Erschienen in Ausgabe: No 122 (04/2016) | Letzte Änderung: 01.04.16 |
von Hans Sixl
Was ist der Geist des Menschen?
Zusammenfassung
Die Begriffe Geist, Information und Bewusstsein
werden von Philosophen seit Jahrtausenden kontrovers diskutiert. Eine
eindeutige Antwort auf die Frage, was der Geist des Menschen ist und was er wie
genau macht, kann erst seit wenigen Jahrzehnten auf Basis von unwiderlegbaren
naturwissenschaftlichen Fakten gegeben werden. Im Folgenden wird gezeigt, dass
es sich bei ihm um einen biologischen Mechanismus handelt, der alle über die
Nervenbahnen einlaufenden Informationen zentral im Gehirn verarbeitet und dem
Menschen damit ein Bewusstsein von sich selbst und der Welt, in der er lebt,
verschafft.
Einführung
Der Geist des Menschen war schon deshalb immer
etwas Geheimnisvolles, weil er im Gegensatz zum Körper des Menschen unsichtbar
ist und auch nicht erkennen lässt, wie er arbeitet. Diese Eigenschaften ließen
die Menschen seit Jahrtausenden glauben, dass er göttlichen Ursprungs sei, was
auch in der biblischen Schöpfungsgeschichte zum Ausdruck kommt, in der
angeblich Gott dem Menschen den Odem (Geist) einhauchte. Der in diesem
Zusammenhang gerne zitierte Philosoph René Descartes setzt ihn im 17.
Jahrhundert mit der Seele des Menschen gleich und beschreibt ihn als eine
spezielle (unsichtbare) Form der Materie, eine inzwischen naturwissenschaftlich
unhaltbare These, die dennoch neben vielen anderen widersprüchlichen
philosophischen Varianten heute immer noch diskutiert wird. Die Ursache dieser
unbefriedigenden Situation liegt in der in den letzten Jahrzehnten entstandenen
tiefen Kluft zwischen Geistes- und Naturwissenschaften, die eine
interdisziplinäre Zusammenarbeit nahezu unmöglich macht.
Aufgrund moderner Technologien leben wir heute in einer Informations-
und Kommunikationsgesellschaft. Mit Computern wurden technische Systeme
geschaffen, die uns viel geistige Arbeit abnehmen, weil sie wie unsere Gehirne
Informationen empfangen, versenden, speichern und verarbeiten können. Wie in
dem Buch „Naturwissenschaft des Geistes“ (Hans Sixl 2015) beschrieben,
funktioniert alles auf unserer Welt über Kommunikation und Verarbeitung von
Informationen, für die entsprechend der verschiedenen Arten der Informationen
auch verschiedene Mechanismen verantwortlich sind.
Begriffe
wie Information, Kommunikation und Geist, die wir täglich benutzen, können nur
verstanden werden, wenn sie naturwissenschaftlich definiert und ihre
physikalischen Gesetzmäßigkeiten bekannt sind. Von der Funktion der Computer
wissen wir, dass zum Empfangen, Senden und Übertragen sowie zur weiteren
Verarbeitung von Informationen spezielle Mechanismen wirksam sind. Im Falle der
Computer sind es elektronische Mechanismen, die dafür sorgen, dass in ihm diese
„geistige“ Arbeit geleistet wird. Der technische „Geist“ der in einem Computer
diese Arbeit leistet und mit Informationen umgeht, arbeitet mit elektrischen
Kräften, die bekannten physikalischen Gesetzmäßigkeiten unterworfen sind. Es
sollte dabei nicht verwundern, dass alle Begriffe, die im Zusammenhang mit geistiger
Arbeit stehen (wie Geist, Information, Mechanismen, Kräfte und
Gesetzmäßigkeiten) nicht materiell und damit auch unsichtbar sind.
