Erschienen in Ausgabe: No 107 (01/2015) | Letzte Änderung: 20.01.15 |
von Jörg Bernhard Bilke
Der DDR-Schriftsteller Fritz Rudolf Fries (1935-2014), der
am 17. Dezember gestorben ist, lebte und arbeitete in Petershagen bei Berlin
und veröffentlichte seinen ersten Roman „Der Weg nach Ooblioadooh“ (1966) auf
Vermittlung Uwe Johnsons (1934-1984) im angesehenen Suhrkamp-Verlag in
Frankfurt am Main. An der Ostberliner „Akademie der Künste“ dagegen, wo er als
muttersprachlicher Romanist tätig war, verlor er dieses Romans wegen seinen
Arbeitsplatz, und die „Staatssicherheit“ in Berlin-Lichtenberg, die solche
Literatur nach „oppositionellen“ und „staatskritischen“ Passagen durchforschte,
eröffnete ein Ermittlungsverfahren wegen „staatsfeindlicher Hetze“. Nach
Errichtung der Drohkulisse wurde er von der „Firma“ bedrängt, ihren Reihen als
„inoffizieller Mitarbeiter“ beizutreten, schließlich erlag er dem ständigen
Werben der „Brüder von der Sicherheit“ (Wolf Biermann), weil er nach Spanien,
in seinen Geburtsort Bilbao, den er 1942 mit seiner Mutter Richtung Leipzig
verlassen hatte, reisen wollte. Seitdem war er „Reisekader“, der über
DDR-Schriftstellerkollegen berichtete, aber auch als Einflussagent auf südamerikanischen
„Friedenskonferenzen“vehement die
Politik des SED-Staats vertrat. Sein Deckname „Pedro Hagen“ war, hätte man von
seinem zweiten Leben gewusst, leicht zu entschlüsseln: Es war die hispanisierte
Form seines Wohnortes!
Für die gefürchtete und verhasste „Staatssicherheit“, die
manche Schriftstellerexistenz vernichtet hat, haben Dutzende von DDR-Autoren
gearbeitet, auch die nobelpreiswürdige „Staatsklassikerin“ Christa Wolf
(1929-2011) in den Jahren 1959/62. In den Nachrufen auf Fritz Rudolf Fries
wird, das gebietet die Informationspflicht, das konspirative Leben des Autors
1972/85 nicht ausgespart, sondern erklärt, mitunter mit entschuldigender Geste.
Klaus Bellin, Literaturkritiker bei der alten SED-Zeitung „Neues Deutschland“,
freilich, spricht am 20. Dezember von einer „Medienhatz“, die in
Westdeutschland betrieben wurde, als die Sache 1996 ruchbar geworden war.
In Joachim Walthers Buch „Sicherungsbereich Literatur“
(1996) findet man die MfS-Verstrickungen des deutsch-spanischen Romanautors
ausführlich dokumentiert. Auch die Namen der Kollegen, die er „ausforschte“,
sind genannt. So harmlos war seine „Zuträgerei“ denn doch nicht, dass sie vom
literarischen Werk überstrahlt und eines Tages ausgelöscht würde.
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