Erschienen in Ausgabe: No 90 (08/2013) | Letzte Änderung: 31.07.13 |
von Susanne Weiß
Definition der Begrifflichkeiten ,,Arbeit“ und ,,berufliche Karriere“
Arbeit
ist im Allgemeinen als die Aktivität zu bezeichnen, durch welche Menschen Produkte
hervorbringen und sich somit ihren Lebensunterhalt sichern (vgl. DSTATIS. 2008:
109f.). Arbeit ist jedoch nicht automatisch mit bezahlter Beschäftigung
gleichzusetzen. So haben in traditionellen Kulturen – ohne ausgebildetes Geldwirtschaft
– nur sehr wenige Menschen für eine
Entlohnung gearbeitet. Auch in modernen Gesellschaften, die deutsche
inbegriffen, existieren noch einige Arten von Arbeit, wie beispielsweise die
vorwiegend von Frauen übernommene Hausarbeit oder die Kindererziehung[1], für
welche kein direktes Entgeld ausgezahlt wird und welcher vielfach auch keine
entsprechende gesellschaftliche Wertschätzung zuteil wird (vgl. Giddens. 1999:
629). Beschäftigungsverhältnisse im Sinne einer
ArbeitnehmerInnen-ArbeitgeberInnen Struktur, einsetzend mit dem Prozess des Übergangs
von agrarischen zu industriellen Produktionsweisen[2] im
Zuge der Industrialisierung beginnend in der zweiten Hälfte des 18.
Jahrhunderts, sich von England aus über Weite Teile Europas erstreckend, und
die Idee einer eigenen erfolgreichen beruflichen Karriere, sind eher moderner
Natur. Diese finden ihren Ursprung in einer sich historisch bedingten
veränderten, spezifischen Arbeitsteilung, der an Bedeutung gewonnenen
Voraussetzung einer qualifizierten Schul- und Ausbildung und eines
qualifizierten Berufsabschlusses. Der Stellenwert eigens erwirtschafteten Geldes
hingegen ist nicht nur unter lebenserhaltenden, existenziellen Gesichtspunkten
als bedeutsam zu erachten, sondern eine geregelte Arbeit bzw. ein stabiles
Beschäftigungsverhältnis kann allerhand menschliche Bedürfnisse befriedigen und
zudem aufgrund einer, im besten Falle geordneten Zeitstruktur, zu Stabilität,
Beständigkeit und einer Orientierung innerhalb des eigenen Lebens beitragen.
Darüber vermag eine für sich selbst inspirierende, nicht monotone Arbeit eine
entscheidende Relevanz für das eigene Selbstverständnis zu bedeuten. Zudem
können durch Kontakt zu MitarbeiternInnen soziale Beziehungen und die eigene
Identität gestärkt werden (vgl. Giddens. 1999: 333ff.). In modernen
Gesellschaften sind diese Vergesellschaftungsleistungen der Wirtschaft
besonders gewichtig, was durch ihre Charakterisierung als ,,Arbeitsgesellschaften“
deutlich gemacht wird: Arbeit gilt als das Mittel, welches den Menschen nicht
nur die wirtschaftliche Reproduktion sichert, sondern stellt darüber hinaus auch
den Fokus ihrer grundlegenden Werte und Weltauffassung dar. So bezeichnet Marx
die Arbeit als ,,den Kern der Gesellschaft“ (vgl. Rosa/Strecker/Kottmann. 2007:
33). Anzumerken ist überdies, die Relevanz von Arbeit jedoch nicht
ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des materiellen Überlebens und der
Organisation wirtschaftlicher und politischer Interessen ins Auge zu fassen,
sondern ebenfalls unter dem Gesichtspunkt kultureller Einheit von Gesellschaften,
sowie der Erfahrung und Identität ihrer Mitglieder (vgl. Scholz. 2007: 49ff.).
Historische Veränderungen von Arbeit
und Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland
Während
bezahlte Arbeit bis vor wenigen Jahrhunderten noch ein von Männern besetztes
Gebiet darstellte und Frauen lediglich für die unbezahlte, wenig wertgeschätzte
Haus- und Kinderarbeit innerhalb des Privaten zuständig waren, hat sich, durch
die Trennung von beruflicher Beschäftigung und Haushaltstätigkeiten im Zuge der
Industrialisierung ab der Mitte des 18.Jhds., ein Wandel in Richtung
gleichberechtigter Aufteilung der Geschlechteraufgaben vollzogen, der sich
zugunsten von Frauen gestaltet.
