Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 15.09.16 |
von Herbert Csef
Der 32-jährige Iraker Jumaah K. erwürgte am 15.
November 2015 im oberpfälzischen Laaber seine Ehefrau. Mit ihr und ihren
gemeinsamen drei Kindern zwischen drei und acht Jahren kam er im Februar 2015
nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Die Familie war in einer
dezentralen Asylunterkunft in Laaber untergebracht, einem Ort nordwestlich von
Regensburg. Bei den Ermittlungen der Polizei sagte der Iraker den denkwürdigen
Satz: „Ich habe von meinem Recht Gebrauch gemacht, meine Frau zu töten.“
Derartige Sätze hörten die bayerischen
Polizisten üblicherweise nach einem Tötungsdelikt nicht. Jumaah K. hat sich
selbst der Polizei gestellt und konnte schließlich nicht verstehen, warum er
wegen dieser Tat ins Gefängnis sollte. Auch nach der Untersuchungshaft und
seiner Verurteilung im Juli 2016 blieb ihm dieses unverständlich. Einsicht und
Reue – Fehlanzeige.
Die Familientragödie kam nicht überraschend und
offenbarte sich sehr schnell als ein Eifersuchtsdrama mit tödlichem Ausgang.
Wegen Eifersucht und ehelicher Gewalt waren die Asylbewerber der Polizei und
dem Jugendamt durchaus bekannt. Die Ehefrau hatte ihren Mann schon einmal wegen
körperlichen Übergriffen angezeigt. Eine Flucht ins Frauenhaus stand zur
Debatte. Zwei Tage vor der Tat war noch die Sozialbetreuerin des Jugendamtes im
Haus der Familie.
Jumaah K. war im Irak Gymnasiallehrer für Sport
und Fußball und jahrelang als Profifußballer aktiv. Die in jungen Jahren durch
Zwangsheirat geschlossene Ehe lebte von Anfang unter dem Stigma arabischer
Unmündigkeit und kollektivem Zwang. Gleichberechtigung von Mann und Frau – wie
wir sie in westlichen Demokratien kennen – waren von Anfang nicht vorgesehen.
Mit 16 Jahren wurde der jungen Frau durch die Zwangsheirat mit ihrem sechs
Jahre älteren Jumaah K. ihr Schicksal zugewiesen. Schon im Irak war die junge
Ehe von Gewalt und Eifersucht geprägt. Dies war schließlich auch der Grund, die
Ausreise nach Deutschland zu wagen und Asyl zu beantragen. Doch nicht einmal
ein Jahr währte das Leben der jungen Frau in Deutschland. Die Eifersucht und
körperliche Gewalt des Ehemannes wüteten weiter und führten schließlich zu
ihrem tragischen Ende im Eifersuchtsmord. Dass die drei kleinen Kinder während
der Tat im Hause waren und wiederholt Zeugen der Gewalt zwischen Vater und
Mutter wurden, ist an sich schon ein Trauma. Zu dieser Not kommt noch das Flüchtlingstrauma
hinzu. Nun sind alle drei Kinder Vollwaisen: die Mutter ist tot, der Vater
sitzt im Gefängnis.
Ist dies ein Eifersuchtsmord, wie er auch bei
deutschen Ehepaaren vorkommen könnte? Worin liegt das Besondere und
Aufrüttelnde dieses Familiendramas? Es ist zuallererst der schockierende Satz,
mit dem der irakische Mann die Polizisten verblüffte: „Ich habe von meinem
Recht Gebrauch gemacht, meine Frau zu töten.“ Seit Jahrzehnten werden deutsche
Polizisten und Gerichte mit derartigen Aussagen konfrontiert. Als vor
Jahrzehntenüberwiegend türkische
Migranten nach Deutschland kamen, wurde die deutsche Öffentlichkeit erstmals mit
dieser radikalen Andersheit konfrontiert: Ehrenmorde, Blutrache oder eben Sätze
wie jener von Jumaah K. verdeutlichen die grundlegende Differenz: die Scharia
oder die Aussagen des Korans werden von nicht wenigen Muslimen über das Grundgesetz
und über das in unserem Land geltende Strafrecht gestellt. Es ist eben gerade ein
Irrglaube, wenn Jumaah K. vermutet, er habe dieses Recht. Er hat es zumindest nicht
hier in Deutschland. Deshalb wurde er zu lebenslänglichem Gefängnis wegen
versuchten geheimtückischen Mordes und Totschlags verurteilt. Ob er es nun für
gerechtfertigt hält oder nicht.
An der Mordtat aus Laaber wird deutlich, dass
zwei wesentliche Faktoren die Integration arabischer Flüchtlinge erschweren:
Erstens die fehlende Bereitschaft, im
Rechtsverständnis das Grundgesetz und das deutsche Strafrecht als höchste
Instanz anzuerkennen und zweitens die in arabischen Ländern weitgehend nicht vorhandene
Gleichberechtigung von Mann und Frau. Diese radikalen Differenzen dürften sich
in der Zukunft als Stolpersteine für die Integration erweisen. Es muss
vermutlich ein jahrzehntelanger Lernprozess stattfinden, bis die meisten
muslimischen Flüchtlinge diese deutschen Realitäten besser verstehen, innerlich
anerkennen und sich schließlich auch daran halten. Zumindest wenn sie in
Deutschland bleiben wollen.
Korrespondenzadresse:
Professor Dr. med. H. Csef
Schwerpunktleiter
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Zentrum
für Innere Medizin
Medizinische
Klinik und Poliklinik II
Oberdürrbacher
Straße 6
97080
Würzburg
E-Mail-Adresse:
Csef_H@ukw.de
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Warszawski 24.09.2016 11:38
Wenn wir uns für eine begrenzte Zeit in einem totalitärem Land aufhalten würden, würden wir auch nicht dessen "GG" verinnerlichen. Dass der Iraker nun in Deutschland im Gefängnis sitzt, sagt nichts über sein religiöses Unrechtsbewusstsein aus.