Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 05.01.15 |
von Anna Zanco-Prestel
Für ihr „vehementes Eintreten gegen Intoleranz, Rassismus
und Antisemitismus“ ist Landtagspräsidentin Frau Barbara Stamm am 18. November
2014 im Kaisersaal der Münchner Residenz mit dem Simon-Snopkowski-Ehrenpreis
geehrt worden, der im Andenken an den Gründer der Gesellschaft zur Förderung
jüdischer Kultur und Tradition alle zwei Jahre verliehen wird.
Motiviertwurde die Wahl mit Frau Stamms persönlichen Engagement auf dem Gebiet
der Integration, der humanitären Hilfe so wieder Erinnerungskultur an den
Holocaust. Dies insbesondere in Zusammenhang mit Forschungsprojekten
bayerischer Schulen zur jüdischen Geschichte in Bayern.BR-Intendant Wilhelm
beglückwünschte Frau Stamm als „ideale Trägerin der Auszeichnung“ und würdigte
sie für ihre stete Bereitschaft- ganz nach Dr. Simon Snopkopskis Maxime - „den
Dialog zu suchen, das Wissen lebendig zu halten und Brücken zur Verständigung
und zum gegenseitigen Verständnis zu bauen“. Mit „Herzklopfen“ nahm die
Politikerin die Auszeichnung aus den Händen der heutigen
Gesellschaftsvorsitzenden Frau Ilse Ruth Snopkowski entgegen, und bekundete,
die Preisverleihung, als „Ansporn“ zu verstehen „weiterhin aktiv zu bleiben, ob
im Bayerischen Landtag oder in anderem Rahmen“, und betonte mit klaren Worten
ihren Willen, gegen neue Formen der Intoleranz aufzutreten: „Wir dürfen uns
unserer Freiheit und unserer Werte niemals zu sicher sein. Denn der Boden, auf
dem Hass und Intoleranz gegenüber Anderen wachsen können, dieser Boden ist
leider immer fruchtbar. Deshalb bleibt es unsere Aufgabe, aufmerksam zu sein
und kritisch.
Mit dem Simon-Snopkowski-Preis werden seit 2006 Jugendliche in Bayern für
Projekte auf dem Gebiet der Erforschung jüdischer Geschichte in Bayern und der
Shoah ausgezeichnet. Der erste Preis ging in diesem Jahr an das Werdenfels-Gymnasium
Garmisch-Partenkirchen für die Erstellung eines Audioguides zum Thema
„Garmisch-Partenkirchen im Nationalsozialismus“. Der sowohl für Einheimische
als für Touristen produzierte Guide ist zu hören über den Link:
http://www.br.de/unternehmen/inhalt/bildungsprojekte/audioguides-bildungsprojekte-garmisch-partenkirchen-114.html
Mit einem mitreißenden Konzert der bekannten kanadischen Musikgruppe Kleztory
im Rahmen der Kooperationsvereinbarungen zwischen Bayern und Québec im
Carl-Orff-Saal im Gasteig waren vier Tage davor die Jüdische Kulturtage eröffnet
worden, die inzwischen zur festen und sehr beliebten Institution im Münchner
Herbst geworden sind.