Ein
besonderes Charakteristikum gegenwärtig existenter, gewinn- und kapitalorientierter
global agierender Wirtschaftssysteme westlicher Gesellschaften – die deutsche
eingeschlossen – ist die Herausbildung einer ineinander verflochtenen, jedoch höchst
komplexen Arbeitsteilung (vgl. Sennett. 1998: 131ff.). Dieser für die heutige deutsche
Arbeitsstruktur die entscheidenden Weichen darstellende Modernisierungsprozess
der Arbeitsteilung hat seine Ursprünge innerhalb des Taylorismus‘, einem
Prinzip der Prozesssteuerung und rationalistischen Optimierung von
Arbeitsabläufen. In dessen Verlauf wurde die Arbeit auf verschiedenartige einfachste
– jeweils eine explizite Spezialisierung voraussetzende und zeitlich
abgestimmte – Beschäftigungsschritte aufgeteilt (vgl. Kleemann/Voß. 2010:
415ff.). Die damit einhergehende und zwangsläufig zustande kommende wachsende
wirtschaftliche Verflechtung schafft eine zunehmende Abhängigkeit unter den Menschen,
da für das Sichern der eigenen Existenz fortan ein faires Zusammenarbeiten vieler
von Nöten ist. Dies ändert auch die einstige, größtenteils selbstbestimmte und
sich zeitlich selbst einzuteilende – meist landwirtschaftliche – Arbeitsweise hin
zu einer vom Arbeitgeber zugeteilten, in eine starre Struktur gepressten,
ausdifferenzierten Arbeitsweise. Dort wo in früheren Agrargesellschaften jeder
Mensch sämtliche Produktionsschritte eigens zu verrichten hatte und selbst für
seinen Erfolg bzw. Misserfolg zuständig gewesen ist, findet nun im Zuge des
fortschreitenden Modernisierungsprozesses[3] des
Taylorismus und Fordismus eine extreme Ausbeutung der Menschen statt. Der
Mensch scheint nur noch die ihm zugeteilten spezifischen Arbeitsschritte
verrichten zu können und dabei völlig zu ignorieren, wie mit den monotonen
Arbeitsschritten eine Entfremdung von der eigentlichen Arbeit und eine
zunehmende Abhängigkeit vom Kapital einhergeht. Aufgrund der Ausbeutung menschlicher
Arbeitskraft durch seitens des Arbeitgebers, stumpft der moderne Mensch
innerhalb des Arbeitsprozesses zusehends ab (vgl. Abelshauser. 1983: 119ff.).Ihm kommt oftmals keinerlei Kontrolle mehr über
die Produktionsmittel und -ziele zu, er ist vielmehr in seiner Arbeit
fremdbestimmt. Durch das gezwungen sein, seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber
verkaufen zu müssen, ist der moderne Mensch als, vom Arbeitsprozess entfremdet,
zu bezeichnen (vgl. Jaeggi. 2012: 44ff.). Die eigene Tätigkeit erscheint ihm
nicht als Ausdruck seines eigenen Werkes, der Mensch findet sich darin nicht
selbst wieder, sondern verwirklicht vielmehr fremde (Profit)Zwecke. Der moderne
Arbeiter kann oft gar nicht überblicken, welchem Zweck seine Tätigkeit (am
Fließband) dient und er kann auch in dem Produzierten nichts Persönliches zum
Ausdruck bringen (vgl. Rosa/Strecker/Kottmann. 2007: 44ff.)[4].
