Erschienen in Ausgabe: No. 38 (4/2009) | Letzte Änderung: 24.03.09 |
Narr Francke Attempto Verlag GmbH Tübingen, Tübingen 2009, ISBN: 978-3-7720-83143-3, Preis: 19.90 Euro, 536 Seiten.
von Stefan Groß
Otfried Höffe ist durch die Vielzahl seiner Schriften dem
philosophischen Publikum bestens vertraut. Höffe, der seit 1992 einen Lehrstuhl
für Philosophie an der Universität Tübingen innehat, gilt als ausgewiesener
Kenner der kantischen und aristotelischen Philosophie. Bereits in einer seiner
ersten Schriften stand die praktische Philosophie des Aristoteles im Zentrum
seiner intensiven und international anerkannten Forschungen. Aber nicht nur
Kant und Aristoteles sind es, die immer wieder in den Fokus Höffes rückten, sondern
auch Themen zum Rechtsdiskurs, zum Naturrecht, zum Strafrecht, zum Glück, zur
Demokratie, zum Zeitalter der Globalisierung und zur Medizinethik wurden immer
wieder in selbständigen Publikationen bedacht. Fast unzählbar sind die Beiträge
und Essays in Sammelbänden sowie in überregionalen Zeitungen.
Besonders eindrucksvoll ist mittlerweile die im Berliner
Akademie-Verlag seit 1995 erscheinende Reihe Klassiker Auslegen, in der bis dato bereits 33 Bände erschienen
sind. Höffes Klassiker Auslegen sind
selbst beim akademischen, studentischen und philosophisch interessierten Publikum
zu einem Klassiker geworden.
Nunmehr ist im Tübinger Francke-Verlag erneut ein Buch, ein Lesebuch, zu Aristoteles erschienen, das
die reichen Kenntnisse des Forschers in einer verständlichen Sprache dem Leser zugänglich
macht. Höffes Aristoteles: Die Hauptwerke, Ein Lesebuch, das aus einer Vorlesungsreihe an der Universität
Tübingen entstanden ist, ist ein übersichtliches Kompendium der aristotelischen
Hauptwerke, das nicht nur einen sehr guten Einblick in das immense
philosophische und naturwissenschaftliche Schaffen des Platonschülers gibt,
sondern auch für jene von Interesse ist, die sich dem sonst schwierigen
Geschäft der griechischen Philosophie annähern wollen. Höffe liefert nicht nur
eine sorgfältige Auswahl zentraler Texte der aristotelischen Schriften, die
allesamt aus den fundiertesten deutschen Übersetzungen stammen, sondern nimmt
auch kleinere Texte in das Lesebuch
mit auf. Den relevanten Themen, wie der Erkenntnistheorie, Naturphilosophie,
Metaphysik, Ethik, Politik und Rhetorik und Poetik, stellt Höffe eine jeweils
gesonderte Einführung vorweg, die über Grundlegendes informiert, die
Begrifflichkeiten vorab klärt und, wo nötig, eine historische Einbettung der
jeweiligen Themenbereiche mitliefert.
Wie Höffe in seiner Einleitung schreibt, ist Aristoteles
„schon deshalb einer der überhaupt größten Denker der Menschheitsgeschichte,
weil er in seinem immensen Werk jene Bereiche zusammenführt, die angeblich
durch eine Kluft getrennt sind: die Philosophie, die Natur- und die Geistes-
oder Kulturwissenschaften. Auch überwinder er die Trennung von umfassender
Materialsuche, empirischer Forschung und prinzipienorientierter Theorie.“
Höffes Aristoteles-Lesebuch
schließt daher nicht nur eine Lücke auf dem deutschen Buchmarkt, sondern es stellt
darüber hinaus auch einen Denker wieder in den Mittelpunkt, dessen
Wirkungsgeschichte bis in die heutige Zeit hinein reicht, dessen universales
Wissen nicht nur immer wieder ein Staunen auslöst, sondern exemplarisch zeigt, daß
Geistes- und Naturwissenschaften keineswegs einander ausschließen.
Mit diesem Lesebuch,
aus dem auch der philosophische Laie großen Nutzen zu ziehen vermag, ist ein weiterer
Schritt vollzogen, Aristoteles’ Denken, das innerhalb der abendländischen
Geistesgeschichte ein einzigartiges Phänomen war, einem breiteren Publikum
zugänglich zu machen, da die Themen, die hier behandelt werden, auch für den
modernen Menschen durchaus von nachhaltigem Interesse sind. Faszinationskraft
üben nach wie vor die Schriften des 384 vor Christus in Stageira auf der
Halbinsel Chalkidike geborenen und 322 vor Christus in Chalkis auf der Insel
Euboia verstorbenen Denker aus, in denen er seinem phänomenologischen oder
empirischen Interesse Nachdruck verleiht. Denn: „Um den Phänomenen und deren
Problemen gerecht zu werden, läßt er sich, durch und durch undogmatisch, zuerst
auf die vielfältige Erfahrung ein und sammelt ein nicht nur für damals
ungewöhnlich reiches Material.“ Wie die Synthese zwischen diesem analytischem
Wissen und dem Prinzip allen Wissens, dem sich selbst denkenden Denken,
vollzogen wird, rekonstruiert Otfried Höffe in aller Detailgenauigkeit.
Dem Tübinger Francke-Verlag sei daher für sein Lesebuch gedankt, das auch bequem in
jede Jackettasche paßt. So bleibt es dem Interessierten auch auf Reisen möglich,
seinen Aristoteles in die spannende Welt des Wissens mitzunehmen. Nach wie vor,
auch im Zeitalter der Globalisierung, strahlt Aristoteles mittlerweile auf so
gut wie alle Kulturen aus.
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