Erschienen in Ausgabe: Ohne Ausgabe | Letzte Änderung: 23.09.16 |
von Vera Lengsfeld
Der Auftritt von Kanzlerin Merkel, bei dem sie zu
dem Wahldebakel in Berlin Stellung nahm, wurde von den ihr immer noch treu
ergebenen Medien als Fehlereingeständnis verkauft. Wie bei der vorgezogenen
Sommerpressekonferenz gab es wieder keine kritischen Fragen. Dabei wären die
angebracht gewesen.
Merkels Gesichtsausdruck und ihre Gesten erinnerten
sehr an den Tag, als sie nach tagelangem Schweigen gezwungen war, zu den Sexübergriffen
auf der Kölner Domplatte Stellung zu nehmen. Wie ein trotziges, uneinsichtiges
Kind sagt sie widerstrebend Dinge, die ihr nahegelegt wurden. Gleichzeitig
lässt ihre abwehrende Haltung, ihre gequälte Mimik und die Wortwahl erkennen,
dass sie fern von jeder Einsicht in ihre Fehler ist.
Das Fehlereingeständnis war reine Rhetorik und
wurde immer sofort relativiert. Ein Beispiel: Sie habe Fehler gemacht, weil sie
sich zu lange auf das Dublin-Verfahren verlassen hätte.
Botschaft: Eigentlich ist das Dublin-Verfahren
schuld an dem, was schief gelaufen ist, sie ist nur ein Opfer. Natürlich ist
keine Rede davon, dass ihre Regierung das Dublin-Abkommen zu Makulatur gemacht
hat, indem es von Deutschland vielfach gebrochen wurde.
Dann möchte sie die Zeit „um viele, viele Jahre“
zurückspulen, um sie besser für die Vorbereitung auf das Jahr 2015 nutzen zu
können. Kein Wort zu ihrem Alleingang, die Grenzen unkontrolliert für alle zu
öffnen und damit eine geordnete Einwanderungspolitik für Europa unmöglich zu
machen.
Der Kernsatz ist aber, dass dem Volk „Richtung,
Ziel und Grundüberzeugungen“ ihrer Flüchtlingspolitik „nicht ausreichend klar
geworden“ sei. Da würde sie, versprach sie gnädig, gerne nachbessern. Wir
dürfen gespannt sein, denn bisher waren weder Richtung, noch Ziel oder gar
Grundüberzeugungen auch nur ansatzweise zu erkennen.
Nach dem Zuckerl fürs blöde Volk kam gleich darauf
die Peitsche für alle, die meinen, die Kanzlerin trüge Verantwortung für die
Fehlentwicklungen der letzten Jahre und sich erdreisten, ihren Rücktritt zu
fordern.
Sie habe sich sagen lassen „wir lebten in
postfaktischen Zeiten“ und die Menschen interessierten sich nicht mehr für
Fakten, sondern sie folgten vor allem ihren Gefühlen“.
Hier wird allen Bürgern ihr Urteilsvermögen
abgesprochen. Sie werden von ihrer obersten Volksvertreterin zu
gefühlsgesteuerten Unmündigen erklärt. Dabei sind es gerade die Fakten, die den
Menschen zu schaffen machen: Sexuelle Übergriffe, Massenschlägereien,
Messerstechereien, Überfälle auf Rettungskräfte, Feuerwehr, Polizisten,
überforderte Ämter, die ihren eigentlichen Aufgaben kaum noch nachkommen
können, sind seit einem Jahr Alltag geworden und haben Deutschland in der Tat
grundlegend verändert. Von der gewachsenen Terrorgefahr ganz zu schweigen.
Die Kanzlerin ignoriert all das und sagt
stattdessen : „Es wäre unlogisch, dies mit Fakten zu kontern.“ Warum das denn?
Genau das wäre jetzt das einzig Richtige gewesen: Fakten zu nennen, an Hand
derer die falschen Gefühle der Bevölkerung korrigiert werden könnten. Aber
solche Fakten gibt es offensichtlich nicht. Sie behauptet, dass sie „sofort in
der Lage wäre, das herunterbeten zu können.“ Das Wort Herunterbeten, was immer
eine Abwertung bedeutet, zeigt, welche innere Distanz sie zu dem hat, was sie
vom Blatt abliest. Nein, wir wollen ganz bestimmt keine Kanzlerin, die irgend
etwas herunterbetet, sondern eine, die klare Fakten benennt, die ihre Politik
stützen.
Solche Fakten gibt es nicht. Im Gegenteil. Dank
größtem Einsatz der Zivilgesellschaft konnte zwar verhindert werden, dass aus
dem unkontrollierten Einwanderungschaos eine Katastrophe wurde, das ist aber
nicht dank, sondern trotz Merkels Politik geschafft worden.
Nach über einem Jahr wissen wir immer noch nicht,
wie viele und wer zu uns gekommen ist. Die Mehrheit der Einwanderer sitzt in
Massenquartieren, ohne Perspektive. Täglich werden neue Einzelheiten über
gefälschte Pässe bekannt, über Mehrfachregistrierungen, über Flüchtlinge, die
eine Arbeit verweigern, weil sie „Merkels Gäste“ seien, oder die sich betrogen
sehen, weil die Versprechungen, die in der Folge von Merkels
Grenzöffnungsbeschluss als Lockmittel kursierten, nicht erfüllt werden.
Was am Anfang vehement abgestritten wurde, dass
auch Terroristen über die unkontrollierten Grenzen kommen, muss nun zugegeben
werden, wenn auch zögerlich. In diesem Zusammenhang könnte man Gänsehaut
bekommen, wenn man an Merkels Vorschlag denkt, Einwanderern den Zugang zu LKWs
zu erleichtern, indem man Kredite ausreicht für den Erhalt einer Fahrerlaubnis.
Wenn man zynisch wäre, könnte man fragen: Will sie viele Nizzas?
Weil die Fakten gegen sie sprechen, flüchtet sich
Merkel lieber in Gefühle, besser gesagt in ein „absolut sicheres Gefühl“, dass
„wir“ aus der gegenwärtigen Situation „besser herauskommen, als wir
reingekommen sind“. Einen Hinweis, worauf sich dieses Gefühl gründet gibt es
natürlich nicht. Dafür kommt die finale Moralkeule: „Deutschland wird sich
verändern, so wie wir uns verändern, wenn wir nicht gerade aus Stein sind“,
aber das Land wäre „in seinen Grundfesten nicht zu erschüttern“. Das erinnert
fatal an Bürgermeister Nettelbeck aus Kolberg: „Unsere Mauern brechen, aber
unsere Herzen nicht“.
Was die Kanzlerin mit ihrer Rede geboten hat, ist
Gesundbeterei und Täuschung der Öffentlichkeit. Warum bloß glaubt sie, wir
würden das nicht bemerken?
Sehr interessant: Vera Lengsfeld. Zu finden
unter: vera-lengsfeld.de
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