Diese Art der Ausbeutung ist jedoch dem einzelnen Unternehmer nicht als
moralische Ungerechtigkeit anzulasten, denn er hat letztlich eine ebenso
beschränkte Wahl, wie die für ihn arbeitenden Arbeiter – wenn der Unternehmer
dem Arbeiter einen höheren Lohn bezahlt, dann geht der Unternehmer im
Konkurrenzkampf mit anderen unter. Folglich ist Ausbeutung eine Eigenschaft der
kapitalistischen Produktionsverhältnisse und nicht einer persönlichen Beziehung
zwischen Unternehmern und Arbeitern (vgl. ebd.: 38ff.). Neben dem, bereits
erwähnten Taylorismus, weitet der Fordismus[5]
fortführend besagte tayloristische Arbeitsteilung auf die breite Massenproduktion
per Fließband aus. Dies kann als die Basis des gegenwärtigen, sämtliche Sphären
des privaten und beruflichen Lebens durchdringenden, globalen und vor allem verselbstständigende
Zuge angenommenen gegenwärtigen Kapitalismus‘ des 21.Jhds. bezeichnet werden (vgl.
Radkau. 2008: 286ff.). Sowohl die tayloristische, als auch die fordistische
Arbeitsteilung stellen – als sog. low-trust-Systeme[6] – den
Ausgangspunkt für die im Westen Deutschlands gegenwärtig vorherrschende Arbeitsmarktsituation
dar, geprägt von enormem Entfremdungscharakter hinsichtlich der Arbeit,
Erfolgsdruck und einer nicht gerecht verteilten Beschäftigungsstruktur. Dies
bekommt im Besonderen die Bevölkerungsschicht von Frauen mittleren bis älteren
Alters und anderen sozial benachteiligten Gruppen[7] zu
spüren. Aufgrund der Unterdrückung von, im Sinne des Regimes der
kapitalistischen Profit- und Kapitallogik agierender, Arbeitgeber verlieren
Menschen im gegenwärtigen Deutschland, durch den Entfremdungscharakter moderner
Beschäftigungsverhältnisse, mehr und mehr die eigene Individualität und
Selbstbestimmung – irrelevant ob auf Frauen oder Männer bezogen. Vertreter der
Denktradition der kritischen Theorie wie Adorno, Marx, Fromm oder Weber bekräftigen
exakt diese Ansicht, Menschen seien durch den Geist bzw. die
verselbstständigenden Profit- und Kapitallogik des globalen Kapitalismus und
des nicht entfliehen Könnens aus existentiellen materiellen Wirtschaftsprozessen
daran gehindert, sich frei und den eigenen Bedürfnissen entsprechend
verwirklichen zu können (vgl. Rosa/Strecker/Kottmann. 2007: 39f.)[8].
Das im Zuge des fortschreitenden
Industrialisierungsprozesses für die Menschen Neue, das Unbekannte hat einen
,,schauerlichen Reiz“ erzeugt, dessen Folgen unabsehbar und unberechenbar zu
sein scheinen. Verlockend und zugleich beängstigend sei für die Menschen die
Erfahrung, sich im Zeitalter einer, in sämtlichen Lebensbereichen rasant beschleunigten
Welt zu befinden und sich ständig neu orientieren zu müssen. Die veränderte
Raum- und Zeitwahrnehmung hat Unsicherheit und Angst erzeugt – Angst vor
Geschwindigkeit, Angst vor Unfällen, Angst vor Maschinen, da für den Einzelnen,
die mit den technischen Erneuerungen einhergehenden, Optimierungen und
Komplexitäten nicht mehr beherrschbar scheinen (vgl. Schivelbusch. 2000:
106ff.). Darüber hinaus erforderte die generelle Beschleunigung des Handels,
des Verkehrs und der industriellen Produktion veränderte Lebens-, Verhaltens-
und Arbeitsbedingungen. Im Zuge einer, durch Zirkulation[9]
erzeugten, Raumverdichtung entstand nach und nach ein weltweiter Austausch von
Waren, Gütern, Informationen und folglich ein effektives Verbindungsnetz großindustrieller
Produktion (vgl. Schmidt/Sandl. 2002: 63ff.). Die Anschlussfähigkeit an diese
zirkulären Zusammenschlüsse ist zunehmend zum entscheidenden Faktor geworden
und entscheidet fortan über Erfolg oder Misserfolg, über Weiterexistenz oder
Bankrott. Wer nicht Teil dieses Kreislaufs ist, gilt schon bald als rückständig
oder gar krank – die Simmelsche kulturpessimistische Zukunftsprognose spricht
dazu Bände. Die Moderne erlaubt den Menschen kaum noch zur Ruhe zu kommen, notorische
Unruhe und eine Abstumpfung oder gar Verkümmerung des eigenen Seelenlebens wird
künftig zur emotionalen Grundausstattung. Der demographische Strukturwandel
Deutschlands von einer ehemals im primären Sektor vorherrschenden beständigen
Beschäftigungssituation hin zur Herausbildung einer Dienstleistungs- und
Informationsgesellschaft und die damit verbundene enorme Expansion des
tertiären Sektors verändert die Arbeitswelt folglich nicht nur quantitativ,
sondern auch massiv in qualitativer Art und Weise.
