellen an allen Reaktionen beteiligt
sind und die zum Teil in den vorangegangenen Artikeln besprochen wurden.
Auf die komplexe Arbeit des
genetischen Geistes und die wesentlichen Aspekte der automatischen Mechanismen
des Lebens, die sich durch ständige Aktivität auszeichnen, muss noch genauer
eingegangen werden.
Fazit
Körper und Geist sind zwei völlig
verschiedene Entitäten, die aber immer gekoppelt auftreten. Der Körper ist naturwissenschaftlich durch
eine Masse definiert und sein Geist durch einen Mechanismus, der
Informationen verarbeitet, mit ihnen Kräfte auslöst und für Bewegung sorgt.
Alles, was als Funktion der Zeit abläuft, die gesamte Dynamik in lebenden
Zellen aber auch in der unbelebten Natur und allen Atomen wird durch
physikalisch, chemische und biologische Mechanismen von unterschiedlichen Geistformen
umgesetzt, die durch Informationsaustausch und die damit verbundenen Kräfte entstehen.
Unser denkender Geist arbeitet
nur mit Informationen, die er aus den Sinnesorganen empfangen und im Gehirn
abgespeichert hat. Seine Arbeit findet ausschließlich in den Nervenzellen
unseres Gehirns statt. Über das somatische Nervensystem gelangen alle
Sinnesinformationen, die uns bewusst werden, in das Gehirn und über das vegetative
Nervensystem sind es alle Informationen aus den Organen, die uns nicht
unmittelbar bewusst werden.
Genetisch vorprogrammierte Geistformen
erzeugen und verarbeiten alle elektrischen und chemischen Informationen, die
von außen auf uns einströmen vollautomatisch und autonom in ihrer eigenen
Sprache. Sie sind die Zuarbeiter und die Ausführenden der eigentlichen
Denkarbeit des in unserer Sprache denkenden Geistes. Sie versorgen uns intern
mit den nötigen abgespeicherten Erinnerungen und lassen unsere Muskeln richtig
reagieren.
Unser Geist ist durch
Informationsverarbeitung auf hohem Niveau charakterisiert. Er ist in der Lage,
die im Laufe eines Lebens angesammelten Informationen in seiner eigenen
elektrischen Sprache zu Wissen und Erfahrungen zu verarbeiten. Die
unterschiedlichen Formen der kommunizierten Sinnesinformationen, die
Informationsmenge und die zugehörigen Formen des bewussten Geistes und seiner
unterbewusst und unbewusst arbeitenden Vorformen, die ihm mit ebenso
unterschiedlichen Mechanismen zuarbeiten, haben sich evolutionär entwickelt.
Da alles Leben auf Informationen und Informationsverarbeitung
angewiesen ist, kann das Körper-Geist-Problem grundsätzlich
naturwissenschaftlich bearbeitet und gelöst werden. Die Grundlagen dazu
sind in den bisherigen Teilen der Serie zur Naturwissenschaft des Geistes
bearbeitet und zuvor (4) zusammengefasst worden.
Das in der Theologie diskutierte Leib-Seele-Problem entzieht sich
jedoch den Naturwissenschaften, da sich die Seele aus theologischer Sicht beim
Tod vom Körper des Menschen löst.
Die Seele kann deshalb trotz
offensichtlicher Parallelen zu dem Geist des Menschen aus naturwissenschaftlicher
Sicht nicht mit ihm gleichgesetzt werden, da dieser immer untrennbar mit dem
Körper verknüpft ist. Der denkende Geist eines Menschen kann nach seinem Tod
nicht in unserer Welt weiterexistieren, da kein Mechanismus
naturwissenschaftlich im Nichts (ohne Materie oder Energie) funktionieren kann
und Informationen oder Erinnerungen im Nichts (ohne Informationsträger) weder
verarbeitet noch gespeichert werden können.
Zu Diskussionen steht der Autor
dieses Artikels unter hans.sixl@t-online.de
jederzeit gerne zur Verfügung
Literatur
(1) Hans Sixl, Naturwissenschaft des Geistes, Teil 1 und 2,
Tabula Rasa No 83 (1/2013).
(2) Hans Sixl, Naturwissenschaft des Geistes, Teil 4,
Technischer Geist, Tabula Rasa Artikel 4570 (2013).
(3) Rene Descartes, Meditationes de prima philosophia,
Amsterdam 1641, übersetzt von Christian Wohlers, Hamburg, Meiner 2009.
(4) Hans Sixl, Geist und Leben aus naturwissenschaftlicher
Sicht. Tabula Rasa No 71 (1/2012).
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