Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 12.04.14 |
von Tine Nehler
Eröffnung:21.05.2014, 19.00
Ausstellungsdauer:22.05.-31.08.2014
»Ich kann nicht verstandesmäßig arbeiten, ich bin zu sehr Farbenmensch dazu.«
Ernst Ludwig Kirchner
Die
Pinakothek der Moderne verfügt mit 19 Werken von Ernst Ludwig Kirchner
(1880−1938) über den umfangreichsten deutschen Gemäldebestand des
Expressionisten,
der zu den prägenden
Künstlerfiguren
des 20. Jahrhunderts zählt. Obwohl Kirchner als wegweisender
»Brücke«-Künstler maßgeblich zur Revolution der Farbe beitrug, wurde er
bislang kaum
als »Farbenmensch« gewürdigt.
Die
Ausstellung zeigt Ernst Ludwig Kirchners systematischen und
experimentellen Weg zur Farbe und seine Auseinandersetzung mit der um
1900 kontrovers diskutierten
Tradition der Farbenlehre. Kirchner modifizierte die neuesten
industriell produzierten Tubenfarben in besonderer Weise, um eine matte
und zugleich intensive Leuchtkraft der Malerei zu erreichen, die er
rückblickend stolz als sein »Erkennungszeichen« betonte.
Grundlage
der Präsentation ist ein Forschungsverbundprojekt unter Beteiligung des
international renommierten Doerner Instituts der Bayerischen
Staatsgemäldesammlungen,
in dem die Malerei Kirchners seit 2009 umfangreich maltechnisch
untersucht werden konnte. Erstmals wurde dem Werk eines Expressionisten
eine systematische kunsttechnologische Forschung zuteil. Sie trägt
Kirchners vielgestaltigem, widersprüchlichen und stetig
weiterentwickelten Werk Rechnung, das bis heute von anhaltender
Faszination ist.
Über
Aspekte der Farbe hinaus ermöglicht die Ausstellung mithilfe von UV-,
Infrarot- und Röntgenaufnahmen, unter der Bildoberfläche verborgene
Unterzeichnungen
und Übermalungen sichtbar zu machen und umfassende Einblicke in den
Arbeitsprozess des Künstlers und die Entstehung von Hauptwerken wie
»Cirkus«, »Tanzschule« oder »Selbstbildnis als Kranker« zu geben.
Entgegen expressionistischer Klischees der Unmittelbarkeit
erweist sich sein Schaffen als genau geplant und sorgfältig entwickelt -
auch dort, wo es den Anschein der Spontaneität suggeriert: Mit großem
technischen Raffinement gelingt es Kirchner, die Geschwindigkeit und
Offenheit der Skizze in die Ölmalerei zu übertragen,
die uns über hundert Jahre nach ihrer Entstehung durch die Vitalität
und Direktheit des Farbauftrags noch immer in ihren Bann zieht.
Besonderes
Augenmerk widmet die Ausstellung der kontinuierlichen Selbstreflexion
und Selbstkorrektur in Kirchners Werk: Die doppelseitige Präsentation
ausgewählter
Gemälde in der Pinakothek der Moderne macht erstmals auch die
Rückseiten der beidseitig bemalten Leinwände zugänglich. Eigenhändige
Überarbeitungen und Übermalungen geben Anlass, eine weitere
ungewöhnliche Praxis Kirchners vorzustellen: Die Korrektur seines
früheren Werks und die Anpassung an seinen aktuellen Stil. Leihgaben
von Zeichnungen, Skizzenbücher, Druckgrafiken und Fotografien zeugen von
Kirchners künstlerischem Multitalent und seinem Interesse an der
medienübergreifenden Gestaltung der Bildmotive.
Die
Ausstellung umfasst rund 90 Exponate, darunter bedeutende Leihgaben aus
öffentlichen Sammlungen wie dem Kirchner Museum Davos, der
Staatsgalerie Stuttgart,
der Kunsthalle Bremen, dem Nachlass Ernst Ludwig Kirchners in
Wichtrach/Bern sowie hochrangigen deutschen und Schweizer
Privatsammlungen.
Das
Forschungsprojekt und die Ausstellung werden in erheblichem Umfang vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das
Verbundprojekt wurde vom
Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in Kooperation
mit der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und dem
Kirchner Museum Davos sowie dem Schweizerischen Institut für
Kunstwissenschaft Zürich durchgeführt.
Die
Ausstellung und Publikation werden großzügig von der Theo
Wormland-Stiftung, PIN. - Freunde der Pinakothek der Moderne e.V. und
Legero - the footwear company
unterstützt.
Es
erscheint ein umfangreich illustrierter Ausstellungskatalog im
Deutschen Kunstverlag, 224 S., 271 meist farbige Abb., ca. 25 €
(Museumsausgabe).
Kuratoren: Oliver Kase, Heide Skowranek
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