Soziale und geschlechtsspezifische Ungleichheit
Während die in patriarchalischen
Strukturen verankerte geschlechtsspezifische Arbeitsteilung im Ursachengeflecht
der gegenwärtigen Frauenbenachteiligung auf dem deutschen Arbeitsmarkt
rückläufig ist und sich klare Trennungen allmählich auflösen, steigt zunehmend
nicht nur der geschlechtsspezifische Erfolgs- und Konkurrenzdruck zwischen
Frauen und Männern, sondern auch die Benachteiligung zwischen jungen und
älteren ArbeitnehmerInnen. So arbeiten Frauen immer häufiger in Dienstleistungsbranchen,
die vom Abbau bedroht sind. Zudem befinden sie sich auch gegenwärtig noch in nicht
gleichwertiger Art in technischen oder zukunftsorientierten
Beschäftigungsbereichen wieder, wie beispielsweise die IT– Branche zeigt[10].
Durch die Tertiärisierung steigen die Qualifikationsanforderungen; dies lässt hochqualifizierte
Frauen als klare Sieger der bildungspolitischen Reformbemühungen der
vergangenen 60 Jahre im Zuge der Bildungsexpansion hervortreten.
Formal gering Qualifizierte, die
bereits gegenwärtig aufgrund eines fortschreitenden Rationalisierungsprozesses[11]
überdurchschnittlich vom Beschäftigungsabbau betroffen sind, werden allerdings
als Verlierer dieses Trends hervorgehen. Flexiblere Arbeitsstrukturen eröffnen
Frauen – vor allem im Alter 50plus – hingegen nicht nur einerseits die
Möglichkeit einer höheren Erwerbsbeteiligung und einer Autonomieerweiterung,
sondern bergen andererseits auch die Gefahr der Abdrängung in
Beschäftigungsverhältnisse mit nur wenig oder keinerlei Arbeitsplatzsicherheit
in sich (vgl. Rosa/Strecker/Kottmann. 2007: 20f.). Durch verlängerte
Ausbildungszeiten, aufgrund der im Zuge der Bildungsexpansion vorangetriebenen
und heute auf dem Arbeitsmarkt erforderlichen Höherqualifizierung, einem jedoch
früheren Ausstieg aus dem Berufsleben und daher einer kürzeren
Lebensarbeitsdauer aufgrund von Schwangerschaft und Kindererziehung, verdichtet
sich für Frauen im Allgemeinen die beruflich aktive Zeit auf eben jene Phase,
in der auch die Familienaufgaben anstehen. Dies kommt erschwerend zu derjenigen
Frauenbenachteiligung hinzu eine, den Männern gleichwertige, Karriere zu
absolvieren. Aufgrund einer Kombination aus geschlechtsspezifisch ungleicher
Verteilung familienbezogener Arbeit, tradiertem patriarchalischem Geschlechterrollenverhalteninnerhalb
des gesellschaftlichen Bewusstseins und Interagierens und einer Benachteiligung
in Bezug auf das numerische Alter von ArbeitnehmerInnen wird es zukünftig auch
weiterhin Wettbewerbsnachteile für – vor allem älteren – Frauen geben.
Frauen neigen zu Untertreibung – Männer dagegen zu Übertreibung
Trotz der durch die
Bildungsexpansion begünstigten Höherqualifizierung und einer weitgehend
eingeebneten Chancenbenachteiligung im Zugang zu Bildung neigen Frauen aufgrund
der, im gesellschaftlichen Bewusstsein verankerten, patriarchalischen
Strukturen weiterhin dazu, ihr eigenes Können zu untertreiben. Männer hingegen
tendieren eher dazu ihre eigenen Fähigkeiten zu übertreiben und in positiverem
Lichte darzustellen, als real existent.