Information und Kommunikation bilden die Grundlage allen körperlichen
und geistigen Lebens. Körperliches Leben hat mit dynamischen Prozessen zu tun,
die sichtbare Veränderungen hervorrufen, beispielsweiseBewegungen von Körpern, zelluläres Wachstum
und Vermehrung von Mensch, Tier und Pflanzen usw. Geistiges Leben hat mit ebenso
dynamischen aber rein geistigen Prozessen zu tun, die mit Informationen umgehen
wie denken, rechnen, träumen, planen, formulieren von Botschaften usw.
Körperliche und geistige Prozesse sind nicht nur im Menschen und allen
menschlichen Lebensbereichen von größter Bedeutung, sondern auch in der Technik,
in der sie für die Funktion von Maschinen, Robotern und automatischen Anlagen
zuständig sind. So wie unser Geist in unserem Gehirn Informationen verarbeitet,
so verarbeitet auch in allen technischen Geräten ein technischer Mechanismus
und damit ein technischer Geist die jeweils zugehörigen Informationen. Bei
genauerer Betrachtung stellen wir darüber hinaus fest, dass sogar alle
körperlichen Aktionen durch geistige Mechanismen ausgelöst werden.
Beispielsweise ist in allen lebenden Zellen ein chemisch arbeitender
Mechanismus und damit ein genetischer Geist für die Informationsverarbeitung
verantwortlich, der die in den Zellen abgespeicherten genetischen Informationen
verarbeitet, die für die Konstruktion und Funktion der jeweiligen Lebewesen
notwendig sind.
Was müssen wir wissen, um den menschlichen Geist
zu verstehen?
Nur zu wissen, was der menschliche Geist macht,
wenn er denkt, plant und überlegt, reicht allein nicht aus, um ihn zu
verstehen. Dazu brauchen wir noch zahlreiche weitere Informationen: Wie, wo,
wann und warum arbeitet er so, wie er es tut? Wer bestimmt eigentlich, was er
macht? Was ist uns bewusst und was nicht? Wie hat sich seine Aktivität
evolutionär entwickelt usw.?
Wie
Descartes schon vor 350 Jahren zu Recht behauptete, sind Mensch und Tier
biologische Automaten. Heute wissen wir, dass alle Lebewesen, also auch
Pflanzen, Einzeller, Bakterien, Pilze und Viren zu diesen natürlichen Automaten
zählen. In ihren Zellen sind physikalisch-chemische Mechanismen aktiv, die alle
Lebensprozesse vollautomatisch ablaufen lassen. Zu ihnen zählen vor allem die
Nahrungsaufnahme, ihre Verarbeitung sowie das Wachstum und die Vermehrung der
Zellen. Letztere sind damit winzige, perfekt funktionierende chemische Anlagen,
die alle intern dazu notwendigen Abläufe selbst sinnvoll steuern. Damit dies
möglich wird, müssen Informationen unterschiedlichster Natur bereitgestellt und
verarbeitet werden. Das ist uns Menschen von den Sinnesorganen her bekannt, die
uns optische, akustische, mechanische, thermische und chemische Informationen
liefern. Damit wird verständlich, dass nicht nur in Sprache und Bildern
Informationen stecken, sondern auch in physikalisch-chemischen Eigenschaften
von Strukturen, Flüssigkeiten und Gasen sowie in Flüssigkeiten gelösten Molekülen
und Ionen.
Unser
denkender menschlicher Geist arbeitet mit im Gedächtnis abgespeicherten Bildern
und unserer Muttersprache. Wir erinnern uns an bildhafte Abläufe und
gesprochene Aussagen und unterhalten uns ohne einen Laut von uns zu geben mit
uns selbst. Wir wissen aufgrund von wissenschaftlichen Untersuchungen, dass
dies alles in unserem Gehirn abläuft. Wie in einem Computer mit
Signalinformationen gearbeitet wird, die über Leiterbahnen laufen, so geschieht
es auch in unserem Gehirn mit Signalen, die über Nervenbahnen, die aus lebenden
Zellen bestehen, laufen. Informationen können also über Leiterbahnen oder über
Nervenzellen mit Signalen kommuniziert werden und sowohl in Computern als auch
in Gehirnen verarbeitet werden. Da es sich im Computer um Elektronen und Löcher
als Informationsträger auf Halbleiterbahnen undim Gehirn um Ionen auf Nervenbahnen handelt, handelt es sich natürlich
auch um unterschiedliche Mechanismen, die die Informationen verarbeiten und im
Gehirn biochemisch auf Synapsen und im Computer rein physikalisch auf
Transistoren, Speicherplatten oder Speicherdisks abspeichern.
