Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 23.03.09 |
von Karim Akerma
Am Wochenende, 21. und 22. März, fanden weltweit und
vielerorts Veranstaltungen unter der Überschrift MEAT OUT – LEBEN UND LEBEN
LASSEN statt. Diese Fleisch-Ade-Bewegung wurde 1985 in den USA initiiert.
Seitdem lassen immer mehr Veranstalter und Bürger in einem locker geflochtenen
Aktionsbündnis ihre Phantasie spielen, damit zweierlei nicht mehr auf den
Teller kommt: Fleisch und Fisch. Informationsstände, verteilte Rezepte und
selbstgefertigte Leckerbissen sollen zum Nachdenken anregen und den Weg in die
Fleischlosigkeit bahnen helfen. Es bedarf keiner tiefgehenden
Gedankenexperimente und man muss nicht lange abschmecken, um zuzugestehen, dass
eine vegetarische Ernährung für alle beteiligten Menschen und Tiere besser ist.
Ökologische, ethische und gesundheitliche Aspekte sprechen dafür. Woran es
fehlt, ist vor allem Willenskraft.
Wird indes weiterhin viel und in steigendem Maße Fleisch
gegessen, so werden schon die Kindeskinder, etwa im Jahr 2099, keine Werbung
mehr für den Vegetarismus zu machen brauchen. Das britische
Wissenschaftsmagazin NEW SCIENTIST projiziert in das Jahr 2099 eine vegetarische
Dystopie. Infolge der Klimaerwärmung und daraus resultierender Überschwemmungen
dürfte die auf unserem Planeten für den Landbau verfügbare Fläche bis zum Ende
dieses Jahrhunderts stark zurückgegangen sein. Die auf den verbleibenden
Flächen angebauten Pflanzen werden vornehmlich der Ernährung von Menschen dienen. Kaum jemand wird noch
der – rückblickend – unmenschlichen Idee anhängen: mit Getreide, das Menschen
satt machen kann, Tiere zu mästen, um diese dann zu schlachten und zu
verspeisen.
Tiere zu verspeisen, würde aber nicht erst in Zukunft
inhuman sein, sondern ist es schon heute: Sie werden mit Getreide oder
Sojabohnen gemästet, für deren Anbau in großem Stil Wälder vernichtet werden.
Was wiederum entscheidend zur Erderwärmung beiträgt. Gerade sind in der Pampa
Argentiniens etwa eine Million Rinder verdurstet. Dort wird jetzt Soja für die
Fleischmast angebaut. Weil die Gier nach Fleisch unermesslich ist, wird die
Zukunft schließlich erzwungenermaßen fleischlos sein. Wie groß der
Unwille tatsächlich ist, sich menschlich zu ernähren, wird im Ausdruck vegetarische Dystopie manifest. Warum
aber muss denn eine fleischlose Zukunft gleich als Negativutopie gesehen
werden? Man kann es auch anders, positiv, wenden: Karneval – wörtlich: Enthebung
vom Fleischgenuss – bezeichnete ursprünglich den Tag vor Beginn der
Fastenzeit, jenen Tag, an dem man das letzte Mal Fleisch essen durfte. Die
Zukunft wird ein nicht enden wollender Karneval der ungeborenen Tiere sein, ein
ewiges Fleisch, lebe wohl!
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