Obgleich Frauen gegenwärtig im
Durchschnitt besser ausgebildet sind als Männer[12], bessere
Noten in der Schule oder im Studium erzielen, häufiger das Abitur absolvieren und
genauso oft wie ihre männlichen Kollegen mit einem hohen Bildungs- bzw.
Universitätsabschluss und sozialen Kompetenzen im Allgemeinen beeindrucken,
zweifeln sie häufig an den eigenen Leistungen, neigen dazu Erfolge auf günstige
Umstände zurückzuführen und Misserfolge auf ihr eigenes Unvermögen (vgl.
DSTATIS. 2008: 63).
Bestehende Frauenbenachteiligung
Zu der beschriebenen
geschlechtsspezifischen Benachteiligung kommt im gegenwärtigen
Modernisierungsprozess für ältere Arbeitnehmerinnen im Alter von 50plus, neben
der Entfremdung und Anonymisierung von der Arbeit, dem Zerfall von Werten,
traditionellen Gemeinschaftsbindungen und der Ohnmacht gegenüber den sich
verselbstständigenden Sachzwängen – sprich Prozessen des Verlustes von Sinn-
und Erfahrungsmöglichkeiten – erschwerend eine Bevorzugung jüngerer Arbeitnehmer
hinzu. Zum einen wurzelt diese Tendenz im gesellschaftlichen Aberglaube, ausschließlich
junge Arbeitnehmerinnen seien flexibel, belastbar und motiviert, zum anderen in
der Tatsache, dass für Unternehmen junge, neu eingestellte Arbeitnehmerinnen
aufgrund der herrschenden Tarifregelungen kostengünstiger anzustellen sind, als
ältere. Denn je länger ein Arbeitnehmer in einem Unternehmen arbeitet, desto
kostspieliger wird dieser für den entsprechenden Arbeitgeber. So nehmen
Beschäftigungsverhältnisse gegenwärtig zunehmend befristeten Charakter an, wodurch
der Modernisierungsprozess, samt Entkoppelung von Werten und Sinnstrukturen,
und der Zerfall beständiger Beschäftigungsverhältnissen – vor allem zu Lasten
von Frauen 50plus – weiter fortschreitet. Trotz eines Wandels von
geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung, einer Angleichung der Qualifikationen
und einer Autonomieerweiterung bleiben Frauen bis auch zum gegenwärtigen
Zeitpunkt in beruflicher Hinsicht Männern gegenüber klar benachteiligt. Die
aktuelle Benachteiligung Frauen älteren Jahrgangs gegenüber wird wohl auch
innerhalb der kommenden Jahre weiterhin bestehen bleiben. Für diese Benachteiligung
zulasten der (älteren) Frauen ist ein Ursachengeflecht aus ökonomischen
Erklärungsansätzen, nach wie vor existentem geschlechtsspezifischem Rollen- und
Klischeedenken und der damit einhergehenden kontinuierlichen Verunsicherung von
Frauen im gesellschaftlichen Gefüge verantwortlich.
Auch
das deutsche Tarifsystem ist – laut WSI –nicht geschlechtsneutral. Dies ist der deutschen Rechtssprechung geschuldet,
welche das deutsche Entgeltgleichheitsrecht nur lückenhaft umgesetzt hat. Die
Existenz eines Betriebsrates und eine Tarifbindung, welche zu einem geringeren
Lohnabstand zwischen Frauen und Männern führt, ist daher eine notwendige
politische Forderung. Gleichberechtigten-Beauftragten kommt überdies die
Aufgabe zu, darauf zu achten, dass die Arbeit von Frauen nicht minder gut
bewertet wird als die von Männern und jüngere Arbeitnehmer zudem älteren
Arbeitnehmern gegenüber nicht bevorzugt behandelt werden. Darüber hinaus könnte
dem Aufgabenbereich der Gleichberechtigten-Beauftragten zugeschrieben werden,
darauf zu drängen, scheinbar geschlechtsneutrale Kriterien der Einstufung ihres
Grundentgeltes, wie etwa Berufsjahre, fair zu gewichten, um Frauen, die im Zuge
einer Schwangerschaft mit ihrer Erwerbskarriere pausiert haben, keine Nachteile
entstehen zu lassen (vgl. Schulz. 2009).