Wer leistet die geistige Arbeit in Computern und
Gehirnen?
Bei der geistigen Arbeit ist es ähnlich wie bei
der körperlichen Arbeit. Erstens wird Energie benötigt, damit etwas geschieht
und zweitens muss ein bestimmter Mechanismus zur Verfügung stehen, der die
Energie benützt, um Arbeit zu leisten, also um Kräfte wirken zu lassen, die die
gewünschte Bewegung veranlassen. So funktioniert es auch bei Menschen und
Maschinen, die ihre Energie möglichst effizient ohne große Wärmeverluste
entsprechend in Bewegungen umsetzen. Wenn wir mit unseren Muskeln eine
körperliche Arbeit verrichten, werden mittels kalter Verbrennung von
Nährstoffen erzeugter chemischer Energie Kräfte erzeugt, die sichtbare und in
Gramm oder Kilogramm messbare Massen bewegen. Ähnlich, aber für uns unsichtbar,
werden bei geistiger Arbeit im Gehirn durch biologische Mechanismen und
derselben chemischen Energie elektrische Signale durch Bewegung geladener
Teilchen auf Nervenbahnen generiert, die Informationen enthalten. Im Gehirn
werden diese Signale durch die Beschleunigung von Ionen erzeugt und im Computer
werden sie durch die Beschleunigung von Elektronen und Löchern erzeugt. In
beiden Fällen sind die bewegten Massen im Vergleich zur körperlichen Arbeit
nahezu unmessbar klein und benötigen deshalb auch wesentlich weniger Energie. Darüber
hinaus kann die Bewegung der Informationsträger nicht gesehen werden, da sie
innerhalb der Nervenbahnen abläuft, aber sie kann natürlich heute mit
technischen Mitteln gemessen werden.
Ein
Objekt, ein Stein, ein Stück Metall oder ein Haus kann keine körperliche oder
geistige Arbeit leisten. Es muss schon ein speziell für die Arbeitsleistung
konstruiertes und funktionierendes System sein, also eine Maschine, ein
Roboter, ein Computer, ein Automat oder gar ein biologischer Automat wie ein
Lebewesen. In der speziellen Konstruktion des Roboters oder des Menschen
leistet ein ebenso spezieller Mechanismus die Arbeit, weil nur er allein die
Energie in die gewünschte geistige und körperliche Arbeit umsetzen kann.
Es ist
also nicht die Maschine oder das Lebewesen, das Arbeit leistet, sondern der
jeweilige Mechanismus, der die Maschine oder das Lebewesen aufgrund einer
speziellen Konstruktion nutzt, um Energie entsprechend den jeweiligen
physikalischer Gesetzmäßigkeiten in Kräfte umzuwandeln. Mechanismen,
Gesetzmäßigkeiten, Kräfte und Energie sind alles abstrakte, nichtmaterielle und
unsichtbare und damit geistige Entitäten. Mechanismen sind damit etwas
„Geistiges“, das unsichtbare Kräfte über unsichtbare Kraftfelder erzeugt und
auf diese Weise mit „Geistigem“ in einem sichtbaren technischen oder biologisch
lebenden System arbeitet. Unser menschlicher Geist ist damit einer von vielen
sehr speziellen Mechanismen, mit denen Kräfte in unterschiedlichen Systemen
arbeiten. Er ist natürlich etwas Besonderes, weil wir mit ihm Denken und unsere
Bewegungen steuern, also Aktivitäten ausführen, die uns technisch von Computern
und automatische Anlagen her bekannt sind, in denen wie in unserem Gehirn
gespeicherte Informationen verarbeitet und über elektrische Signale
kommuniziert werden.
