Erschienen in Ausgabe: No 100 (06/2014) | Letzte Änderung: 01.06.14 |
von Heike Geilen
Albert Einstein: Den Namen kennt wohl jedes Kind und bestimmt
auch sein Foto aus dem Jahr 1951, auf dem er die Zunge weit herausstreckt. Gern
wird er mit einer wirren weißen Haarpracht dargestellt. Irgendwas mit Physik
hatte er am Hut. Stammt nicht diese knackige Formel E = mc2 von ihm?
Und ist er nicht der Begründer der Relativitätstheorie? Nur was diese besagt,
geschweige denn sie tatsächlich zu verstehen, gelingt den wenigsten
Erwachsenen. Wie um Himmels Willen sollen dann Kinder ab 7 Jahren begreifen,
womit die Mehrzahl ihrer Eltern bereits extreme Schwierigkeiten haben dürfte?
Sie werden es! Und zwar so:
Man nehme Einstein den Status des weis/ßen älteren Herren,
mache aus ihm einen verschmitzten 17-jährigen Lausbuben, der mit seiner zwei
Jahre jüngeren Schwester Maja und seinem aufleckere Knödel und Würste verrückten Hund Friedrich das Münchner
Oktoberfest im Jahr 1896 unsicher macht. Hinzu geselle man dem Trio Infernale den
superstarken, diplomierten Zwergenwerfer und dreifachen
schleswig-holsteinischen Dorfmeister im Kühetragen mit Namen Nils Bohr und schon
treibt man den Festzeltbesitzer Schottenhamel (übrigens das Festzelt mit der
längsten Tradition auf den Wies'n, wo auch heute noch traditionell Punkt 12 der
amtierende Oberbürgermeister "O'zapft") an den Rand eines
Nervenzusammenbruchs. Zwar geht die 300.000 km lange "Bierstube" bei
dem Versuch, die Festzeltbeleuchtung im gesamten Raum auf die Sekunde genau zu
illuminieren und damit schneller als das Licht zu sein, in die Brüche, und auch
die anschließende exorbitant rasante Verfolgungsjagd auf der Achterbahn sowie
ein letzter Fluchtversuch auf einem die Akteure aus der Zeit werfendem
Kettenkarussell, bleibt nicht ohne Zeit- und Raumverluste, aber Einstein wäre
nicht Einstein, wenn er dafür nicht eine seiner genialen Erklärungen parat
hätte. Beim Quanten-Kegeln im Spiegelkabinett können sich letztendlich alle
Akteure, die wegen der rasanten Geschwindigkeiten mit starker Übelkeit zu
kämpfen haben, erholen. Nur etwas scheint recht merkwürdig zu sein: Alle Passanten
kleiden sich irgendwie recht eigenartig. Ein Blick auf die Zeitung lässt die
aus der Zeit gefallenen Akteure erschrecken: Wir schreiben mittlerweile das
Jahr 1933. Kruzifixnochamoal... Da können einem ja die Haare, wenn schon nicht
ausfallen, so doch weiß werden. "Das verstehe ich nicht", meint
Albert mürrisch, "und ich hasse es, wenn ich etwas nicht verstehe..."
Offensichtlich hat Gott doch gewürfelt.
Energie, Beschleunigung, Dehnung von Zeit und Raum,
Lichtgeschwindigkeit, Doppelspaltexperiment, Parallel- und Schattenwelten,
Lichtquantensowie einige andere unergründliche
Mysterien der modernen Physik werden in diesem grandios originellen Buch des
französischen Mathematikers Frédéric Morlot auf nahezu spielerische Art und
Weise kleinen Einsteins und selbst solchen, die es nicht werden wollen, nähergebracht.
Die Geschichte des Autors wartet mit rasanten Verfolgungsjagden, witzigen
Dialogen und jeder Menge genial einfacher und unkompliziert dargebrachter
Erklärungsvariationen auf. Hinzu kommen die sich nahezu kongenial ergänzenden
Illustrationen von Anne-Margot Ramstein, die der kubistischen Feder eines Joan
Miró oder der surrealistischen eines Salvador Dalí entsprungen sein könnten. Ein
überaus lesenswerter Auftakt der Reihe "Platon & Co.", die Kinder
und Philosophie zusammenbringen möchte. Ein Buch, das sich wohltuend aus dem
Reigen der Klitzerbücher hervorhebt und selbst dem Alter ab 18 noch so manch unklares
Detail erhellt.
Frédéric Morlot, Anne-Margot Ramstein
Albert
Einsteins Geistesblitze
Aus
dem Französischen von Heinz Jatho
Titel
der Originalausgabe: Les illuminations d'Albert Einstein
diaphanes Verlag (März 2014)
64 Seiten, Gebunden
ISBN-10: 3037344342
ISBN-13: 978-3037344347
Preis: 14,95 EUR
>> Kommentar zu diesem Artikel schreiben. <<
Um diesen Artikel zu kommentieren, melden Sie sich bitte hier an.