Kletzmer-Musik auf besondere Art anknüpfend an die klassische
Ladino-Tradition spielte das israelische Baladino Ensemble,während Ramzailech,
eine andere Gruppe aus Israel, sich mit einem völlig innovativen Mix aus
Klezmer, Oriental Music, Punk und Hardrock an ein jüngeres Publikum wandte.Ernstere
Töne wurden mit der Vorführung des österreichischen expressionistischen
Stummfilms „Die Stadt ohne Juden“ aus dem Jahre 1924 eingeschlagen, der
aufdem Roman von Hugo Bettauer vom Jahre 1922 basiert. Seine erschreckende,
wenige Jahre danach Wirklichkeit gewordene Zukunftsvision leitete die
anschließende Diskussion zum „Aktuellen Antisemitismus in Europa“ über, die im
Rahmen eines vom Multikulturellen Zentrum Prag initiierten Projekts
stattfand. Von brennender Aktualität waren zwei weiteren Veranstaltungen, die
auf die besorgniserregende Lage im Nahen Osten Bezug nahmen. Dem brillanten
Vortrag von Prof. Michael Wolfssohn „Nahost ist überall„ über das
veränderte politische Gefüge in der Region folgte eine brisante Debatte zum
Verhältnis „Israelis, Deutsche und die Frage des radikalen Islam“, die von der
BR-Rundschau-Moderatorin Anouschka Horn geleitet wurde. Das Podium teilten sich
der Evangelische Landesbischof a.D. Dr. Johannes Friedrich und der neue
Israelische Generalkonsul Dr. Dan Shaham, der - zur Überraschung mancher
Anwesenden - seine Hoffnung – auf Hebräisch „haTikwa“ wie der Titel der
israelischen Nationalhymne – bekundete, dass es in den nächsten 5-6, im
schlimmsten Falle 8-9 Jahren, eine friedliche Lösung in dem seit Jahrzehnten
währenden israelo-palästinesischen Konflikt zu erzielen sei. Am Ende der in der
diesjährigen Edition besonders rege besuchten „Jüdischen Kulturtage“ fand die
Präsentation des Buches „Feldrabbiner in den deutschen Streitkräften des Ersten
Weltkrieges“ von Sabine Hank und Dr. Hermann Simon im Jüdischen Museum statt. Das
Werk spiegelt u.a. die Hoffnung der jüdischen Gemeinden und Organisationen im
Vorfeld des I. Weltkriegs auf eine Anerkennung der jüdischen Gemeinschaften und
ihrer Religion durch die deutsche Gesellschaft wider. Es begleitet als
Publikation die Ausstellung „Krieg! Juden zwischen den Fronten 1914-1918“, die
den Ersten Weltkrieg aus dem jüdischen Blickwinkelanhand von alten Fotos,
Tagebüchern, Feldpostbriefen und verschiedenen persönlichen Gegenständen fokussiert
und gleichzeitig analysiert, wie sich das persönliche Erlebnis der
deutsch-jüdischen Soldaten bis ins Familienleben hineinwirkte. Hervorgehoben
wird insbesondere der Patriotismus vieler jüdischer Deutsche, die sich auch
freiwillig meldeten und sich für ein Vaterland opferten, mit dem sie sich immer
näher identifizieren wollten. Parallel dazu wird auch auf das meistens
literarische Entgegenwirken anderer eingegangen, die der Kriegseuphorie
kritisch begegneten.Neben der schrecklichen Erfahrung in den Schützengraben und
dem religiösen Empfinden jüdischer Kämpfer wird in der von Jutta Fleckenstein
kuratierten Schau auch die Frage des zunehmenden Antisemitismus behandelt, der in
den Kriegsjahren 1914-18 zur Ausgrenzung jüdischer Kriegsbeteiligten führte,
und dies sowohl innerhalb des militärischen Apparats als auch auf
gesellschaftlicher Ebene.
www. juedisches.museum-muenchen.de
Sommer ders Antisemitismus: Colloquium im Münchner Jugendzentrum
Mit dem Ist-Zustand im heutigen Europa setzte sich mit großer Kompetenz das von
der Janusz-Korczak-Akademie im Münchner Jugendzentrum organisierte
zweitägige Colloquium Sommer des Antisemitismus auseinander. Daran
beteiligt waren Experten aus Politikwissenschaft und Journalismus wie u.a. Dr.
Isabel Enzenbach, Mitarbeiterin am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA),
Dr. Florian Hartleb, ehem. Koordinator für Politikanalysen bei der Konrad-Adenauer-Stiftung
und Remko Leemhuis, Sprecher vom Mideast Freedom Forum Berlin.Eingegangen wurde in dem von Alexander Rasumny geleiteten Projekt
auf Einzel- und Kollektivphänomene antisemitischer Hetze, die im Rahmen so
genannter „Mahnwachen für den Frieden“ oder anlässlich von
Solidaritätskundgebungen für Gaza in europäischen Städten in Deutschland,
Österreich und in der Schweiz wiederholt zum Vorschein kamen. Untersucht wurde
auch die zunehmende Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien und
rechts-populistischen Gedankenguts sowie die Perspektiven der Antisemitismus-
und Rassismus-Prävention in der Zuwanderungsgesellschaft.www.ejka.org
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