Mechanismen erzeugen Bewegungen, wie wir es von der Mechanik her kennen,
bei denen Massen mit Kräften beschleunigt werden. Mechanismen wirken aber nicht
nur in der Mechanik sondern auch in der Elektrik und Chemie, weil auch
elektrisch und chemisch Kräfte erzeugt werden können, die Massen in Bewegung
versetzen. Das liegt daran, dass elektrische Kraftfelder und chemische Kräfte
durch Ladungen verursacht werden und Ladungen nur zusammen mit Massen
existieren können. Beispielsweise haben die negativ geladenen Elektronen eine
Elektronenmasse und die positiv geladenen Atomkerne verdanken ihre Ladung und Masse
den Protonen. Ionen bestehen aus positiv oder negativ geladenen Atomen oder
Molekülen. Um elektromagnetische Felder, die sich im Vakuum mit
Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, zu erzeugen oder zu absorbieren, müssen neben
den Ladungen auch immer die Elektronenmassen beschleunigt werden, was einen
mechanischen Prozess darstellt und daher auch im elektrischen und chemischen
Fall den Begriff Mechanismus rechtfertigt.
Was
die Arbeit des menschlichen Geistes angeht, ist also unser Gehirn die lebende
Konstruktion, die es unserem Geist, einem biologischen Mechanismus ermöglicht,
Informationen über Nervenleitungen zu empfangen, abzuspeichern,
weiterzuverarbeiten und neue Informationen abzusenden. Er erzeugt mit der in
lebenden Systemen stets vorhandenen Energien die notwendigen Kräfte zur
Produktion und Verarbeitung von Signalinformationen. Viel Energie wird dazu
nicht benötigt, da die Massen der elektrisch geladenen Informationsträger
sowohl im Computer als auch im Gehirn nahezu vernachlässigbar gering sind. Der
Mechanismus eines Computers arbeitet daher nur, wenn der Computer eingeschaltet
ist und elektrische Energie aus der Batterie erhält. Der menschliche Geist
arbeitet, solange der Mensch lebt, da dann das Gehirn genügend Sauerstoff und
Kohlehydrate über das Blut erhält. Einen Mechanismus ohne ein System, mit dem
er die Energie in Arbeit umsetzen kann, gibt es nicht und Computer und Gehirne
allein machen ohne einen funktionierenden Mechanismus auch nichts. Daher
funktioniert ein Mechanismus nur in einem entsprechend konstruierten System
oder Lebewesen und umgekehrt. Ferner wird jeder Mechanismus und damit auch der
menschliche Geist erst mit Energie aktiv. Wenn die Energiezufuhr in Gehirnen
abgestellt wird, stellen auch die Zellen ihre Arbeit ein und sterben ab. Das
unterscheidet den Computer vom Gehirn, das aus leicht verderblichen organischen
Zellen besteht.
Wie ist der Geist des Menschen entstanden?
Leben ist Informationsverarbeitung. Gemeint sind
damit Informationen, die in Musternbeispielsweise in Schriften, Bildern, Symbolen usw. stecken und
unabhängig vom Träger der Information übertragen und gespeichert werden können.
Ein spezielles Makromolekül, das in allen lebenden Zellen die Erbinformation
von Generation zu Generation weitergibt und als DNS (Desoxyribonukleinsäure)
bezeichnet wird, trägt beispielsweise ein spezielles Muster von vier
verschiedenen Molekülen, die wie die Buchstaben einer Sprache durch ihre
spezielle Abfolge Wörter bilden und mit ihnen Informationen enthalten. Diese
Informationen dienen zur Steuerung der Lebensprozesse innerhalb den einzelnen
Zellen, die deshalb wie automatisch geregelte biochemische Minifabriken
funktionieren.