Literaturverzeichnis:
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Berücksichtigung des Geschlechtsvergleichs“.
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Göttingen: Hogrefe Verlag.
Abelshauser, Werner. 1. Auflage.
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1945 – 1980. 3a) Vom > Agrarstaat < zum > Industriestaat <.
Frankfurt: Suhrkamp Verlag.
DSTATIS. Datenreport 2008. Bundeszentrale für politische
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Ehrenberg, A.. (2004):
Das erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der
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Frankfurt am Main: Campus Verlag.
Hammer, V./Lutz, R. (2002): Weibliche Lebenslagen und soziale
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Theoretische
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Frankfurt am Main: Campus
Verlag.
Jaeggi, Rahel. (2012): ,,Macht Arbeit glücklich? Wie entfremdet sind wir?
In: Philosophie Magazin.
Feb./März. Nr.02/2012. Philomagazin Verlag
GmbH: Berlin.
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(2010): ,,Arbeit und Subjekt“. In: Böhle, Fritz/Voß,
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Handbuch Arbeitssoziologie.
Wiesbaden: VS. Verlag.
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Weinheim: Beltz Verlag.
Radkau, Joachim. (2008): Technik
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Verlag.
Rosa/Strecker/Kottmann.
(2007): Soziologische Theorien. Weinheim: Beltz Verlag.
Schivelbusch, Wolfgang.5.
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Frankfurt: Fischer Verlag.
Schmidt, Harald/Sandl, Marcus.
(Hrsg.) (2002): Gedächtnis und Zirkulation.
Der Diskurs des Kreislaufs im 18.
und frühen 19. Jahrhundert. Göttingen.
Scholz, Elvira. (2007):
,,Männer sind alle gleich“ und ,,Typisch Frau“.
Hamburg: Verlag Dr. Kovac.
Sennett,
Richard. (1998): Der flexible
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Internetquellen:
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(2005):
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http://doku.iab.de/externe/2005/k050614f01.pdf,(Zugriff am 22.06.2013)
Schulz, Stefan.
(01.10.2009). Spiegel online. Bundesagentur für Arbeit.
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(Zugriff am 23.06.2013)
Spiegel online. Fotostrecke. Frauenlöhne – vielfältige
Benachteiligung.
Einkommensrückstand von Frauen nach Alter. (1.10.2009).
http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-47334.html,
(Zugriff am 13.06.2013)
SWR-2 Wissen (Beitrag vom
30.10.2011):
,,Immer schneller und immer
schlechter – Turbogesellschaft“
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/archiv/turbogesellschaft/-/id=660334/nid=660334/did=8619434/wc359c/index.html,
(Zugriff am 23.06.2013)
[1]
Einstige sowohl private, als auch beruflich geschlechtsspezifisch zu verrichtende
Aufgaben haben im historischen Wandel eine Tendenz des Aufweichens strikter
Rollenteilung erfahren und münden heute in eine überwiegend gleichberechtigte
Ordnung.
[2]
Dieser fortschreitende Prozess beinhaltet die Abnahme des primären landwirtschaftlichen
Agrarsektors bei gleichzeitiger Expansion des sekundären industriellen Sektors.
Eine Abnahme sowohl des primären, als auch des sekundären Sektors hin zu einer
enormen – von kapitalistischer Profitlogik begünstigten – Tertiärisierung des Dienstleistungssektos
hat begonnen sich im Laufe des 20. und 21.Jhds. zu vollziehen.
[3]
Dieser in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Zeit der
Industrialisierung einsetzende Modernisierungsprozess erfahren sie Menschen,
über den Wandel der Arbeitsteilung hinaus, vor allem als Prozess der Auflösung
von Traditionen, Konventionen und sozialen Institutionen. Ein Wandel der Arbeit
erfordert neue infrastrukturelle Gestaltungsweisen des sozialen Raumes und der
zeitlichen Verfügbarkeit – 14 bis 16 Stunden-Arbeitstage waren keine
Seltenheit, rechtliche Regelungen der Arbeitsbedingungen hat es noch nicht
gegeben. So wurde die Arbeitskraft der Menschen von Kapitalisten bzw.