SchonEinzeller verarbeiten damit
Informationen und haben wie wir Menschen einen Geist und mit ihm ein Gedächtnis,
in dem das Wissen ihres Lebens abgespeichert ist. Ihr Gehirn ist der Zellkern,
ihr Datenspeicher ist die DNS und ihre Erfahrungen betreffen einen riesigen
Zeitraum, da sie sich durch Zellteilung ständig erneuert hatten und deshalb
seit der Urzelle ununterbrochen gelebt hatten. Dies gilt auch in gleicher Weise
für alle menschlichen, tierischen und pflanzlichen Zellen, die auf ein Leben
von mehr als 10 Milliarden Jahren zurückblicken. Natürlich funktioniert der in
ihnen wirksame biochemische Mechanismus, der mit genetischen Informationen
arbeitet und den wir deshalb als genetischen Geist bezeichnen, völlig anders
als unser menschlicher Geist. Für die kurzen Strecken innerhalb einer Zelle
genügt ihm die Wärmebewegung der Moleküle und der Ionen, um die nötige
Information dorthin zu transportieren, wo sie benötigt wird. Und die thermische
Energie reicht ihm ebenfalls für die Verarbeitung aus.
Mit
dem Verbund von mehreren arbeitsteilig arbeitenden Vielzellern ergaben sich in
der Evolution neue Herausforderungen für die Kommunikation von Informationen,
die mit Hilfe von molekularen Botenstoffen zur Steuerung der Zellfunktionen nur
innerhalb der Zellflüssigkeit der einzelnen Zellen funktioniert. Das liegt an
den Zellwänden,die nur für lipophile
und kleine unpolare Moleküle keine undurchlässige Diffusionsbarriere
darstellen. Zur Abstimmung der Aktivitäten zwischen den Zellen musste deshalb
die Evolution für die Kommunikation zwischen den Zellen einen neuen Mechanismus
entwickeln, der mit Ionen funktioniert. Da aber die Zellwände nicht nur
Diffusionsbarrieren für Moleküle sondern auch elektrische Potenzialbarrieren
darstellen, erfolgt bei jedem Übertritt eines Ions aufgrund der Ladung des Ions
automatisch ein Potentialsprung zwischen den beiden betroffenen Zellen, der nur
durch Energiezufuhr überwunden werden kann. Deshalb können Ionen nur mit einem
speziellen Mechanismus, der die dazu nötige Energie zur Verfügung stellt, die
Zellwände durchdringen. Der Potentialsprung löst ein elektrisches Signal aus, das
allein wie ein einzelner Buchstabe noch keine relevante Information enthält.
Erst wenn mehrere Signale ausgestoßen werden, wie bei Rauchzeichen oder
Morsezeichen, dann können Wörter und damit abstrakte Informationen kommuniziert
werden, die zur Steuerung der Zellaktivitäten von Vielzellern genutzt werden
können.
Ein
Mechanismus, der Informationen mit elektrischen Signalen überträgt, hat
natürlich gegenüber einem, der mit thermischer Diffusionsbewegung von
molekularen Botenstoffen arbeitet, enorme Vorteile. Erstens ist er viel
schneller und damit in der Lage, in kurzer Zeit makroskopische und nicht nur
mikroskopische Distanzen innerhalb der einzelnen Zellen zu überwinden. Zweitens
kann er durch ein kodiertes Muster des Signals, was einer speziellen Signalsprache
entspricht, nahezu unendlich viele unterschiedliche Botschaften übermitteln.
Dies ist ein ganz entscheidender Vorteil gegenüber den molekularen
Botenstoffen, die keine abstrakten Informationen sondern nur ihre eigene sehr
konkrete spezielle Information, die sie aufgrund ihrer chemischen Struktur
besitzen, übertragen können. Mit der Kommunikation mittels elektrischer Signale
erschloss sich damit schon für die einzelnen Zellen der ersten einfachen
Vielzeller das Potenzial, sich mittels einer gewiss in den Anfängen sehr
primitiven Sprache in ihren Aktivitäten abzustimmen.
Den
Mechanismus der Kommunikation mit elektrischen Signalen hat die Natur
evolutionär durch die simultane Entwicklung spezieller Konstruktionen
ausgenutzt, um neue Möglichkeiten der Informationsübertragung und der
Informationsverarbeitung zu erschließen, so wie wir Menschen es machen, wenn
wir spezielle Mechanismen nutzen. Beispielsweise ist ein Mechanismus, mit dem
Kräfte entwickelt werden können, die Zündung eines Benzingas-Luftgemischs, das
eine Explosion auslöst. Mit diesem Mechanismus kann man Bomben bauen oder
besser noch einen Benzinmotor entwickeln, wenn man es in Kolben macht, die über
eine Kurbelwelle einen Motor antreiben. Wenn man damit ein Auto bauen will,
muss der Mechanismus optimiert und das System durch weitere Funktionen
ausgebaut werden, so wie es auch über Jahrzehnte der Automobilentwicklung
hinweg von den ersten Anfängen an geschah. Ähnliches geschah auch bei der
Evolution der Kommunikation von Information in den sich weiterentwickelten
Strukturen lebender Zellen, wobei die Mechanismen der Kommunikation simultan
mit den neuen Strukturen optimiert wurden.
Damit
die Informationen auch dort ankamen, wo sie gebraucht wurden, boten sich für
die Kommunikation der elektrischen Signale Signalleitungen an. Dazu wurden
evolutionär spezielle Nervenzellen optimiert, die schließlich ein neuronales
Netzwerk bildeten. Mit dem Aufbau von inneren Organen und Sinnesorganen in
höher entwickelten Lebewesen wurde zusätzlich eine Informationszentrale
benötigt, in der alle Informationen zusammenlaufen sowie in ihr abgespeichert
und verarbeitet werden konnten. Also mussten im zentralen Nervensystem
biologische Informationsspeicher entwickelt werden, mit denen die Lebewesen die
Sinneserfahrungen ihres Lebens aus ihrem Gedächtnis abrufen konnten.
Was hat sich, seit es Menschen gibt, geändert?
Mit der Entwicklung von Stimmbändern wurde es
den Urmenschen möglich, mit Lauten, die sich bekanntlich als akustische Signale
mit Schallgeschwindigkeit ausbreiten, eine eigene Sprache zu entwickeln, mit
denen abstrakte Informationen formuliert und von Mensch zu Mensch zu
kommuniziert werden konnten. Dieser Mechanismus der zwischenmenschlichen
Kommunikation erschloss ihnen die Fähigkeit nicht nur eigene Erfahrungen und
eigenes Wissen sondern auch das anderer Menschen zu erwerben und über
Generationen hinweg weiterzugeben. Die Menschen hatten damit die Möglichkeit,
nicht nur das in der DNS seit Jahrmillionen automatisch abgespeicherte
genetische Wissen zu vererben, sondern auch die in den Gehirnzellen
abgespeicherten Erkenntnisse der Menschheit durch Kommunikation von Generation
zu Generation weiterzugeben.
Die so
in unserer Muttersprache in abstrakten Wörtern und konkreten Bildern über
unsere Sinnesorgane gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen werden in ihnen in
die interne neuronale Signalsprache übersetzt und in unser Gehirn geleitet, wo
sie unser Geist ohne unser Zutun automatisch verarbeitet und abspeichert. Unser
Geist arbeitet damit intern mit seiner Jahrmillionen alten eigenen
Signalsprache, so wie auch ein Computer mit einer eigenen Signalsprache
arbeitet, die von außen empfangenen Signale in seine Sprache übersetzt und das
Ergebnis seiner internen Arbeit wieder in unsere Spracherückübersetzt, damit wir es verstehen.
Deshalb spricht unser Geist mit uns, wenn wir denken, in unserer Muttersprache,
obwohl er intern mit einer völlig anderen elektrischen Signalsprache arbeitet.