,,Herrschenden“ oder in ökonomischer Hinsicht ,,Besitzenden“ zu eigenen Zwecken
ausgenutzt – man denke nur an Marxsche Stichwort: Akkordarbeit im Zuge von
Mehrwertproduktion.
[4] Zudem
ist an dieser Stelle bedeutend zu betonen, dass Marx von der fortschreitenden
Selbstentfremdung spricht, welche daher rührt, dass die Menschen sich innerhalb
ihrer eigenen Arbeit weder selbst zum Ausdruck bringen, noch kreativ formen
können. Ihr Wesen wird vielmehr zum bloßen Mittel ihrer Existenz, wie Marx dies
bereits im frühen 19.Jhds. innerhalb des ,,Kapitals“ eindrucksvoll verdeutlicht.
Die Menschen sehen sich gezwungen, sich selbst in ihren Lebensentwürfen und
Ausdrucksformen an das Profitgesetz zu verkaufen.
[5] Der
Begriff des Fordismus bezeichnet das von Henry Ford eingeführte
Produktionssystem, welches auf dem Fließband basiert.
[6]
,,Low-trust-System“ bezeichnet eine streng organisierte und kontrollierte
Arbeitsumgebung, in welcher Menschen wenig Kontrolle über und wenig
Verantwortung für ihre jeweiligen Aufgabenbereiche haben – das Pendant dazu
sind ,,High-trust-Systeme“, in dessen Ablauf Menschen über den räumlichen und
inhaltlichen Kontext der eigenen Beschäftigung ein Mitbestimmungsrecht zukommt.
[7] Es
seien an dieser Stelle noch die auf den Arbeitsmarkt bezogenen sozial
benachteiligten Gruppen der jungen, un- oder angelernten Arbeitnehmer (mit
Migrationshintergrund), Arbeitslose, Mütter oder Rentner zu erwähnen, welchen
nicht gleich verteilte Chancen auf gesicherte Beschäftigungsverhältnisse
zukommen. Müttern jedoch, die eine gesicherte Beschäftigung mit tariflich
festgesetztem Kündigungsschutz und der Arbeitsplatzsicherheit auch nach der
Erziehungsurlaubszeit vorweisen können, kommt bisweilen gegenwärtig – auch nach
Pausieren von bis zu 3 Jahren – wenigstens die Chancen auf den Erhalt ihrer
einstigen Arbeitsstelle zu.
[8] Es an
dieser Stelle noch zu erwähnen, dass sowohl Marx als auch Weber in der
Herausbildung des sozioökonomischen Systems des Kapitalismus die wichtigste
Veränderung im Übergang von der traditionellen zur modernen Gesellschaft
gesehen haben. Doch im Gegensatz zu Marx hat sich für Weber die entscheidende
Veränderung nicht im Bereich der Produktion und der damit zusammenhängenden
Produktionsverhältnisse angespielt, sondern in der Art der menschlichen
Lebensführung.
[9]Zirkulation
ist im 19. Jhd. in Europa zu einem zentralen Schlagwort geworden, mit dem sich
moderne Wirtschafts- und Gesellschaftsdynamiken auf den Begriff bringen ließen.
[10] Vgl.
Bundesagentur für Arbeit. Arbeitsmarkt für Frauen. (Stand: 02.07.2013):
http://www.arbeitsagentur.de/nn_26570/Navigation/zentral/Buerger/Chancengleichheit/Arbeitsmarkt/Arbeitsmarkt-Nav.html,
(Zugriff am 24.06.2013).
[11]
Rationalisierung ist
zu verstehen als sozialer Prozess der Kosten-Nutzenmaximierung, welcher besagt,
alle wirtschaftlichen Mittel, Ressourcen und Handlungs- und Wissensbestände so
einzusetzen, dass sie unter geringsten Kosten größten Nutzen bewirken. Die Welt
wird somit in sämtlichen Dimensionen berechen- und beherrschbar und unter Effizienzpunkten
neu geordnet.
[12] Die
Darstellung bezieht sich weiterhin ausschließlich auf gesamtdeutsche
Verhältnisse – es wird nicht explizit auf die gegenwärtige Situation des
ehemaligen DDR-Gebiets eingegangen und es wird auch kein weiterer Ländervergleich
gezogen.
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