Das liegt daran, dass uns nur bewusst werden kann, was wir mit unseren Augen
gesehen und mit unseren Ohren z.B. in unserer Muttersprache gehört hatten. Dazu
zählen die Erfahrungen, die in Wort und Bild von außen auf uns eingedrungen
sind, sowie wie etwas schmeckt und riecht und ob etwas hart oder weich oder
heiß oder kalt ist. Dazu zählen aber auch unsere Empfindungen, die wir aus dem
Inneren unseres Körpers erfahren haben, ob wir Hunger oder Durst hatten, ob wir
uns gut oder schlecht fühlten usw. Was dabei aber im Inneren unseres Körpers
geschieht, wie der Schmerz, wenn wir uns verletzen, intern kommuniziert und
verarbeitet wird, bleibt uns verborgen.
Der
Geist des Menschen, der den Menschen beim Denken und Handeln bewusst wird, ist
also nur ein kleiner Teil dessen, was er macht. Alles, was wir wissen, haben
wir im Laufe seines Menschenlebens gelernt. Es betrifft ausschließlich Dinge,
die wir irgendwann einmal während unseres Lebens wahrgenommen und verarbeitet
haben. Was unser Geist jedoch im Gegensatz dazu intern in unserem Körper mit
den ihm zur Verfügung stehenden internen Informationen vollautomatisch regelt,
hat er über Jahrmillionen hinweg gelernt. Beispielsweise hat er gelernt, mit
Augen und Ohren externe Signale in interne elektrische Signale umzuwandeln und
diese über die Nervenzellen ins Gehirn zu leiten, um sie dort zu verarbeiten.
Aber die Informationen, die Augen und Ohren erreichen, sind in jeder Generation
neu und werden zusammen mit dem Aufbau des Nervensystems in jedem Menschenleben
neu im Gedächtnis abgespeichert.
Zu der
Arbeit unseres menschlichen Geistes zählt also nicht nur das Denken mit neuen
Informationen, sondern alles, was intern über unser neuronales Netzwerk
geregelt wird: die Funktion unserer Sinnesorgane, unserer Muskulatur, unserer
inneren Organe, unseres Kreislaufs, unserer Verdauung, die Entwicklung unserer
Gefühle, unserer Bedürfnisse und vieles mehr. Wie unser Geist in seiner über
Jahrmillionen hinweg entwickelten internen Signalsprache arbeitet, können wir
zwar wissenschaftlich erforschen, aber wir können es nicht spüren und es kann
uns deshalb auch nicht bewusst werden.
Unser
genetischer Geist arbeitet zwar wie unser unterbewusster menschliche Geist auch
vollautomatisch aber biochemisch und nur in den Körperzellen sowie mit einer
molekularen Sprache, bei der die jeweils relevanten molekularen Informationen
kopiert und mit Botenmolekülen an den Ort, an dem sie benötigt werden,
gelangen. Er erhält nur bei der Befruchtung der Eizelle durch den männlichen Samen
neue Informationen, die aber prozentual nicht ins Gewicht fallen, da die
Struktur- und Funktionsinformationen des Menschen zahlenmäßig überwiegen und
sich deshalb in den zwei Millionen Jahren der Menschheitsgeschichte nur
geringfügig verändert haben und seit dem homo sapiens nahezu unverändert
geblieben sind. Deshalb ist es auch leicht verständlich, dass der genetische
Lerneffekt, der notwendig war, um aus der Urzelle konstruktiv Menschen zu
schaffen über zehn Milliarden Jahre lang gedauert hat.
Natürlich
versteht man heute aufgrund der Erkenntnisse der modernen Molekularbiologie
unglaublich viele Details der genetischen Mechanismen und aufgrund der
Erkenntnisse der Neurophysik und Neuroinformatik sowie der Hirnforschung ebenso
unglaublich viele Details der Struktur und Evolution des Gehirns und der
Vorgänge bei der Speicherung und Aktivierung der neuronalen Informationen.
Dieser Artikel konzentrierte sich aber nur auf die „basic principles“, also das
Wesentliche und Grundsätzliche des menschlichen Geistes, der ein biologischer
Mechanismus ist, mit dem Sinnesinformationen verarbeitet werden und dessen
Arbeit heute rein physikalisch verstanden werden kann.
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